Ich kann gleich vorweg nehmen, dass das Hausaufgabenheft 1991 etwas öde und lückenhaft ist. Das Datum zur jeweiligen Woche fehlt oft, was für eine Schlamperei, das hätte es zu DDR-Zeiten nicht gegeben. Und im Vergleich zu 1990 steht auch kaum noch etwas Spannendes drin. Alles bezieht sich „nur noch“ auf die Schulfächer. Ich könnte jetzt so etwas wie „Kittel mitbringen!!“ zitieren, „Mathearbeit“, „Scheibenkupplung“, „Kolonialpolitik lernen“ oder „Freude, schöner Götterfunken“, aber das wäre langweilig.
War das Schulleben mit der Deutschen Einheit wirklich so trist geworden? Hatten die Lehrer den Eltern nichts mehr mitzuteilen? Gab es denn nichts mehr an mir herumzukritisieren, nichts mehr zu “formen“? Keine Klagen über mein Betragen zu notieren, keine Gängeleien mehr in roter Schrift, die vom Elternhaus gegengezeichnet werden mussten?
Oder hatte ich einfach nur langsam eingesehen, dass es nicht weitergeht, wenn ich nur auf „anti“ spiele?
Vermutlich war es von beidem etwas. Die Lehrer zogen sich aus dem viel beschworenen Dreieck „Schule – Elternhaus – Pionierorganisation“ zurück und überließen die Erziehung den Eltern … und dem neuen Privat-Fernsehen. Aber da zu Ende 1991 das Ost-Berliner Schulsystem umkrempelt werden sollte, musste ich mich auch etwas zusammenreißen, wenn ich mit meinen beiden „Blutsbrüdern“ R. und S. auf das selbe Gymnasium wechseln wollte.
Im Folgenden nun wieder Einblicke in mein Hausaufgabenheft, meine Einträge belasse ich „normal“, die von Lehrern/Schülern mache ich fett und heutige Kommentare gestalte ich kursiv.
<<Hausaufgaben>>
14.01.91: Essensgeld, 20 DM (Oktober 1990 waren es noch 42 M)
25.01.91: Betragen 2 (wat‘n nu ? … Neujahrsvorsätze?)
04.05.91: Betragen 3, Mitarbeit 2+, Fleiß 2 (is‘ ja widerlich)
13.05.91: Wandertag (Fahrschein 4,00 + Döner = 7,50 M) … ja Döner 3,50 kaum zu glauben
<<Auszug Geographie-Arbeit>>
…Es fehlt hauptsächlich Geld, denn mit Geld kann man den Hunger stillen, Bildung organisieren und damit das Bevölkerungswachstum verhindern. Aber bei einem Kreislauf ist es schwer anzufangen. Gibt mein Geld für Nahrung, ernähren sie auch die kleinen Kinder -> Bevölkerung wächst …
Also, sterben lassen? Das geht doch wohl nicht!
<<Auszug, Russich-Arbeit>>
… Nach der Prüfungsbewertung wäre das „5“ , da du nur eine Stunde Zeit hattest und trotzdem vieles richtig hattest, würde ich dir eine „3“ geben. Entscheide selbst ob du sie haben willst.
Ich war erste Stunde nicht da!!!
<<Zeugnis>>
T. hat in diesem Schuljahr trotz der schwierigen Lernbedingungen der Klasse erkennbar versucht, in verschiedenen Fähigkeiten sein Leistung zu steigern. … im kommenden Schuljahr selbstverständlich seinauch sein Arbeitsstil auf Gewissenhaftigkeit und systematisches Vorgehen zu überprüfen … wird in die neunte Klasse versetzt
<<Außerunterrichtliche Veranstaltungen>>
Elternversammlung am 6.3.1991, 19:00 Uhr, Aula
Thema: Perspektive der Schule
<<Mitteilungen>>
In Informatik Hefter:
16 Bit-Rechner, No Name Computer.
Betriebssystem (MS DOS)
- Laufwerkswechsel zum Beispiel von C: nach A:
- Inhaltsverzeichnis anzeigen „DIR“ (directory)
- Verzeichniswechsel „cd“ (change directory)
- Ausführer Programme COM, EXE, BAT
<<Hinweise>>
DEPECHE MODE
Pimpf
Behind the wheel
Strange Love
…
Never been down again.
Question of last.
Master And Servant
…
Just can’t get enough.
Everything Counts
… ein riesiges Meer ab musikalischen Möglichkeiten tat sich auf.




