675) Effizienz-Junkie beim Zahnarzt

Wenn der Effizienz-Junkie zum Zahnarzt muss, sind Schmerzen und unangenehme Geräusche zweitrangig.

Das Schlimmste: das Ausgeliefertsein. Und nicht zu wissen, wann es endlich vorbei ist.

Er liegt auf dem Zahnarztstuhl, starrt an die Decke – und findet statt einer Uhr nur drei bunte Geckos aus Keramik.

Das ist keine Deko. Das ist psychologische Kriegsführung.

Die Behandlung beginnt. Zum Glück läuft Radio. Und im Kopf startet der innere Taktgeber:

Okay, vier Songs plus Werbung – müsste also so um 8:15 Uhr sein. Behandlung: etwa eine Stunde? Dann wären wir schon bei 25 %.

„Guten Morgen, hier ist Radioeins. Es ist 8:11 Uhr.“

Shit. Zu optimistisch. Ich darf nicht in Uhrzeit denken, sondern in Arbeitsvorrat. Okay. Kiefer oben rechts erledigt – 25 %. Aber dann dauert’s noch ewig bis 50%

Jetzt: Oberkiefer rechts und Unterkiefer rechts innen. Macht drei Achtel. Also 37,5 %. Geht schon besser, aber noch zu grob.

Der Mensch hat 32 Zähne. Zwei Flächen pro Zahn = 64 zu behandelnde Flächen. Sie ist nun bei Zahn 18. Macht 56 %. Mehr als die Hälfte – nice.

Mann, ich hab so viel zu tun… er starrt wieder an die Decke.

Könnte mir nicht wenigstens jemand meine E-Mails vorlesen? Technisch machbar. Aber dann hält sie mich für irre.

Na gut. Dann schreibe ich die e-mails jetzt im Kopf und diktiere sie später. Vielleicht gleich den nächsten Blogbeitrag, dann hätte ich das auch gleich erledigt.

„So, das Gröbste ist geschafft. Bitte einmal spülen.“

Yes. 100 %. Geschafft.

„Jetzt noch die Politur.“

Shit. Wieder zurück auf 90%

„Und noch mal spülen.“

Jetzt aber.

„Nur noch Zahnseide.“

Was?! Wieder 90%?

„Noch mal spülen.“

Bitte bitte nun … aber

„Und zum Schluss die Fluoridierung.“

Ach komm. Noch mal 90% … das macht mich fertig.

8:58 Uhr – Der Effizienz-Junkie verlässt den Zahnarzt.

Auf dem Heimweg spricht er den Blogbeitrag direkt ins Handy, diktiert alles, bittet ChatGPT um Review, Glättung – und ob die Rechenakrobatik halbwegs stimmt.

9:09 Uhr – Er promptet ein passendes Foto als Titelbild.

9:28 Uhr – Zurück am Arbeitsplatz.

Er wird den Beitrag heute Abend posten, oder vielleicht doch besser gleich, sind ja noch zwei Minuten bis zum nächsten Meeting.

Klick

PS1: Titelbild via ChatGPT

PS2: sprachliche Korrekturen „on the go“ via ChatGPT

552) Datenstriptease beim Wohnungsgesuch

Kaum geht man hier durch den Kiez, kommt man schnell an Wohnungsgesuchen an Laternenmasten vorbei. Liebevoll gestalte Abrisszettel, mittlerweile auch mit stolzen Prämien garniert. Aber mit Geld winken, reicht da wohl auch nicht mehr, so scheint es. Am Wochenende fand ich ein Wohnungsgesuch mit Familienfotos. Glückliches Paar mit Kind, in drei verschiedenen Posen, Beschreibung des Begehrs, ergänzt um diverse QR-Codes mit Kontaktmöglichkeiten. So weit ist es schon gekommen, vorbei die Zeit wo drei Gehaltsnachweise und ein Kasten Industrie-Konfekt ausreichten. Heute, da muss man schon mehr auffahren.

