698) Herkules hatte ein chilliges Leben

Dass Deutschland ganz große Reformen vor der Brust hat, ist nichts Neues. Jeder weiß das … das hat man ja schon immer gesagt … also da müsste man mal … man sollte auf jeden Fall … denn wenn nicht … Versäumnisse der Vergangenheit … Herausforderung … Zuständigkeit … Bund … Länder und so weiter und sofort. Das kommt auch jeden in den Nachrichten, Talk Shows und Podcasts. An Worten mangelt es nicht, auch nicht an Baustellen. 

Ich bin die letzten Tage mal nur (!) in die Herausforderungen „Demografie“ und „Sozialstaat“ eingestiegen … und das auch nur als stiller Gast, habe anderen dabei zugehört wie sie die Probleme mal auseinandergenommen und über Lösungen gesprochen haben.

>Lage der Nation Folge Folge 440, 441 und 442

Herkules-Aufgaben!

Ich will hier auch gar keine Details daraus zitieren oder diskutieren, aber selbst wenn nur die Hälfte davon relevant wäre … würde ich sagen, der gute alte Herkules wäre heute vollkommen überfordert. Herkules hatte damals ein chilliges Leben. Hängematte! Langeweile! Nasebohren! Herkules IV!

Ja natürlich,

Herkules musste zwar Löwen erlegen, Ställe ausmisten und Köpfe von Hydra-Schlangen abhacken – klar, das klingt blutig und schweißtreibend.

Aber:

Überschaubare Zahl an Aufgaben: Zwölf Stück, danach war Schluss.

Klare Zieldefinition: „Mach das, dann bist du frei.“ Kein Vergleich mit Reformbaustellen, die nie „fertig“ sind.

Individuelle Verantwortung: Er allein musste es schaffen, keine Koalition, keine Lobbyisten, kein Föderalismus.

Keine Nebenkriegsschauplätze: Keine Schlagzeilen, keine Umfragen, keine Social-Media-Shitstorms.

Und wenn ich jetzt mal zu den beiden oben genannten Themen noch Dinge ergänze wie zum Beispiel … Rentensystem, Gesundheitswesen, Fachkräftemangel, KI & Automatisierung, Geopolitik, Verteidigung, Klimawandel, Migration, Bildung, Infrastruktur … dann ist mir, echt schleierhaft, wie das in „näherer Zeit“ klappen soll. Zumal die auch noch heftig miteinander zu tun haben.

Als jemand, dem große Organisationen, komplexe Prozesse, politische Spielchen und IT vertraut sind, habe ich manchmal echt große Lust, da irgendwie mitzuhelfen.

Im selben Moment, zucke ich aber zurück und denk mir: Bloß nicht. Nicht allein gegen Windmühlen. Da gehst du kaputt.

Vielleicht, wenn wirklich ein ernsthaftes Interesse da ist, Mittel freigemacht werden und auch der Mut und das Mandat von „ganz oben“, alte Zöpfe abzuschneiden, zu hinterfragen und radikal zu vereinfachen, dann vielleicht.

Aber das wird nicht passieren, denn das tut irgendwem ein bisschen weh, geht ja mal gerade nicht und überhaupt, müssen erst mal die anderen ihre Hausaufgaben machen.

Wo ist nur dieser Herkules? Und ich meine einen, der das ernsthaft und gestalterisch betreibt, nicht mit der Kettensäge. Deshalb habe ich meinem Herkules mal die Keule etwas kleiner gepromptet und andere konstruktivere Materialen an die Hand gegeben.

PS1: kursive Texte von ChatGPT

PS2: Titelbild via ChatGPT

436) Ein Tag Stillstand

Am Montag haben wir einen Feiertag, der 1. Mai. Für mich als Montagsmuffel ist das wie Weihnachten und Geburtstag zusammen. Ich kann meinen Rechner mit bestem Gewissen ausgeschaltet lassen, denn viele andere Länder auf der ganzen Welt haben auch einen Feiertag. Da kommt also sowieso nicht viel rein. Von diesem freien Tag profitiert allerdings im Wesentlichen nur die Büro-Zunft. Transport, Flugverkehr, Entertainment, Kultur, Gastronomie und selbst Produktion läuft ja meistens reduziert weiter. Was mich auf den folgenden Gedanken bringt. 

Jetzt mal angenommen, alle Länder der Welt vereinbaren sich auf einen weltweiten Feiertag, an dem nur die absoluten Essentials in Betrieb bleiben. Medizinischer Notdienst, Energieversorgung, Sicherheit, Feuerwehr. Sonst nichts. Kein Verkehr, alle privaten Autos lahmgelegt, kein Netflix, kein privates Internet, niente, nada.
Ja, klingt illusorisch, bereits bei der Formulierung „alle Länder der Welt vereinbaren sich auf …“ könnte man aufhören zu lesen, aber trotzdem.

Bleiben wir mal bei der Annahme.

