373) Mangel im Überfluss

Je nachdem wann und wo man so aufgewachsen ist, wird man mal mehr oder weniger Mangel erfahren haben. Es fehlte einfach an ausreichend Dingen oder Dienstleistungen, ja, man mag es heute kaum glauben.

Da fragte man eher „Sagen Sie, haben sie vielleicht diesunddas?“. „Nee, ham‘ wa‘ nich‘“, war dann häufig die Antwort. Der Konsument musste sich also kümmern, organisieren oder kreativ werden, um das „Nötige“ zusammenzukriegen. Man verbrachte viel Zeit mit Anstehen, Tauschen, Ausleihen, aber eben doch auch mit Reparieren, Pflegen und Instandhalten von Möbeln, Geräten, Maschinen. Das dauerte halt seine Zeit.

Heute dagegen gibt es Waren im Überfluss, jeweils in tausenden Varianten. Wir fragen im Supermarkt nicht mehr „Sagen Sie, haben sie vielleicht diesunddas?“, nein, stattdessen fragen wir „Entschuldigung, wo steht denn diesunddas?“. Die Antwort: „Öhhm, gehen Sie mal gaaaanz zum Anfang zurück und probieren Sie es mal bei den Konserven. Wenn nicht, kann ich auch nicht helfen, bin neu hier“. Verstanden, danke.

Es mangelt in dem Sinne nicht mehr an Gütern, aber nun verbringen die Menschen eben aber noch mehr Zeit mit Suche, Recherche, Vergleich, Auswahl, Bestellung und Rückversand der Dinge, die ihnen nicht passen, die ihnen dann nicht gefallen und die sie eigentlich schon haben. 

Nun ist ihm Prinzip also alles zu kriegen und wieder mangelt es an etwas … an Zeit. 

Und Erika und Max Mustermann kriegen zusätzlich noch eine Herzattacke, wenn es das Klopapier nur in „Eco“ gibt und nicht in „Super-Soft-10-lagig.

Da stimmt was nicht. Das kann nicht gut gehen.

Unser Ende wird nicht der Mangel sein, sondern der Überfluss.

Und wieder einmal schließe ich einen Beitrag mit einem Zitat aus „Essentialism: The Disciplined Pursuit of Less“ von Greg McKeown

As Peter Drucker said, “In a few hundred years, when the history of our time will be written from a long-term perspective, it is likely that the most important event historians will see is not technology, not the Internet, not e-commerce. It is an unprecedented change in the human condition. For the first time – literally – substantial and rapidly growing numbers of people have choices. For the first time, they will have to manage themselves. And society is totally unprepared for it.

372) Beim Bestellen verhungert

Neulich hatte ich diese Tapete des Lieferdienstes im Briefkasten. Die passte da gar nicht rein, guckte weit aus dem Schlitz raus. Auf einem halben Quadratmeter schwarz bedrucktem Papier versprach man mir „Asiatische Momente“. Geliefert aus 5 KM Entfernung … aus Berlin Lichtenberg (?!).

Also ich bestelle ja durchaus mal was, aber dann hole ich das meistens selber ab, weil ich dann das Gefühl habe, Zeitpunkt und Temperatur im Griff zu haben. Auf keinen Fall würde ich Essen aus Lichtenberg bestellen, liefern oder abholen lassen. Nie und nimmer. Das sind hin und zurück locker 30-40 Minuten mit dem Auto.

Aber darum gehts heute nicht, mir gehts mal wieder um die schiere Menge an Optionen auf diesem Zettel.

Die kleinste Bestellnummer war natürlich die 1, die größte die 718. Es waren aber nicht alle Nummern vergeben, also habe ich die gezählt.

Ich kam auf ca. 413 bestellbare Dinge:

  • 55 Vegane Momente
  • 12 Suppen
  • 24 Finger Food und Salate
  • 120 Hauptspeisen
  • 150 Sushi-Kreationen
  • 35 Extras
  • 17 Getränke

Die Karte schloss ab mit dem Satz:

„Für dich war noch nichts dabei?“
„Wir helfen dir die passende Alternative zu finden“

Tut mir Leid, aber das ist doch im höchsten Maße bescheuert. Wenn ich das alles gelesen und hier diskutiert habe, bin ich verhungert!

Und wieder einmal schließe ich einen Beitrag mit einem Zitat aus „Essentialism: The Disciplined Pursuit of Less“ von Greg McKeown

As Peter Drucker said, “In a few hundred years, when the history of our time will be written from a long-term perspective, it is likely that the most important event historians will see is not technology, not the Internet, not e-commerce. It is an unprecedented change in the human condition. For the first time – literally – substantial and rapidly growing numbers of people have choices. For the first time, they will have to manage themselves. And society is totally unprepared for it.

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