1) Akteneinsicht: Prolog

Heute ist der 9. November 2024, vor 35 Jahren hatte Günter Schabowski an einem Donnerstagabend eine plötzliche Reisefreiheit für DDR-Bürger verkündet. Ob geplant oder aus Versehen, da kann man heute viel munkeln, ist aber auch Wurscht. Ich war damals 13 Jahre alt, „aus Gründen“ gefühlt etwas älter und so tappte ich nun in diese Zeit des Zusammenbruchs, Umbruchs und Aufbruchs. Während es für die Eltern beruflich erst einmal bergab ging, hätte der Moment für mich nicht besser kommen können. Noch zu jung für FDJ, SED und NVA gewesen, aber schon alt genug, um aus diesem Chaos was zu machen. Der heutige Jahrestag hat mich in ein paar Papieren aus den 10 Jahren rund um den Mauerfall blättern lassen und da kam mir doch die Idee, die hier in einer neuen Kategorie namens „Akteneinsicht“ zu veröffentlichen (a.k.a leaken). Es wird nachdenklich, persönlich aber auch unterhaltsam, das kann ich schon mal sagen.

Aber nur erst einmal ein paar Eindrücke aus dem abendlichen Berlin des 9. November 2024. Eine Kette von Plakaten und Bildern erinnert an den Verlauf der ehemaligen Mauer durch die City und lädt zum Nachdenken ein … wie schnell so etwas einstürzen … aber auch wieder entstehen kann …

—> 2) Akteneinsicht 1987: Sozialistische Ordnung


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17 Kommentare zu „1) Akteneinsicht: Prolog

  1. Den Mauerfall habe ich 1989 im Fernsehen in Port of Spain erlebt. Ich war gespannt was die Deutschen daraus machen werden. Als ich dann spater wieder in Deutschland war habe ich mich gewundert wie wenig kreativ man im Westen auf die Maueroffnung geantwortet hat. Es durften nun DDR Burger in unbegrenzter Menge in den Westen ubersiedeln. Das war fuer mich genau so dumm wie Asylanten in unbegrenzter Menge aufzunehmen. Der Wirtschaft in der DDR wurden viele faehige Leute abgeworben die dort fur den Umbau der Wirtschaft notig gewesen waeren. Der deutsche Steuerzahler wurde zur Kasse gebeten um die Wiedervereinigung zu finanzieren. Dann wurde auch noch ein Verein gegruendet den man Treuhand nannte. Das haette man alles besser machen koennen aber es wurde weder die Bevoelkerung in West noch in Ost gefragt. Das Grundgesetz wurde nicht verbessert und ein Volksentscheid wurde nicht in die Verfassung aufgenommen. Es haette alles so schoen werden koennen wenn man einen Wettbewerb zwischen den beiden deutschen Staaten erlaubt haette und die Wiedervereinigung erst nach einem Volksentscheid moeglich gewesen waere. So hat sich die Wiedervereinigung wenigstens fuer einige Mitglieder der Volkskammer gelohnt die in den Bundestag befoerdert wurden. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen dass man beim Bundestag besser bezahlt wurde und dieser sogar fuer ehemalige SED Bonzen attraktiv wurde. Die unpolitischen DDR Buerger hatten davon leider gar nichts.

    1. Vielen Dank, für diesen ausführlichen Kommentar. Ja, genau das (aber nicht nur) Ist mit Ursache, warum die Situation Im Osten so aufgeladen wirkt und Auch an folgende Generationen weiter vererbt wird

    2. Absolut!

      Ich bin auch immer wieder erschrocken, mit wie wenig Gespür, Feinsinn und Empathie Menschen mit sicherem Abstand zum Geschehen aus dem Westen aus ihrer Komfortzone heraus über die Entbehrungen, Opfer, Unsicherheiten, existenziellen Bedrohungen, den Verlust von Heimat, betrügerischem Aufkaufverhalten bei und Schrottverkäufen an die sich damals selbst Befreiten beizutragen wissen. Was eigentlich gar kein Beitrag ist. Sondern vielmehr Ich-gefälliges Schwadronieren und Wohlfühlwälzen in Selbstbedauerungssoße an West-Haché.

      Wohl bekomms!

  2. Danke für die Bilder aus Berlin und vorab für die Einsichten, die du uns gewähren willst. Ich bin sehr gespannt. Habe gerade gestern darüber gesprochen, dass es schade ist, dass meine Briefe verlorengegangen sind, die ich Anfang November 1989 meinen Eltern schrieb, die in diesen entscheidenden Tagen im Urlaub waren. Sie schickten mir Ansichtskarten und den Speiseplan vom Ferienheim an der Ostsee, während in Berlin Geschichte geschrieben wurde und ich, mit 17, daheim allein versuchte, die Welt noch zu verstehen.

    1. Verrückte Zeit … Du hast ja schon darüber geschrieben. Ich werde jetzt auch mal ein paar Dinge dokumentieren bevor die komplett verblassen. Denn 2061 zum 100-jährigen Jubiläum des Mauerbaus, wird man uns wohl vor die Kamera zerren.

  3. Danke für Dein Teilen mit uns und die Eindrücke, Einblicke und menschlichen Wachstumsringe am Baum der Jahre. Ich war damals 21, einfach nur geflasht und musste weinen. Keine Worte für das Gefühl. Zu groß, das Ereignis. Und glücklich über die vielen einfach tollen Menschen in meinem Leben!

    1. Es ja mittlerweile auch immer die selben Kommentare, Bilder und Videos, die uns in den Medien zu solch Jubiläen vorgespielt werden, aber wenn man dann Dokumente aus der Zeit mit dem eigenen Namen Frau liest, macht das mit mir auch was

      1. Ja, ich konnte mir mal etwas Zeit dafür nehmen. Jetzt widme ich mich Deinen Kommentaren ***lach** Und wenn dann noch Zeit ist, lese ich weiter. Der Dezember liegt ja noch vor mir 😉

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