237) Schriftverschmutzung

Ich möchte heute einen Gedanken von Simon Sinek aufgreifen. In einer seiner Podcasts geht es auch um all die Schrift, die in einer Stadt verteilt ist. Dafür kam mir das Wortkonstrukt „Schriftverschmutzung“ in den Sinn. Denn „Luftverschmutzung“ haben wir ja schon, „Lichtverschmutzung“ gibt es auch. Bei der Datenkrake finde ich für „Schriftverschmutzung“ gerade mal 22 Treffer, aber alle in anderem Kontext. Also fühle ich mich jetzt mal als Schöpfer dieses Wortes.

Aber zurück zum Thema:

Ich gehöre zu den Menschen, die ständig alles lesen. Auch wenn ich eigentlich gar nicht will. Vielleicht habe ich da eine kleine Macke, aber ich nehme alle möglichen Wörter, Buchstaben und Hinweise wahr. Alles. Straßennamen, Werbung, Schilder, Beschriftungen, Warnungen, Aufkleber oder Graffiti. Aushänge, Info-Tafeln, Anzeigen. Ich denke über Auto-Kennzeichen nach, erkenne Botschaften, Bedeutungen und Firmennamen in ihnen. Das Einzige was ich nicht lese, sind kleingedruckte lange Texte wie AGBs, Beförderungsbedingungen und Cookie-Regeln 😉 

Erleichterung. Schöne Grüße von Herrn Asperger, alles noch nicht so schlimm.

So eine große Stadt wie Berlin, ist völlig zubuchstabiert. Dem Lärm kann man halbwegs entgehen, wenn man sich dicke Muscheln auf die Ohren packt. Der Enge kann man ausweichen, wenn man asynchron unterwegs ist oder bestimmte Plätze meidet. Den Buchstaben kann man aber nicht entgehen. Wenn man so auf Schriften reagiert, kann man eigentlich nur versuchen, die Lettern nicht als einzelne Objekte wahrzunehmen, denn die ergeben zwangsweise ein Wort. Man muss Wörter besser als Oberflächen, als Strukturen, als Design nehmen. So wie eine Tapete quasi oder ein Nudelgericht. 

Das Lesenkönnen (physisch als auch kognitiv) ist eine großartige Gabe, aber manchmal würde ich mir auch wünschen, für einen Moment mal nicht lesen zu können. Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit, fragen sich vermutlich, ob ich noch alle Latten am Zaun habe. Verstehe ich. Aber manchmal ist es auch zu viel.

Kann man Lesen eigentlich verlernen? Weiß das jemand hier? Sprachen kann man ja auch verlernen, Verhalten auch. Oder ist man quasi ein Leben lang zum Lesen „verdonnert“, wenn man es einmal erlernt hat?

Tja und was macht man da nun?

  • Häufiger die Augen schließen? Das kann in Berlin gefährlich werden. 
  • Den Wohnsitz aufs Land verlagern? Da gibt es weniger Schilder und „Schriftverschmutzung“.
  • Oder nach China, Japan, Indien oder Israel umziehen. Die haben ihre eigenen Schriften, das ist dann wie Tapete oder Nudelgericht und ich verstehe nix 😉

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213) Mit Zettel und Stift 4

Eine Großstadt bietet genug Fläche, Meinungen oder Bedürfnisse kundzutun. Im Falle von Berlin läuft das häufig noch über Zettelwirtschaft. Immerhin findet man so noch Beachtung, während man im digitalen Dorf schnell verschüttgeht bzw. einen fäkalen Sturm vom Zaun bricht.

Hier ein paar Fundstücke aus den letzten 6 Monaten:

Es beginnt zunächst etwas covidistisch. Schönes Wortspiel eigentlich, allerdings in seiner Anspielung völlig an den Haaren herbeigezogen und überzogen. Trotzdem lichte ich es hier mal ab, als Dokument der Zeitgeschichte sozusagen.

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Die nächsten 3 Bilder illustrieren wunderbar, was man sich mittlerweile so alles einfallen lassen muss, um in der Innenstadt eine Wohnung zu kriegen. Der eine meint, er legt einfach einen Tausi auf den Tisch und dann klappt das schon. Die junge Familie kann nur 500 berappen und designed daher ein Bilderbuch. Die drei Studenten haben gar keine Kohle und versuchen es mit Daten-Striptease.

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Wer noch einen kleinen Raum frei hat, könnte neben einem Studenten auch einen Keramik-Ofen aufnehmen. Wenn er es schlau anstellt, könnte er mit der freigesetzten Hitze noch Sauna oder Pizza anbieten.

