561) Buchstabensuppe mit Alles – 8

Morgen geht es ab in den Urlaub und damit die Birne frei für neue Eindrücke ist, müssen ein paar Gedanken und Bilder aus dem Kopf entsorgt werden. Für ein vollwertiges Gericht fehlt mir die Zeit, deshalb gibt’s mal wieder Buchstabensuppe … mit alles.

Fuß:
Mein Fuß ist noch dran. Nachdem ich mich ja vor gut vier Wochen mit einem schnittigen Handwerkergerät angelegt und leider den Kürzeren gezogen habe, wächst zusammen, was zusammen gehört. Es dauert nur länger als gedacht, und es wird vermutlich eine schicke Narbe bleiben, für die ich mir noch eine spannende Story ausdenken werde, die ich meinen Enkelkindern erzählen kann. Irgendwas mit Haien oder so.

Geisterfahrer:
Anfang der Woche beschäftigte ein Geisterfahrer die lokalen Nachrichten hier. „Achtung, wir unterbrechen die Sendung, ein Geisterfahrer auf der A13, bitte fahren sie äußerst rechts und überholen sie nicht“.  Wieso überhaupt „ein Geisterfahrer“? Wieso keine Geisterfahrerin? Und wieso Geist und nicht Geist:In? Wäre es nicht besser „eine geistfahrende Personen? Wieso nimmt keiner Rücksicht auf diese Person? Vielleicht wollte sie ja in diesen Tag als „Britische Verkehrsteilnehmende“ gelesen werden?

Unqualifizierten-Überschuss:
Wie könnte man das Gegenteil von „Fachkräftemangel“ nennen? Vielleicht „Unqualifizierten-Überschuss“. Den gibt es nicht nur am unteren Ende der Brötchenkette, sondern auch in der Mitte und oben. Wenn ich jetzt höre, dass 1400 ukrainische Ärzte im Land sind und nicht arbeiten dürfen, weil die nötigen Formalitäten nun mal bis zu „ein paar Jahren“ dauern, da wirken die populistisch angezettelten Debatten aus dem Hause Linnemann / Merz zum Bürgergeld für Flüchtlinge wirklich lächerlich. Machen Sie mal lieber da ihre Hausaufgaben meine Herren, statt vor den drei Landtagswahlen im Osten zu zündeln. Und wenn ihr das nicht hinkriegt, dann rückt bitte mal die Namen der Leute raus, vielleicht kriegt man ja bei denen eher einen Termin, als bei den Zahnärzten im Sauerland.

Urlaub:
Ja, wir machen Urlaub. Wir reisen mit dem Flugzeug an und nehmen uns vor Ort ein Auto … ökologisch schwierig … trotzdem. Wir fahren an Orte, wo eh schon „all die anderen“ Touristen sind und beruhigen uns damit, dass wir ja auch ein paar Euronen spendieren. Vielleicht lassen wir Rucksack, Base Cap und kurze Hosen besser im Hotel, kramen ein paar spanische Sätze aus dem Gedächtnis und dann gehen „kulturell angeeignet“ noch als Einwohner durch 😉

Genießt den Sommer!
T.

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484) Die Zahlen müssen sinken?

Ich habe zwar mein Nachrichten-Konsum in der Menge reduziert, aber ich höre schon noch genau zu, was da gesagt wird. Und da fallen mir in den letzten Wochen zwei Veränderungen in der Wortwahl zur Migrationsdebatte auf, die mir irgendwie aufstoßen:

1. „Irreguläre Migration“:

Wetterte man vor Monaten noch gegen „illegale“ Migration, hat man nun festgestellt, dass Migration per se erst mal gar nicht illegal sein kann, denn das müsste ja erst mal geprüft werden. Aber dann sind die Menschen ja schon im Land und das will man ja nun gar nicht, weil wir bei der Integration heillos überfordert sind. Und weil nun auch die Parteien der „Mitte“ in den Singsang einstimmen müssen, damit die Wähler nicht zur AfD rennen, sprechen sie nun eben von „irregulärer Migration“, die es zu reduzieren gilt. Also Menschen, die flüchten, sollen nur noch einen „regulären“ Weg nehmen (was auch immer das ist) oder sich erst gar nicht auf den Weg machen, es sein denn es gibt einen EU-Außenposten an der Nordküste Afrikas, der die Legalität bescheinigt. Denn dann kann man auch regulär first class Lufthansa fliegen, zahlt immer noch weniger als für Schleuser und das Gepäck ist sogar versichert. Ha. Ha.