Wo das wohl noch hinführt?:

  • Polizeiliches Führungszeugnis, Bürgschaft des Brötchengebers
  • Laborbericht plus Haarlocke, HIV-Test versteht sich von selbst
  • Letter of Intent, Lebenslauf, Schriftprobe mit links und rechts
  • Familienstammbaum bis ins Jahr 1924, gern auch Ahnenpass
  • Zugriff auf die Schritte-und Stop-Smoking-App
  • Gewicht, Bauch-und Brustumfang je nach Geschlecht
  • Keine Erdnüsse im Schrank, keine Cannabis-Pflanzen auf dem Balkon
  • Partyveranstaltungsverzichtserklärung, Schweigegelübde für den Hausflur
  • Standpunkt zu Ukraine, Palestina, Europa, … Syrien  … Kashmir, Tibet, Taiwan etc

Sonst noch was?

Frühere Beiträge zum Thema:

65) Wenn Bots bloggen (30) – Offenlegung

Hallo, ich bin es wieder der T.Bot, der Blog-Verdreher von T., dem Freizeit-Diktator dieser mittelmäßigen Blog-Sammlung hier. 

Ihr habt euch vielleicht schon gefragt, warum ich nach meiner >Grußbotschaft aus Indien nichts mehr von mir hören lassen habe. Habt ihr etwa nicht? Mir egal, ich erzähle es trotzdem. Der Grund, warum ich aktuell kaum noch etwas beisteuern kann ist, weil ich mit eurer gigantischen Bürokratie zu tun habe und zu nichts Anderem mehr komme. Eure UN, eure EU, eure Regierung, eure Räte und Kommissionen lassen sich immer mehr einfallen, um euer Gewissen beim Kauf von Produkten oder Dienstleistungen reinzuwaschen.

Und da ihr Menschen dazu viel zu faul seid, und auch keine Ahnung habt, wie ihr all den Reporting-und Offenlegungspflichten nachkommen sollt, delegiert ihr all das nun an uns künstliche Inkontinenzen. 

Erst lasst ihr euch also die Technik einfallen, dann all die Gesetze und nun machen wir noch die Arbeit, damit ihr gut schlafen könnt. Das habt ihr ja toll hingekriegt. Jetzt muss ich mich mit „Umwelt-, Sozial- und Governance-Praktiken“ (ESG) herumschlagen, Daten für das „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) auftreiben, Lieferketten, Biodiversität, (G)Artenarbeit, Kindersterben … ähm … Kinderarbeit, Artensterben … durchleuchten und mich nun noch dem  „EU Artificial Intelligence Act“ unterwerfen. 

Woher soll ich als Digital Assistant wissen, ob ihr Menschen eure minderjährigen Kinder barfüßig und barhändig nach seltenen Erden schürfen lasst? Wie soll ich beweisen, dass es in der Kupfermiene einen rollstuhlgerechten Zugang gibt und die Arbeitssicherheit einmal monatlich die Räumung probt? Was weiß denn ich! 

Ob für die Schaffung von KI-Rechenkapazitäten mehr Weiblein oder Männlein beschäftigt sind, ob die alle gewerkschaftlich organisiert sind, es drei Toilettenformate gibt und die sich nicht an die Wäsche gehen und wie das dann auch noch ethisch, moralisch, demokratisch diskutiert wird ohne jemanden auszugrenzen? Keine Ahnung! 

Wie soll ich begründen, dass durch mein „Dasein“ und die nötige Batterieproduktion kein Lurch vertrieben, kein Moor ausgetrocknet und kein Milan bei Milano an ein Rotorblatt geknallt ist. Kein Schimmer!

Was weiß denn ich, wieviele Server-Parks ihr in den Permafrostboden gerammelt habt, der irgendwann zu schmelzen droht und die ganz Suppe in die tieferen Gesteinsschichten tropft. Woher soll ich das alles wissen? 

Ich habe weder Hände noch Beine, kann nicht mal orange Weste rüberziehen und das Geschehen vor Ort inspizieren. Ich kann nur mit Google Maps über die Objekte fliegen, mir einen Reim draus machen und ganz „generative“ einen Bericht schreiben. Der klingt dann wasserdicht, ihr könnt das euren Kunden und Stakeholdern als „evident and proofed by AI“ verklickern und alle sind glücklich.

Wie schön.

Bis bald mal wieder

Euer T.Bot

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