75) Teilzeitschüler

Na, hast du etwa Teilzeit unterschrieben? Diese Frage fanden wir früher ganz originell, wenn Kollegen an einem Freitagnachmittag etwas eher aus dem Büro stiefelten. Heute ist man schlauer, und würde so etwas nicht mehr so selbstverständlich sagen.

Trotzdem kam es mir heute mal wieder über die Lippen, als der Stammhalter gegen Mittag hier in meinem Höhlenoffice aufschlug. “Habt ihr etwa Teilzeit in der Schule?“ 

Seit längerer Zeit habe ich das Gefühl, es gibt nur noch Projektwoche, Wandertag, Ausflug, Fahrten-Woche, Bundesjugendspiele, Schuljubiläum, und was sonst noch alles für Gründe erfunden werden können, um Schule nicht stattfinden zu lassen. Wenn man sich mal die wenigen Schultage anschaut, die es zwischen den Ferien gibt und dann mal all diese besonderen „Events“ davon abzieht, dann bleibt echt nicht viel Zeit, um die Kids mit dem nötigen Rüstzeug auszustatten. Und, da meine ich nicht nur, dem Lehrplan zu folgen, sondern auch die Versäumnisse aus Familie, Kita und mangelhafter Integration oder Inklusion nachzuholen. Und, machen wir uns mal nichts vor, die Klausuren folgen ja trotzdem noch. Gerne nach den Herbst-Ferien, wenn die Kinder alle schön ausgeruht sind und genug Zeit hatten, mit den Eltern zu lernen. Supi! Statistisch gesehen, werden diese Tage vermutlich wirklich als „Schultage“ verbucht, denn es fand ja schließlich eine Betreuung statt. Dass die Kinder mitten am Tag nach Hause geschickt werden, sich allein überlassen sind oder mit ihren Homi-Eltern diskutieren dürfen, ob nun Videokonsole oder andere Beschäftigung angebracht ist … vielen Dank für diese Blind … ähm … Bildungsleistung. Können sie den Kids nicht Hausaufgaben geben? Ein Buch zum Lesen, einen Vortrag ausarbeiten lassen oder irgendeine andere sinnvolle Beschäftigung mit Bildungsanteil verordnen?

Warum werden auf Schul-Zeugnissen die Fehltage der Kids notiert, aber nicht die Fehltage der Schule???

PS: das Foto aufgenommen am (Berliner … glaube ich … ) Flughafen, unabhängig vom Thema hier natürlich

2) Zum Gendern (Gastbeitrag Sabine)

Nach meinem letzten Beitrag zur neuen gendergerechten Sprache, war hier ganz schön was los und es gab jede Menge konstruktive Kommentare. Großes Danke! Tja, das Thema scheint die Gemüter*Innen zu bewegen. Eigentlich wollte ich den Beitrag ja zusammen mit Sabine schreiben, aber das klappte dann logistisch nicht. Also ist aus ihrem Input nun ein eigenständiger Gastbeitrag entstanden. Et voilà … lest selbst.

Sabine:
Das ist echt verrückt – wenn man ein bisschen die Augen aufmacht, stößt man (frau?) überall auf dieses „Neusprech“ und damit auf Menschen, die (mehr oder weniger) verzweifelt versuchen, sich der veränderten Sprache zu nähern und oft gewinne ich den Eindruck, dass es dann in Sprachlosigkeit endet.

Als T. mich eingeladen hat (vielen lieben Dank ;-)), einen gemeinsame Beiträge zum Gendern zu schreiben, wusste ich nicht genau, wie das anfangen? Habe ich doch noch nie einen Blogbeitrag verfasst. T. meinte, es wäre doch vielleicht interessant, das aus dem Blickwinkel einer Frau zu beschreiben.

Tja – wie fühlt sich das jetzt an? Auf der einen Seite ist es natürlich sehr schön, wenn mich mein*e Arbeitgeber*in mit einem extra spendierten „Mitarbeiterin“ einbezieht. Andererseits finde ich es mehr als schräg, diese*n als Arbeitgeber*in zu beschreiben. Oder sollte ich über ein von vornherein völlig anderes Wort nachdenken, das ich nutzen kann (Firma, Konzern, Institution, die mein Gehalt bezahlt)? Das mag ja, solange ich mich schriftlich äußere, noch einigermaßen klappen. Wie aber soll ich das während ich spreche umsetzen – in Sekundenbruchteilen? Das fühlt sich fast an, als müsste ich eine neue Sprache lernen. Mag ich dieses neue Deutsch?

Und was nützt das am Ende? Fühle ich mich nun durch diese Sprache gleichgestellter?

Für mich kann ich sagen – nein. Ich liebe unsere (bisherige) deutsche Sprache. Auch, oder gerade weil sie so herausfordernd und vielseitig ist. Und nur durch eine neue Art der Sprache werden unterschiedliche Bezahlungen für den gleichen Job auch nicht angepasst. Fast wirkt es auf mich eher wie ein Art „Deckmantel“. Außen hui innen pfui. 

Fazit: ich will das generische Maskulinum (sachliches Genera!) zurück. Ich verspreche, ich fühle mich nicht diskriminiert!

Spricht mich Jemand direkt persönlich an – in meiner jeweiligen Eigenschaft als Mitarbeiterin, Kollegin, Freundin freue ich mich darüber oder erwarte sogar die weibliche Form. Und selbstverständlich finde ich es nur gerecht, wenn Menschen jeglichen Geschlechtes die gleichen Chancen und Bedingungen erhalten. Aber echt – ich habe überhaupt kein Problem damit „zum Bäcker“ zu gehen. Und ich mag mir nicht vorstellen, wie ich morgens zu meinem Mann sage: ich gehe jetzt in ein Geschäft, das bereit ist, Backwaren gegen Entrichtung eines Entgelts an uns abzugeben.

Sabine, 06.02.2021