Die zweite Formulierung kommt in den letzten Tagen wieder häufiger und erinnert mich an wildeste Corona-Zeiten.

2. „Die Zahlen müssen sinken“

Insbesondere im Zusammenhang mit der letzten Ministerpräsidenten-Konferenz, kam diese Formulierung wieder hoch. Auch in ähnlicher Form in … „wenn die Zahlen nicht deutlicher sinken …“ oder .. „die Zahlen im Frühjahr wieder sinken…“ . Wenn man das Wort „Menschen“ vermeidet und nur noch von „Zahlen“ spricht, dann geht das scheinbar einfacher über die Lippen. Das Wort „Sinken“ will ich in dem Kontext gar nicht erst aufgreifen.

Aber das ist auch noch alles nicht aussagekräftig genug. Ich warte eigentlich nur darauf, dass wir nun endlich auch ein paar Kennzahlen entwickeln. Darauf stehen wir doch irgendwie, oder? So eine schöne Migrations-Inzidenz vielleicht, oder einen M-Wert oder ein M-Ampelsystem, damit wir das dann auf eine Deutschlandkarte pappen können und sehen, wer denn seine M-Abwehr-Ziele einhält und wer nicht. Dann können wir uns dieses Bild jeden Abend in der Tagesschau angucken, mit dem Finger auf die anderen zeigen. Wir können unsere Reisen ins benachbarte Bundesland abblasen, wenn das Traumhotel von Afrikanern belagert wird.

Dann fehlt eigentlich nur noch, dass wir einen M-Stoff entwickeln, alle M-asken vom M-arkt kaufen und jeglich erdenkliche M-aßnahmen einleiten, damit wir uns die fremden Leue vom deutschen Hals halten. „Flatten the M-Kurve“ kommt dann sicher auch noch. Das regt mich auf und es is so kurzsichtig.

Warum können wir nicht mal „steigende Zahlen“ anstreben und darüber reden?

Zum Beispiel eine steigende Anzahl Wohnungen für alle, eine steigende Zahl von absolvierten Deutschkursen, eine steigende Anzahl S-Bahnfahrten die nicht wegen Personalmangel ausfallen, eine steigende Anzahl von Pflegern/Ärzten aus Syrien, eine steigende Anzahl Solar-Panel-Installateure aus Sudan, eine steigende Anzahl Busfahrer aus Afghanistan, …

Warum scheint hier Vieles auf Abwehr aus zu sein, statt zu überlegen, wo uns diese Leute bei unseren tausenden Herausforderungen helfen können??

Will mir nicht in den Kopf …

295) Sahara kommt

Der morgendliche Blick gen Osten, wirkte heute viel „röter“ als sonst. Soll ich das etwas geopolitisch verstehen. Ist es nun soweit? Vielleicht ist es an der Zeit, mal in alten Büchern blättern? 

я живу в Берлине, мой брат зовут Миша.  Я только понимаю вокзал!

Ich konsultiere die Suchmaschine und lerne, dass wir einen ungebetenen Gast im Land haben. Sahara-Staub.

Also so geht es ja nun nicht

Liebe Sahara,
Wir Deutschen sind ja eigentlich ein gastfreundliches Völkchen, aber du kannst hier nicht einfach unangemeldet deinen Dreck verteilen. Stell dir mal vor, das würde jeder machen, wie soll dann das hier bald aussehen? Ich meine, wo kommen wir denn da hin?

Wie bist du überhaupt hier reingekommen? Schließlich wohnen wir in einer Umweltzone. Das brauchst du gefälligst eine grüne Plakette. Feinstaub ist hier gar nicht gern gesehen. Wenn das die Umwelt-Liga mitkriegt, dann bekommst du richtig Ärger. Richtig Zoff. Das verspreche ich dir.