  • Wie hoch ist eigentlich der absolute Energie-Minimalbedarf der Menschheit und wieviel kommt on top durch Arbeitswege, Vergnügen und Konsum? Und was ist das Minimum eigentlich?
  • Wieviele Tage vorher müsste man mit dem Herunterfahren beginnen, damit dann wirklich alles Gerät am Boden, in den Depots und Häfen ist? 
  • Wieviel Mensch und Material ist eigentlich zeitgleich unterwegs und müsste zum Stillstand gebracht werden?
  • Und fliegen dann Kraftwerke in die Luft, weil keiner mehr den Strom abnimmt? Bricht am nächsten Arbeitstag alles zusammen, wenn wieder Normalbetrieb herrscht?
  • Drehen die Menschen durch, weil sie außer Quatschen, Lesen, Radfahren, Spazierengehen und Beten nichts tun können?
  • Bleibt man eh besser zu Hause, weil Füchse, Wildschweine und Wölfe die Straßen erobern?
  • Gibt es mehr Plünderungen, Banküberfälle oder sogar weniger, weil die Bad Boys ja auch nur zur Fuß oder per Rad an-und abrücken können?
  • Wird im Vorfeld ein Schwarzmarkt der Sondererlaubnisse und Ausnahmen entstehen? Befeuert solch ein Tag die Korruption?
  • Werden die Regierungen verklagt werden, weil sich irgendwer in der persönlichen Freiheit beschränkt sieht? Weil an diesem Tag natürlich irgendwo Nachteile entstehen?
  • Was machen die Menschen am Tag zuvor? Noch mal richtig die Sau rauslassen? Fahren, Daddeln, Hören, Glotzen, Surfen, was das Zeug hält? Quasi „vor-konsumieren“, um dann einen Tag „konsumtrocken“ zu leben?

Fragen über Fragen.

Grüße an die Küchen-Philosophen

428) Zu Ostern nichts Neues

Sagt mal, habe nur ich das Gefühl, dass das Jahr 2023 irgendwie nicht in die Gänge kommt? Militärisch gesprochen … Ladehemmungen hat? Im Antrieb blockiert ist, anscheinend nur halbe Kraft fährt?

Es ist bereits gut drei Monate her, da haben wir auf das neue Jahr angestoßen und hegten leise Hoffnungen, dass `23 vielleicht ein besseres Jahr wird. Aber irgendwie geht nix voran. Die Zahl 23 hat’s bekanntermaßen in sich. Vielleicht liegt es daran

Die Fronten in der Ukraine haben sich verhakt.
Der Frühling lässt auf sich warten, es ist arschkalt.
Brandenburg warnt bereits im April vor Waldbränden.
Beim Kampf gegen den Klimawandel sieht man keine Fortschritte … außer, dass der Koalitionsausschuss Überstunden schiebt, um ein gemeinsames Papier zu formulieren, und dessen Mitglieder das dann vor den Kameras jeweils unterschiedlich interpretieren. Was soll’n das?

Und dann ist heute auch noch Karfreitag. Ein stiller Feiertag.

Keine musikalischen Darbietungen, keine Sportveranstaltungen, keine Unterhaltungsveranstaltungen, wenn sie nicht dem ernsten Charakter des Feiertags entsprechen.

Gut, muss ich alles nicht verstehen, respektiere ich aber. Auch wenn das alles nicht wirklich für Progressivität steht.

Bevor ich mich jetzt in Lethargie bade, drehe ich die Musik auf, zappele durch die Wohnung, schreibe diesen Beitrag (denn Bloggen ist nicht verboten) und probiere gleich meine neuen Laufschuhe aus.

Los Leute. Bewegt euch. Macht was draus. Es gibt so viel zu tun! 

222) Innehalten

Neulich wurde mir ein Messgerät angelegt, welches in festen Zeitabständen das tun sollte wozu es gebaut wurde. Messen. Das Gerät mag aber nicht messen, wenn man unruhig ist oder zappelt.

Dann verstärkt es seine Bemühungen oder bricht den Vorgang ganz ab. Um es dann ein paar Minuten später erneut zu versuchen. Sturer Computer! Nun hatte ich aber überhaupt keine Lust, meinen Tag in so kleine Einheiten zu schneiden, dass es dieser Maschine in den Kram passt. Die Messungen sollten schließlich realistisch sein, also soll sich dieses Ding doch bitte nach mir richten und nicht andersherum. Also erledigte ich was nötig war, drinnen wie draußen. Innerhalb der eigenen vier Wände, konnte ich meine Aufgaben jederzeit unterbrechen.

Draußen war das aber anders:

  • Da lief ich fast allein auf dem Fußweg, auf einmal piepte das Gerät und kündigte seine nächste Messung an. Ich lief natürlich weiter, denn ich konnte ja nun nicht einfach stehen bleiben. Keine Zeit. Die Messung brach ab und wenig später holte das Gerät zu einem weiteren Versuch aus. 
  • Da überquerte ich aber gerade eine Ampel, da konnte ich ja nun unmöglich anhalten, sonst würde in Kürze ein Hup-Konzert einsetzen. 
  • Ich ging also weiter, wenig später folgte der nächste Versuch, hinter mir liefen Fußgänger und unterhielten sich angeregt. Wenn ich nun auf einmal zum Stillstand käme, würden die mir hinten drauf laufen. 
  • Der nächste Versuch dann mitten auf einem Platz. Diesmal hielt ich an, genau in der Mitte. Kam mir dabei total doof vor. Da stand ich nun, einfach so und liess die Messung geschehen. Da kreuzte ein Passant auf und glotze mich fragend an. Ich zog mein Handy, gab mich beschäftigt.
  • Später am Tag dann noch einmal eine Messung. Diesmal war der Fußweg knacke-voll, die einzige Möglichkeit einen Grund zum Stehenbleiben zu suggerieren, war der Blick in das nächstgelegene Schaufenster. Ein Coaching-Laden offerierte „Familienberatung – Sexualberatung – Suchtberatung“. Na wunderbar. Eingehend studierte ich also die Flyer und Poster im Schaufenster, dann war die Messung abgeschlossen.

Stell‘ ich mich da nur so an? Warum können wir Menschen (… oder zumindest ich …) nicht einfach mal zum Stillstand kommen und für einen Moment innehalten? Einfach so. Was ist daran so schwer? Könnt Ihr einfach so stehen bleiben? Ohne aus Verlegenheit irgendetwas zu tun? Einfach nur dastehen und in die Luft gucken?

Schon mal gemacht?

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