547) Personal Positioning System

Polarisierung … das Wort wird oft verwendet, wenn es um gegensätzliche Auffassungen geht, um Konfrontation, um eine Entwicklung von einander weg, zum jeweiligen äußeren Ende einer gedachten Gerade. Dabei entsteht oft der Eindruck, es gäbe da nur zwei Pole. Aber gibt es das Spannungsfeld nicht eher in 2D, sogar 3D, 4D oder mehr?

Polaritäten:

  • Ist man zu weit rechts unterwegs, geht das hoffentlich schief oder man wird bald ausgebremst.
  • Geht man zu weit nach links,  besteht die Gefahr, dass man wieder rechts rauskommt.
  • Da unten landen will schon gar keiner sein, es muss immer das Ziel sein, noch jemanden unter sich zu haben.
  • Weit oben wollen viele sein, geht aber nicht, ist recht eng da und der Weg dahin, kann steinig und brutal sein.
  • Die Mitte wird gern mit Vernunft assoziiert, scheint kuschelig, aber auch genauso farblos und unentschlossen.
  • Eher hinten klingt bequem, der Weg ist schon bereitet, es läuft sich einfacher, aber auch genauso unspektakulär.
  • Ganz vorne wird‘s windig, manchmal auch riskant, man fühlt sich allein und aus allen Richtungen schlaumeiern die Schlaumeier und die, die sich besser nicht die Finger schmutzig machen.

Und nun? Tja, ein GPS gibt es dafür leider nicht. Ein PPS, ein Personal Positioning System kann dabei helfen, gibt‘s aber leider nicht zum Download. Das muss man wohl selber ran 😉

488) Rechnung an „Die letzte Generation“?

Woran merkt man, dass Berlin eine neue konservative Regierung hat und in die Spandauer Vorstadt-Piefigkeit abdriftet? Ganz offensichtlich. Man erwägt, Radwege schmaler zu gestalten und echauffiert sich den Mund fusselig, wenn „Die letzte Generation“ die Säulen des Brandenburger Tors mit oranger Farbe besprüht.

Dann braucht man ewig um eine Reinigungs-Kompanie zusammenzukriegen und weil man so genervt davon ist, tönt man seit Tagen über die lokalen Medien, die Rechnung würde an „Die letzte Generation“ gehen. Polter, Polter. Durchgreifen! Kante zeigen! Jawohl! Also da bleibt selbst mir, als „established“-er Anwohner im schicki-micki-bio-veggie-fair-diversem Stadtbezirk Prenzlauer Berg die Spucke weg. 

Wie einfältig, wilmersdorfig und charlottenburgisch uncool ist das denn lieber Herr Kai Wegner?

Dieses geschichtsträchtige Brandenburger Tor hat nun schon wirklich oft gelitten und alles überstanden. Weltkrieg, Silvesterparty, Pyromanen, Autoverkehr und jetzt droht es anscheinend umzukippen wegen etwas Farbe? Und nun glauben Sie, das macht man mit einem Sandstrahler weg und dann ist alles wieder gut? Davon mal abgesehen, dass in sechs Wochen wieder eine Sylvester-Party am Tor stattfindet? 

Das ist doch lächerlich! Die ganze Stadt tropft vor Scheiß-nicht-lesbarem Graffiti (nicht Street Art gemeint) und mit dieser Schäbigkeit und alternativen Lebensweise werden Touristen nach Berlin gelockt und schleppen Geld hierher. Und dann führt man sich auf, wie der Gemeindevorsteher einer schwäbischen Kleinstadt zu Neujahr um 01:30 Uhr? Sorry, liebe Leser in schwäbischen Kleinstädten, es geht nicht gegen euch. Es geht mir um diese „Wir-wischen-das-mal-schnell-wieder-weg-und-dann-ist-alles-wieder-gut“-Mentalität, die hier in an den prominenten Stellen der „hippen“ Hauptstadt vermehrt Einzug hält.

Das ist lächerlich, dumm und provokant. 

Hätte die Stadt ein bisschen Mumm, würde sie es einfach so belassen. Als … (ja durchaus) …  hässlichen Anstoß zur Diskussion, für Einwohner und Besucher. Sollen die Menschen das gut oder schlecht finden, mir völlig egal, aber so ist das nun mal bei der Klima-Debatte … sie polarisiert … und da werden noch ganz andere Herausforderungen auf uns warten, also so ein bisschen Farbe. Sollen doch Touristen-Busse jeden Tag an diesem „Schandfleck“ vorbeifahren, sich ein Bild davon machen und damit konfrontiert werden. Sollen orange bepinselte Steinstücke verkauft werden, wie die gefälschten „original“ Mauerstücke seit über 30 Jahren.  

Und wenn das „orange“ nun wirklich nicht ins Metropolen-Konzept passt, dann soll der Regierende Bürgermeister von Berlin, das von mir aus mit blau-gelb für die Ukraine überpinseln oder mit weiß-blau für Israel. Oder mit Regenbogen für alles Diverse auf dem Planeten, ist mir wirklich Wurscht.

Aber das wäre wenigstens ein Statement!

Stattdessen Waschlappen gegen Klimaproteste…

Weicheier!

… und wenn diese Betriebsamkeit bei unseren Baustellen herrschen würde … wir wären eine Metropole.