Und übrigens, wenn man zu uns kommen will, musst man schon EU Bürger sein. Oder es muss ein anderes Abkommen oder einen humanistischen Grund geben. Das trifft auf dich wohl aber nicht zu, oder? Da wo du herkommst, gibt‘s Platz wie Sand wie am Meer. Also, was willst du hier in unserer großartigen Bundesrepublik?

Und selbst wenn du eine Landeerlaubnis bekommen hast, dann darfst du dich nicht einfach auf unsere Autodächer und Lungenflügel legen, du musst dich erst mal in einem Aufnahmezentrum melden, da wirst du dann registriert und mit Bussen in andere Bundesländer verteilt. Und bis dahin hältst du bitte die Heißluft an und legst dich mal ganz still in die Ecke.

Und wer gleicht mir eigentlich meine Nachteile aus? Wer bezahlt nun die Autowäsche? Was ist wenn der Lack zerkratzt ist? Welche Langzeitfolgen wird das haben? Ist das mit dem Gesundheits-und Finanzministerium abgestimmt? Wann gibt es das erste Entstaubungspaket und wann kommt endlich die versprochene Staubbremse mit Staubobergrenze?

Welcome to Germany!

PS: Na immerhin habe ich nun eine gute Erklärung, weiterhin meinen FFP2-Schmuck zu tragen.

Ich mach‘ mich mal aus‘m Staub, muss was arbeiten 😉

135) Zimmer frei

Am 07.03.2020 schrieb ich hier über den Begriff >Push Back, der im Zusammenhang mit flüchtenden Menschen wirklich widerwärtig ist. Damals war es in den griechischen Lagern feucht, schlammig und kalt. Schon der Begriff „Lager“ lässt‘s mir kalt den Rücken herunterlaufen. Kürzlich wurde es dann sehr heiß. Das völlig überfüllte Lager Moria wurde abgefackelt. Nun haben die 12.000 Menschen gar nichts mehr. Außer die Gewissheit, dass die hygienischen Verhältnisse schlimmer werden (Stichwort Corona) und sie zielsicher auf den Oktober zugehen (Stichwort Wetter).

Seit dem Brand diskutiert man nun zögerlich, ob und wie viele Menschen man nun zeitweise hier von ihnen aufnimmt. Richtig so. 

Natürlich kann Deutschland nicht alle Menschen aufnehmen. Logisch.
Und ja, die anderen Länder Europas müssen auch etwas tun. Korrekt.
Man muss auch aufpassen, dass solche Katastrophen nicht instrumentalisiert werden. Richtig.

Aber können wir bitte schleunigst ein paar Flugzeuge dahin schicken und einen großen Schwung Menschen hierherholen? Die Piloten langweilen sich eh gerade, Maschinen stehen auf dem Flugfeld herum und Container-Dörfer stehen auch leer. Wir blasen so viel Kohle raus, um die wirtschaftlichen Folgen aus der Corona-Krise abzufedern. Da fallen doch ein paar tausend Menschen überhaupt nicht ins Gewicht.

Also bitte!

78) Wortwahl: Pushback

Während wir hier im Warmen sitzen und uns vor lauter Corona-Panik in die Vegan-gefertigten Unterhosen machen, spielen sich an der EU-Außengrenze zwischen Türkei und Griechenland furchtbare Szenen ab. 

Flüchtende Menschen irren bei Wind und Wetter zwischen den Grenzanlagen hin und her. Kinder sind natürlich auch dabei. Wo sollen die auch sonst sein. Zu Hause bleiben wollten die nicht, denn das „zu Hause“ gibt es nicht mehr.

Verwendet man aber für diesen Vorgang den englischen Begriff „Push Back“, klingt das alles gar nicht mehr so schlimm, oder? Selbst im öffentlich rechtlichen Fernsehen berichtete ein Reporter vor ein paar Tagen, man habe die Flüchtlinge „zurückgepusht“.  Hört sich irgendwie weich und kuschelig an, oder? So wie Puschel, Bommel, Weichspüler oder der Name eines Haustiers. „Pusch Ultra-Soft“ oder „Pusch Sensitive“ oder „Puschel das Mehrschwein“.