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Bei der folgenden Nachricht, habe ich mir ausgemalt, was da wohl für ein Ehekrach ablief. Ein Carsten stellt eine „doofe Lampe“ auf die Straße und die Birgit kriegt am nächsten Tag einen Tobsuchtsanfall. Oder war es vielleicht andersrum? Allerdings müssen sie wohl etwas mehr aufrufen als 15 EUR, denn die Preise ziehen hier extrem an. Siehe oben.

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Zu guter Letzt noch etwas Politik, wie immer kurz und knapp aber gut 😉

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161) Mit Zettel und Stift 3

Mahlzeit, da bin ich wieder. Ein frohes neues Jahr noch!

Wer meinte, im Januar 2021 wird schlagartig alles besser, wird spätestens beim Neujahrsspaziergang gestern gemerkt haben, dass uns mindestens mal 12 graue Wochen bevorstehen, bis wir ansatzweise Frühling kriegen. Was man da machen kann?

Nüscht. Die Nerven behalten, mit offenen Augen vor die Tür gehen und sich über die dargebotenen Skurrilitäten wundern. 

Berlin war schon immer ein Eldorado für Zettelschreiber und Schilder-Fetischisten. Mit C_r_na tobten sie sich dann aber erst recht aus. Man kann heute kaum noch durch Schaufenster schauen, alle sind zugeklebt mit Verhaltenshinweisen (Maske, Abstand, etc) , Hinweisen zu Online-Bestellungen und Treueschwüren im Tone „Wir sind bald wieder da“. Oder Verabschiedungen im Stile „Alles muss raus, wir schließen“.

Aber ich will dem fiesen Virus nicht gleich wieder so viel Aufmerksamkeit schenken. Also starten wir erst einmal Viren-frei.

Das erste Exemplar kommt kunterbunt daher, schön gestaltet, aber ich habe auch nach mehrmaligem Lesen nicht verstanden, worum es eigentlich geht.

Das nächste Ding, ist eher düster und man muss schon nah herantreten, um es lesen/fühlen zu können. Allerdings frage ich mich schon, wie ein offizieller Wegweiser in den 2020-er Jahren wirklich noch „Duft und Behinderten Garten“ lauten kann. Übel. Die deutsche Sprache ist doch zu mehr fähig.

Die nächste Botschaft ist wieder handgeschrieben und zeugt von unseren Wohlstandsproblemen. Nun kann man wunderbar spekulieren, wie die Geschichte ausgeht. Werden sie sich finden und gemeinsam mit dem Benz in die Sonne fahren?

Und dann wieder so ein typisch deutsches Schild. Ein kleiner Stadtpark um die Ecke wurde ganze zwei Jahre saniert. Fußwege neu, Rasen und Spielgeräte, alles neu. Und damit alles seine Ordnung hat, gibt‘s an der einen Wiese ein stattliches Schild. Als wenn das auch nur irgendeinen interessieren würde, dass nur diese Wiese zum Liegen da ist. Eine Woche später war das Schild mit Edding verziert, jetzt kann’s keiner mehr lesen.

Die nächsten Hinweise kommen von der Stadt und zeigen uns seit letztem Frühjahr die Verhaltensregeln im Volkpark. In verschiedenen Sprachen. Denn Berlin ist ja multi-kulti. Die Reste der Schilder hängen immer noch da, völlig aufgeweicht und unbeachtet.

Und zum Schluss gibts noch etwas Brain Food in gelb.

<— Mit Zettel und Stift 1

<— Mit Zettel und Stift 2

139) Mit Zettel und Stift 2

Man könnte meinen, die Mitmenschen glotzen nur noch auf Displays und tippen auf Tastaturen. Aber mit Zettel und Stift wird doch immer noch eine ganze Menge kommuniziert hier in der großen Stadt.

Ob Hilferufe, politische Statements oder kriminaltechnische Kreidemarken. Jeden Tag gibt es etwas Neues zu lesen. Den ersten Teil habe ich im Dezember 2019 veröffentlicht. Kaum zu glauben, es scheint eine halbe Ewigkeit zu sein.

Und weiter geht‘s!

Sie können verwirrend sein …
… auch irgendwie vergessen …
… oder hochaktuell ….
… oder herzzerreißend …
… und beängstigend … was ist hier geschehen …
… zu guter Letzt aber irgendwie auch wieder gut!

Und liebe Leute? Gut gewesen? Oder irgendwie doof? Feedbacks und Kommentare gern unten drunter.

Schönen Sonntag!
T.

<— Mit Zettel und Stift 1

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