716) Weil wir übers Stadtbild reden müssen

Es gibt aktuell keinen Tag an dem nicht über den Begriff „Stadtbild“ diskutiert wird, danke für diese Flanke Herr Bundeskanzler, diesen Ball möchte ich gern weiterspielen. (Bei der Gelegenheit, bei uns gibt es mittlerweile auch schon „Stadtwild“, aber das Fass mache ich jetzt nicht auch noch auf.)

Ja, wir sollten mehr übers Stadtbild reden, denn da liegt so Einiges im Argen.

  • Wenn ich mir anschaue, wie öffentliches und privates Eigentum mit Farbe besudelt wird.
  • Wenn Parks aussehen wie eine Müllhalde oder wie eine lokale Version der Wüste Gobi.
  • Wenn ich sehe, wie Menschen unter Brücken hausen oder Zelte in den Büschen der Parks aufbauen.
  • Wenn Schrott über Nacht auf die Straße gestellt wird („zu verschenken“) und dort vor sich hin gammelt.
  • Wenn „Ich-gönne-mir-nen-Roller-Fahrer“ zu blöd sind, das Ding nach der Nutzung vernünftig abzustellen.
  • Wenn es an den zentralen Plätzen der Stadt entweder nach Urin oder Dope riecht, und man bloß nichts anfassen will.
  • Wenn aus einfachsten Straßen-Baustellen, jahrelange Flughafen- oder Mars-Besiedlungsprojekte werden.
  • Wenn Schulen aus den siebziger Jahren zusammenfallen und die verpickelten Halbwüchsigen deshalb durch die halbe Stadt zur Ausweichschule fahren und die Bahn verstopfen.
  • Wenn selbst ich als Kerl, abends ungern durch Parks gehe … in denen es an Lampen mangelt.

Ja, dann müssen wir mal ganz dringend übers Stadtbild reden Herr Merz. Nur verstehe ich noch nicht, was davon in erster Linie von Menschen aus dem Ausland verursacht wird, die hier Zuflucht oder einen Job suchen oder warum gerade unsere Töchter und Frauen da mehr zu richten hätten.

PS: Titelbild via ChatGPT, Leser jenseits der Elbe können beruhigt sein, dass der Bundestag noch nicht nach Ostberlin verschoben wurde 😉

643) Vier-Tage-Woche und Work-Live-Balance?

Neu-Bundeskanzler Merz ist nun die dritte Woche im Amt und ein Zitat beschäftigt die Nachrichten, Podcasts, Gewerkschaften und Arbeitnehmer.

„Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance allein werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können“.

Da haben Sie Recht Herr Merz, aber was wollen Sie uns mit diesem Satz sagen? 

Wollen Sie etwa sagen, dass die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung aktuell die Hängematte ausbalanciert? Wollen sie kommende neue Arbeitszeitmodelle verhindern oder erreichte Flexibilisierungen der Arbeitszeit gar wieder abschaffen?

Die Deutschen leisten im Vergleich zu anderen EU-Ländern weniger Arbeitsstunden als andere Länder, so heist es. Der statistische Grieche schuftet mehr, das mag sein, der Vergleich hingt aber, Griechenland und Deutschland lassen sich strukturell nicht vergleichen. Außerdem haben die Griechen weniger Feiertage und eine niedrigere Teilzeitquote.

Die Jungs vom Podcast „Lage der Nation“ haben das in Folge 432 schön auseinandergenommen und ich denke auch, bevor man über eine 50 Stunden-Woche nachdenkt (die viele Menschen heute schon haben), sollte man doch erst einmal bekannte Maßnahmen umsetzen, in denen verfügbare Arbeitsstunden schlummern, ohne das Soll für die heutigen Arbeitnehmer zu erhöhen.

Zum Beispiel:

  • Menschen die arbeiten können, zum Arbeiten bringen
  • Asyl-Gäste und Migranten schneller arbeiten lassen
  • Müttern in Teilzeit die Rückkehr in Vollzeit vereinfachen
  • Ganztags-Kinderbetreuung ausbauen, Fahrwege reduzieren
  • Ehegattensplitting a.k.a. „Herd-Prämie“ abschaffen

Aber selbst die fünf Maßnahmen zielen nur darauf ab, die verfügbaren Arbeitsstunden zu erhöhen, was mir da aber noch zu kurz kommt sind die Fragen „Wofür eigentlich“ und „Wie eigentlich“ wird Arbeitszeit geleistet?

Wofür wird die Arbeitszeit eingesetzt?

Wenn Arbeitskräfte knapp sind, ist es dann sinnvoll krampfhaft am konventionellen Auto-Bau festzuhalten, wenn sich E-Autos viel aufwandsärmer fertigen lassen? Muss man sich im Straßen-, Landschafts- und Wohnungsbau derart detailverliebt austoben, so dass der Ausbau einer Schule, eines Sportplatzes, eines Radweges mittlerweile drei Jahre dauert?

Versteht Herr Merz unter „Wohlstand“, dass man sich nachts um drei ein Stück Butter bestellen kann und irgendwelche prekär bezahlten Night-Workers währenddessen die Akkus an den E-Rollern tauschen? Könnte man diese vergeudeten Arbeitsstunden nicht sinnvoller einsetzen? Hätte der Pizza-Fahrer nicht schon längst mal zum Busfahrer ausgebildet werden können?

Wie verbringen Menschen ihre Arbeitszeit?

Wenn ich sehe, mit welchem Blödsinn sich so manch Beamte/r, Lehrkraft, Sachbearbeiter/in zeitweise beschäftigen muss, wie da im Öffentlichen Sektor aber auch in der Privatwirtschaft seit Jahren ein Schema „F“ durchgezogen wird und immer mehr Bürokratie oben draufkommt. Ist das produktive Arbeitszeit? Nein, das ist Anwesenheit gegen Geld. Das ist weder effizient noch effektiv. Es ist Verschwendung von Arbeitszeit. Ganz einfach.

Wenn ich sehe, wie Betonwege aufgebrochen werden und dann Straßenbauer tagelang auf Knien robben, um diesen Fußweg nun mit kleinen Steinen zu bepflastern … dann frage ich mich, ob das „Innovations-Land“ keine bessere Möglichkeit finden kann, diese Arbeits“zeit“ und Arbeits“kraft“ einzusetzen. Entsiegelung von Flächen ist wichtig keine Frage, aber so?

Allein das Potenzial, was durch ausbleibende Automatisierung, Digitalisierung und Komplexitätsreduzierung in Regeln, Gesetzen, Vorschriften ungenutzt bleibt, würde doch eher eine 32 Stunden-Woche rechtfertigen oder eben die Vier-Tage-Woche.

Also, Herr Merz, bei mir brauchen sie wegen höherer Arbeitszeit nicht anklopfen.

PS: Titelbild via ChatGPT