94) Kennt jemand einen Sitz?

Ich dachte ja schon, der >Kauf von Jeans sei das absolute Grauen. Aber es ist noch zu toppen. Der hiesige Minister für Liegenschaften und Infrastruktur brachte im Familienrat den Vorschlag ein, die Klobrillen auszutauschen. Die Ministerin für Familie, Kultur und Außenbeziehungen hatte nichts einzuwenden und der Finanzminister bewilligte, außerordentlich freigebig, das nötige Budget. Auf eine Ausschreibung wurde verzichtet, es solle bitte gute deutsche Wertarbeit beschafft werden, damit die Umrüstung ohne weiteren Schaden und Zeitverzug vollzogen werden kann. Der Familienbeauftragte für Beschaffungswesen machte sich alsbald an die Arbeit, recherchierte mehrere Abende das halbe Internet leer. Hunderte Modelle, Formen und Abmessungen. Aber Fehleranzeige. Nichts zu finden, was dem heutigen Deckel entspricht und zu den Löchern der WC-Schüssel passt. Kaum zu glauben.

Also bestellte er bei einem markenunabhängigen Universalhersteller, aber die Lieferung entpuppte sich bald als Fehlkauf, die Halterung passte nicht zu den Löchern in der Keramik.

Ein weiterer Online-Kauf hatte zwar eine passende Halterung im Karton, allerdings überragte der Deckel die Schüssel. Der Anblick erinnerte an Donald Trump mit Base-Cap.

Also wurde der Verkehrsminister zum nächstgelegenen Baumarkt geschickt, da kam er aber bald kopfschüttelnd wieder raus. Nur WC-Witz, kein WC-Sitz. Nichts.

Er fuhr einen zweiten Baumarkt an, eine ganze Wand hing voller Deckel, aber nur einer entsprach ungefähr dem, was ihm aufgetragen wurde, zu finden. Und dabei ging es nur um die Maße, nicht um Design, Farbe oder halblustige Aufdrucke.

Er eilte zurück zum Palast zurück und übergab den über Budget liegenden Schatz, dem Familienbeauftragten für Beschaffungswesen. Der öffnete die Packung, entnahm schützende Schaumstoffe und musste feststellen, dass die Klappmechanik aus Hartplastik mehrfach zerbröselt war.

Er tobte: „Ich raste aus! Ich bring‘ noch einen um heute! Ich sprenge das ganze Klo weg! Von mir aus gehen die alle auf einen Eimer! Ich hau’ ein Loch in die Erde und nagele einen Balken drüber! Oder ich stell da ein Campingklo hin! Ich hab die Faxen dicke! Keine Lust mehr, mich damit zu beschäftigen!!!!!!!

Der Verkehrsminister wurde wieder zum Baumarkt geschickt, um den Klodeckel umzutauschen. Dafür stellte er sich artig an der Schlange an, um dann festzustellen, dass er den falschen Kassenbon bei sich trug. Er eilte zurück zur Limousine, durchsuchte den Kofferraum nach dem richtigen Kassenbon und stellte sich wieder an der Schlange an. Der Umtauschprozess verlief ohne Komplikationen, die Sonne zeigte sich hinter einer Regenwolke, der Tag schien ein gutes Ende zu nehmen. Wieder zurück am Objekt,  übergab er die Packung dem Beauftragten für Beschaffungswesen, der prüfte die Qualität, nickte und reichte sie weiter an den Minister für Infrastruktur und Liegenschaften. Der nahm dann die Montage vor, schimpfte, fluchte, wer sich denn „diesen Mist hat einfallen lassen“ und friemelte den Deckel irgendwie auf die Schüssel.

Nun musste noch ein weiterer Deckel fürs zweite Klo beschafft werden und er ahnte, dass noch nicht das Ende der Geschichte ist.

73) Lampenladen

Meine Güte, was ist die Lampenwelt kompliziert geworden. Aber man sagt ja gar nicht mehr „Lampe“ oder „Birne“, es heißt stattdessen „Leuchtmittel“. 

Was war das früher doch einfach:

  • Im Wesentlichen gab es „Normal“ (E27) oder „Kerze“ (E14). Und dann nahm man halt 40 oder 60 Watt, die 100 Watt wurden nur zur Bescherung eingeschaltet. Wer’s etwas kuscheliger mochte, konnte sich mit 15 Watt etwas Muschebubu-Licht erzeugen. (Muschebubu … was für ein geiles Wort). Ja, und dann galt es, zwischen „klar“ und „matt“ zu wählen, und es ward Licht. Aber eigentlich hat man eh immer das genommen, was das Regal gerade so hergab. Und die Birnen, die man aktuell nicht brauchte, kamen in eine Kiste.
  • Anfang der 90-er Jahre traten dann Energie-Sparlampen in mein Heimwerker-Leben. Die waren schweineteuer und man sah in ihrem Licht so fahl aus, wie eine Wasserleiche. Ich würde mal sagen, die Lampen waren deshalb so sparsam, weil sie eigentlich nie wirklich „an“ waren. Meistens hatte man das Zimmer schon wieder verlassen, bis die Lampe endlich ein nennenswertes Licht abgab. Und es hieß sogar, dass häufige Ein-und Ausschalten tue den Lampen gar nicht gut, man solle sie lieber eingeschaltet lassen. Was für ein Irrsinn, habe ich doch immer eingetrichtert bekommen: „Licht aus, wenn du das Zimmer verlässt!“. Mein Lampen-Ordnungssystem fiel in sich zusammen. Fortan musste ich umrechnen. Kleine Tabellen auf den Packungen und Aushänge im Baumarkt, sollten den Umstieg zu erleichtern, wirklich dahinter gestiegen bin ich nie. Und die alten Birnen? Na die kamen in die Kiste. Zu schade drum.
  • Heute ist das Angebot an Leuchtmitteln gigantisch. In Form, Farbe, Dimmbarkeit, Leistung, Stromverbrauch und Anwendungsbereich. Mit der reinen Wattzahl kommst’de nicht mehr weit, du brauchst ein Semester in Elektrotechnik. Du musst wissen, was Lumen, Kelvin und Ra bedeuten. Ob du das Licht eher kalt oder warm magst. Ob du auf eine Fläche schauen willst oder auf einen Faden, den du dann noch Stunden später auf der Linse hast. Und wenn du in den Baumarkt fährst, packst du dir am besten etwas zu essen ein, denn es könnte eine Weile dauern, bis du dich da durch Gänge voller Lampen gearbeitet hast. Und wenn du darauf keine Lust hast, dann kannst du die auch online bestellen. Knapp 2.000 Artikel finde ich auf einer Glühlampen-Website. Fehlkäufe vorprogrammiert. Aber die kommen dann halt in die Kiste, denn die kann man ja noch mal brauchen.

Mittlerweile könnte ich auch einen Lampenladen aufmachen …

Disclaimer: Auf dem Foto sind eingetragene Warenzeichen zu sehen, rein zufällig, ich kriege keine Kohle, Äpfel oder Birnen von denen.

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