Die letzten zwei Tage trug es mich in eine Gegend, in die ich vor über 40 Jahren mit der Oma „verschickt“ wurde. Das war die Zeit, wo alles noch schwarz-weiß war, es weder Internet noch Mobilfunk gab und man den Leiter des Ferienheims freundlich bitten musste, den Fernsehschrank im Klubraum zu öffnen.
Ich habe da zwischendurch schon mal gestoppt, bin da aber nie länger geblieben. Ich wollte mir die schönen Erinnerungen nicht kaputt machen. Aber wie das so ist, wenn ein Ort zieht, dann zieht er und du kannst nix machen.
Auf dem Weg dahin muss man aber erst mal fürchterliche Ortsnamen links und rechts liegen lassen.
In Schmiedeberg steht die alte Fabrik immer noch. Jobs werden angeboten. Nur halt irgendwo anders.

Aber dann wird‘s bald sehr „gemitlisch“ und ist es doch erstaunlich, was noch alles steht. Klar, die Bäume sind gewachsen und die Wege sind eigentlich viel kürzer als in meiner Erinnerung.
Die Weißerritztalbahn hat man nach der Hochwasser-Katastrophe 2002 wieder aufgebaut. Der Kopfbahnhof Kipsdorf ist wieder in Betrieb, mit etwas Nostalgie und Kitsch nun auch zum Museum geworden.
Die Laternen im Landkreis haben einen Zweitjob aufgebrummt bekommen. Sie müssen mal wieder für die Politik herhalten. Viel Irrsinn dabei, es gibt aber auch Hoffnung.
Bei Oberbärenburg fand ich „Großvaters Ruh 1883“. Interessant ist doch, dass dieser Opa damals schon prächtigen Fernsehempfang hatte, sicher auch mehr als nur zwei Programme.

Wenn man dort fernab von Großstadt, Graffiti, Ladesäule und E-Roller-Chaos in den Bergen unterwegs ist, dann fühlt sich Berlin weiter weg an, als es eigentlich ist und ich kann nachempfinden, was die Leute wohl denken müssen, wenn sie das politische Geschehen in der Hauptstadt mitbekommen.
Aber auch dort in den Bergen hält die raue Kriminalität Einzug.

Die Riedelmühle steht auch noch. Aus der Perspektive hier, kann man sich gut vorstellen, wie das Wasser 2002 durchs Tal donnerte. Ich guatsche mit den Betreibern ein Weilchen und habe das Gefühl, dass sie sich freuen, dass mal jemand zum Zuhören kommt. Sie haben das Objekt 1989 runtergewirtschaftet von der HO übernommen, dann mühsam aufgepäppelt. Dann der ausbleibende Transitverkehr durch die Fertigstellung der Autobahn nach Prag 2001, dann das Hochwasser in 2002, Pandemie in 2020/2021 mit Lockdowns, 3G-Kontrollen der Gäste und Besuchen vom Amt. Nun Wiederherstellung der 19% Mehrwertsteuer in der Gastronomie, erhöhte Energiekosten und Beschaffungspreise für Lebensmittel. Nicht einfach.
Schließen möchte ich mit diesem Bild. Hier hatte der kleine T. vor langer Zeit „große“ Steine in den Fluß geworfen und ihn zu „stauen“ versucht. Vergebens 😉

Entdecke mehr von T.ipping-Point
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.
„Die DDR in ihrem Lauf haelt weder Ochs noch Esel auf.“ Das gilt immer noch auch wenn sich die BRD diese Gebiet inzwischen einverleibt hat. Na ja, koennte man da sagen es hat sich schon einiges verbessert, aber es bleibt noch viel zu verbessern uebrig. Und was die Sprache auf den Wahlplakaten betrifft:“Die ist einfach primitiver geworden.“ Da erinnere ich mich doch gerne an die alten CDU Plakate:“Freiheit statt Sozialismus.“ Das wurde dann sofort in „Freibier statt Sozialismus uebersetzt und viele haben tatsaechlich die CDU gewaehlt.
Ja das ist wohl so. Ein Schlagwort scheint schon ausreichend Wahlprogramm zu sein
Schön, dass dich die Neugier ins heutige Erzgebirge getragen hat, und nicht nur Sorge und Elend deine Eindrücke prägten. 😉 Diese Gegend hatte immer etwas Verwunschenes, für uns Ferienkinder zumindest.
Ich habe da viele schöne Erinnerungen im Kopf, und noch den Geruch von Linoleum und Früchte-Tee in der Nase
Danke für die Reise in (auch meine) Nostalgie. Ich fand das Elend mit dem Elend gar nicht elendig. Ich war gern dar. Familienurlaubszimmer mit Schüssel und Wasserkanne statt Waschbecken und fließend Wasser. Und das bei „außen angefrostet“ vom Skifahren. Kann man sowas noch jemandem erzählen?
Ich glaube, eine Harzrundfahrt würde bei uns auch mal anstehen. Da stecken noch ganz viel mehr Erinnerungen drin. Aber nochmals lieben Dank für das (Er)wecken dieser 🙂
Habt ein schönes Wochenende.
Ja, das war eine Reise in die Vergangenheit, und ich bin froh, dass ich es gemacht hab. Und es ist auch erstaunlich, welche Erinnerungen dann aus der letzten Ecke des Hirns wieder hervorgepopelt werden können.
Da hast du dich ja auf eine richtig nostalgische Reise in deine Vergangenheit begeben. War sicher spannend! Etwas Tristesse, kuriose Ortsnamen und eine grandiose Natur.
Ja war toll, Orte müssen nicht immer spektakulär sein um großartig zu wirken.