534) Sonderkündigungsrecht wegen Digitalisierung

Im folgenden Beitrag geht es nicht darum, die Deutsche Bahn zu „bashen“. Ich werde mich an keinen Wortgefechten zu Pünktlichkeit und Streik beteiligen. Denn darum geht es hier nicht. Es ist nur so ein schönes Beispiel dafür, wie deutsche Dienstleistungsunternehmen gerade zwischen analoger und digitaler Welt stecken. Irgendwo im Niemandsland. Zwar abgefahren, aber noch nicht angekommen. Baustelle halt.

02.03.24
Die Bahn schickt mir einen Brief und stellt mir ein weiteres Jahr BahnCard in Rechnung. Ich soll das doch bitte bis Anfang April per Banküberweisung erledigen. Per Banküberweisung? Hab ich die beim letzten Mal nicht per Kreditkarte bezahlt? Warum ziehen die das nicht einfach ab? Wieso soll ich jetzt eine Überweisung auslösen? Da habe ich keine Lust zu. Bei Rückfragen bitte Telefon, E-Mail-Adresse und freundliche Grüße. Der Brief kommt erst einmal auf einen Haufen.

08.03.24
Ein neuer Brief der Bahn liegt im Kasten. Er enthält meine neue BahnCard, genau die, die ich noch nicht mal bezahlt habe. Und was passiert wenn ich jetzt nicht zahle? Folgen Mahnungen und wird die Karte gesperrt?

13.03.24
Ich erhalte eine E-Mail der Bahn, in der großen Tamtam verkündet wird, dass nun Schluss mit der Plastikkarte sei und es die neue BahnCard nur noch digital gäbe. Prima. Ich glaube, ich habe die vorige Plastikkarte noch nicht einmal benutzt. Aber hatte ich nicht erst vor wenigen Tagen eine neue Plastikkarte bekommen? Ja, beim genauen Lesen der Mail stellte sich heraus, dass dies erst für Karten mit Ausstellung ab Juni 24 gilt. Ich stelle die E-Mail wieder auf „ungelesen“.

19.03.24
Ich zahle die BahnCard mal lieber jetzt. Nicht, dass die Mechanismen hier vollkommen durcheinander geraten.

22.03.24
Ich lese die E-Mail der Bahn noch mal gründlicher. Man braucht ein DB Konto, die Navigator-App und ein Smartphone. Habe ich, denn genau liegt ja bereits meine vorige digitale BahnCard. Ich wäre soweit.

Wenn man kein Smartphone hat, kann man sich im Zweifel ein Ersatzdokument zum Ausdrucken herunterladen. Jut. Ok.

Und weiter geht‘s:

Gültige BahnCard 25/50 Plastikkarten können bis zu dem aufgedruckten Gültigkeitsende weiterhin genutzt werden. Im Falle eines Verlusts kann ab dem 09.06.2024 keine Plastik-Ersatzkarte mehr ausgestellt werden.

Für BahnCards mit Gültigkeitsbeginn ab dem 09.06.2024 oder später haben Sie aufgrund der Digitalisierung ein Sonderkündigungsrecht. Sie können dieses Sonderkündigungsrecht wahrnehmen, indem Sie innerhalb von vier Wochen nach Zugang dieses Schreibens in Textform gegenüber der DB Fernverkehr AG (z. B. über das Kündigungsformular) kündigen

Herzlich willkommen in Deutschland. Es ist an alle gedacht!

Wenn ich alles richtig überrissen habe, hatten wir nun wirklich alle Kommunikationskanäle, Zahlweisen und Medienbrüche, die es nur geben kann. Briefe, E-Mail, Call-Center, Kündigungsformular, Banküberweiser, Kreditkarte, Download, Smart Phone, App und DB-Konto. Und immer mit zwei gescannten Unterschriften. Aber immerhin, eine Fax-Nummer konnte ich nicht mehr finden. Und nächstes Jahr kommt bestimmt noch ChatBot „Bahni“ dazu.

Ick‘ freu‘ mir.