118) Postkarte vom Mischpult

Ein Jahresrückblick für 2024 zu schreiben, halte ich für verfrüht. Irgendwie habe ich das Gefühl, da kommt noch was. Bei den Konzertbesuchen kann ich allerdings ein Strich drunter machen, die Saison ist beendet und war sehr gut. Nicht überladen, aber hochwertig.

Hier also meine Konzerterlebnisse aus dem vergangenen Jahr

Ich fange mal mit November 2023 an, auch wenn es kalendarisch etwas aus der Reihe tanzt, war es gigantisch und der liebe J. und ich hatten einen verdammt guten Abend. Die Herren von Front 242 waren live in Heidelberg, mit Nitzer Ebb im Vorprogramm.

Im Januar und Februar hatte ich keine Gelegenheit für Konzerte, denn ich war ja >vier Wochen in Süd-Indien.

Im März zog es uns zu Nils Frahm in den Kulturpalast nach Dresden. Nils Frahm schätze ich sehr auf meinen Ohren, wenn ich mich mal abschotten will, aber keine Texte gebrauchen kann (z.B. im ICE vor dem Laptop).

Im Juni ging es zu den Jungs von Forced to Mode. Eine tip-top Depeche Mode Coverband war „zu Gast“ und performte ein super Heimspiel im Berliner Huxleys. Beste Wahl, wenn einem die Konzerte der senioren Engländer zu weit weg, zu teuer oder zu groß sind.

Im Juli war an Konzerte nicht zu denken. Wer hier regelmäßig mitliest erinnert sich vielleicht, dass ich >mich mit einer Kettensäge angelegt hatte.

Und dann war Nick Cave mit seinen Bad Seeds im September nach langer Zeit mal wieder zu Gast und hat eine ware Musikmesse abgehalten. „Into my arms … oh, Lord …“. Während ich das jetzt schreibe, treibts mir das Wasser in die Augen … die Zwiebeln fürs. Weihnachtsessen … ihr wisst schon.

Die Österreicher von Wanda kamen im September in die Nachbarschaft und unterhielten die Max-Schmeling-Halle. Wir hatten einen Stehplatz am Umlaufgitter, die Bar im Rücken, toller Abend, super Stimmung.

Im November ging es zu Tony Ann im Theater des Westens. Wahnsinn was dieses Klavier-Genie mit den Tasten anstellen kann. 

Wenn ich so meinen Laptop bedienen könnte, wie der das Klavier, würde ich sofort in Teilzeit gehen.

32) Musik macht…

Musik umgibt uns fast überall, ob wir wollen oder nicht. Meistens wollen wir sogar und suchen sie uns  selber aus. Jeder hat so seinen eigenen Geschmack. Ich habe meinen. Aber um den geht es mir hier nicht. Mir geht es darum, was Musik mit uns macht.

Ein paar Beispiele aus Kino und Arena:

  • Jemand verstirbt, ein neues Leben tritt in den Vordergrund, eine Feder fliegt in den Himmel. Ein Klavier beginnt ganz leise, die Streicher folgen und spätestens beim Finale hat es uns gepackt.
  • Ein Kind verschwindet irgendwo in Indien, macht sich als Erwachsener auf die Suche nach den Eltern und nach langer Zeit finden sie sich endlich wieder. Also bitte, wen das kalt lässt….
  • Das Konzert ist ausverkauft, der Frontman der Band hört auf zu singen, die Besucher zücken ihre Feuerzeuge und Handy-Lampen und singen weiter. Gänsehaut!!!!

Während manch einer immer noch Taccos in die Käse-Souce dippt oder sich am Klo anstellt, reißen andere Besucher schon die zweite Packung Taschentücher auf.

Warum ist das so?

Sind es die Bilder in Verbindung mit der Musik und unser Einfühlungsvermögen dazu? Oder spielen da eigene Erlebnisse, Bedürfnisse, Wünsche oder Ängste mit rein? Und funktioniert das nur im Film?

Nein, das allein reicht nicht. Das geht ja auch ohne Bilder:

  • Musik kann so antreibend sein, dass wir beim Joggen auf einmal drei Kilometer mehr schaffen und sogar unsere Bestzeit toppen
  • Bestimmte Titel sind so beschwingend, dass die Müdigkeit im Nu verfliegt und wir Berge versetzen könnten
  • Die Komposition kann so mobilisierend sein, dass Armeen dazu marschieren oder tausende Techno-Jünger vergessen, Wasser zu trinken
  • Das Werk kann so traurig und ergreifend sein, dass es uns die Kehle zuschnürt, ohne direkt betroffen zu sein
  • Sie kann so depressiv rüberkommen, dass wir uns sofort neben den Protagonisten an die Bar setzen und einen Whiskey bestellen könnten

Sind es vielleicht die Texte? Die Geschichten?

Nein, glaube ich nicht. Wenn man mal ehrlich ist, kennen wir doch die meisten Texte kaum und wissen nicht worum es wirklich geht. Klassische Musik und moderne Instrumental-Musik kommt auch ohne Texte aus. Da muss mehr sein.

Was ist es dann? Das Tempo? Der Rhythmus? Die Tonart?

Ja, das ist sicher wichtig und macht viel aus. Bestimmen sie doch, ob wir zur Musik tanzen, joggen, meditieren oder einschlafen können. In Dur kriegen wir gute Laune, Moll zieht uns runter.

Aber was trifft uns so ins Herz?

Es müssen also die Melodien sein. Die Akkorde, die Harmonien, die sich durch unsere Ohren zu unserem Prozessor durcharbeiten und uns dann über die Emotionsplatine fernsteuern. Mundwinkel fallen oder heben sich, Gänsehaut zieht über den Nacken hoch bis in die Haarwurzeln, Tränenkanäle laufen über oder wir können vor lauter Freude in die Luft springen.

Musik hat so viel Macht und macht so viel mit uns.