Türkei und Griechenland setzen Tränengas und Rauchbombem ein. Das ist gar nichts kuschelig.

  • Vor 30 (!) Jahren erschien 1990 der Film „Der Marsch“ bei dem es um riesige Fluchtbewegungen ging, die nach Europa strömen. Aber das war ja nur ein „Sci-Fi“-Film, eine Dystopie. Nichts reales, nur ein Film. Ein Kunst-Projekt.
  • Vor 2 Jahren dann der Roman „Die Hungrigen und die Satten“. Wirklich lesenswert, hörenswert und sehr unterhaltsam. Durch seine flachgeistigen Hauptdarsteller, verkommt das ernsthafte Thema aber leider zu einer Satirik-Komödie. Die Menschen dort in Kastanies finden das aktuell bestimmt nicht lustig.
  • Nun muss man nicht mehr ins Kino gehen, kein Buch lesen. Das Drama spielt sich vor unseren Augen ab.

Klar, können nicht alle flüchtenden Menschen der Welt in die EU kommen. Das geht nicht. Schon gar nicht, wenn man mit der „EU“ eigentlich „Deutschland“ meint. Aber was sich da abspielt ist zutiefst beschämend. Soll mir keiner sagen, Europa ist durch christliche Werte geprägt. Ich lach‘ mich schlapp! Viele Regierungen sind wohl eher durch „egoistische“ oder „protektionistische“ Werte geprägt. Die EU hat 27 Mitgliedsstaaten. Der Staatenverbund finanziert deren Gehwege, Spielplätze und die heiß geliebten Auto-Bahnen.

Und die Kinder hocken da im Dreck …

Schönen Sonntag noch!

19) Lifejacket under seat

Keine Ahnung, wie oft ich schon die Sicherheitsunterweisung im Flieger dargeboten bekommen habe. Notausgänge vorn und hinten, Anschnallen, Flugmodus und so weiter. Ansonsten … „bitte die Sicherheitskarte vor ihnen in der Sitztasche…“ beachten.
Immer das selbe Schema.

Obwohl…, in den letzten Monaten wurden wieder ein paar neue Elemente in die Dramaturgie eingebaut. Man spricht von sich überhitzenden, gar qualmenden Mobiltelefonen und von E-Zigaretten. Letztere dürfen natürlich nicht geraucht werden. Auch nicht heimlich auf dem Klo, Mensch! Kam die Einweisung früher noch vom kostümierten Board-Personal, wird das Programm auf der Langstrecke nun immer mehr per Video „performed“. 

Das ist häufig ganz lustig gemacht, wenn auch etwas realitätsfern:

  • Animierte Mutter und Kind sitzen glücklich nebeneinander. Mama nimmt dem Sohn das Handy weg und schaltet ihm den Flugmodus ein. Der Junge lächelt sie an und nickt verständnisvoll.
  • Ein Business-Typ sitzt auf seinem Platz und tut nicht nichts. Auf einmal fallen Sauerstoff-Masken von oben herab, entspannt greift er zur Maske und bleibt die Ruhe in Person. Wie in der Joga-Klasse.
  • Mein absoluter Liebling ist aber die Animation im Falle einer Notwasserung. Der Passagier tritt an die Türschwelle, lässt noch einen Blick übers seichte Meer schweifen und zieht den Stöpsel seiner gelben Weste. Und dann folgt: „An der Schwimmweste befindet sich eine Pfeife, mit der sie im Bedarfsfall Aufmerksamkeit erregen können“. 

Dann stelle ich mir vor, wie ich allein im großen Pazifischen Ozean herumtreibe, so vor mich hin pfeife und außer dreieckigen Fischflossen nichts zu sehen ist. 

Allerdings ist ein Notfall im Europäischen Mittelmeer in diesen Tagen auch kein Geschenk. Ob nun mit oder ohne Pfeife…

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