467) Sachlich Willkommen in Deutschland!

Kürzlich hatten die Jungs von „Lage der Nation“ (Folge 346) mal wieder das Thema Zuwanderung / Migration im Programm. Deutschland braucht circa 400.000 Menschen, die zuwandern und dauerhaft hier bleiben. Pro Jahr! Die Zahl ist nun nicht neu, man muss sie aber mal sacken lassen.

Mittlerweile spricht auch schon keiner mehr von „Fachkräften“, man wäre quasi schon froh, wenn überhaupt „Kräfte“ kämen.

Von rechts außen hört man dann häufig nur Geschrei. „Um Gottes Willen!“, „Überfremdung des Abendlandes“.

Gleichzeitig diskutiert man auch immer wieder gern, wie man die wenigen 50.000 Menschen abschieben kann, die man rein rechtlich überhaupt „rückführen“ könnte. Das ist schon verrückt wenn man überlegt, dass wir händeringend Menschen suchen, die hier arbeiten, und gleichzeitig hocken Asylbewerber in Containern, drehen Däumchen, warten auf Entscheidungen, vom Staat bezahlt, also von uns. Aber selbst diese Menschen, die hier ihren Status klären lassen, würden niemals die 400.000 ergeben.

Was also tun?

Hört man dem Friedrich Merz zu, brauchen wir solche Zuwanderung eigentlich gar nicht, man muss nur alle Arbeitsunwilligen zum Arbeiten motivieren. Na dann mach‘ mal Friedrich. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ich langfristig von denen bedient oder im Alter versorgt werden will.

Bei Tino Chrupalla von der AfD klingt das noch romantischer. Wenn ich ihn im Sommer-Interview richtig verstanden habe, will auch er „fördern und fordern“ und wenn das nicht reicht … dann müssen wir uns die Arbeiter der Zukunft halt … „aus eigener Kraft heraus“ … „mit unserem Nachwuchs“ … „generieren“ … im übertragenen Sinne … zurecht-vögeln (hat er nicht gesagt). Schaue ich mir die sinkende Geburtenrate von derzeit knapp 700.000 pro Jahr an, kann das schon anstrengend werden. „Wir müssen damit auch mal anfangen“, sagt der Tino. Schluss mit Romantik. Hopp, hopp, ab ins Bett! Wie brauchen mehrtägige Stromausfälle,  Mutterkreuze … und blaue Pillen. Sonst wird das nix.

Also müssen wohl doch Kräfte aus dem Ausland her. Auch wenn die Zähne knirschen. 

Aber woher bloß sollen die kommen?

  • Leute aus der EU hätten wir ja am liebsten. Nur, wenn die Bock hätten, hier zu arbeiten, dann wären die ja schon längst hier. Könnten sie ja heute schon. Der nächste Denkfehler ist der Irrglaube, dass nur Deutschland auf Suche ist. Auch andere EU-Länder wollen Bürger anderer EU-Länder anwerben. 
  • Als nächstes könnte man außerhalb der EU, aber noch in Europa suchen, da ist man sich wenigsten „kulturell“ noch nahe. Aber da wird es dann rechtlich schwieriger bzw. sucht man dort ja auch Fachkräfte zum Beispiel in UK, Norwegen, Schweiz und hoffentlich sehr bald wieder in der Ukraine, wenn das Land wieder aufgebaut werden muss.
  • Na gut, wenn schon keine Europäer, dann nehmen wir halt Lateinamerikaner. Die US-Amerikaner wollen die eh nicht haben und wenigstens sind die in der selben Kirche, und ob wir nun Spanisch nicht verstehen oder Ukrainisch, ist eigentlich auch Wurscht.
  • Wenn die Quellen in Mexiko, Brasilien, Argentinien, nichts bringen, könnten wir ja im „worst case“ … doch vielleicht Inder … statt Kinder … und wenn die hier schon Pizza ausfahren, dann können die doch auch einen Schulbus … im Rechtsverkehr … und Chicken Curry kann man ja auch essen … auch wenn es sich mit Schnitzel nun wirklich nicht messen lassen kann.  
  • Tja, und wenn der Inder nicht will, dann bleiben eigentlich nur noch Syrer, Nord/Zentral-Afrikaner, die kommen von ganz allein. Dem Russen trauen wir nicht über den Weg und der Chinese soll man schön zu Hause bleiben. Bei den Vietnamesen und Thais könnten wir vielleicht noch mal nachfragen, die sind doch immer so nett.

Sagt mal, täuscht das, oder sind wir Deutschen schon ganz schön mäkelig, wenn es darum geht, Arbeitskräfte zu finden? Wenn sie uns schon nicht „Herzlich Willkommen“ sind, dann sollten wir uns besser bald dran gewöhnen, dass sie uns wenigstens „Sachlich Willkommen“ sein sollten.


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8 Kommentare zu „467) Sachlich Willkommen in Deutschland!

  1. Wie recht du mal wieder hast! Wir brauchen halt einfach eine anständige Einwanderungspolitik. Und einen Bürokratieabbau, damit arbeiten wieder einfacher wird, auch für Arbeitgeber. Und Freibier für alle!

  2. Welche Rechnung ist das gleich? Geht die von einem bestimmten gewünschten Wirtschaftswachstum aus? Oder von der Versorgung der alternden Bevölkerung? Wenn man ein durchschnittlich gutes Lebensniveau für alle sichern will, dann sollte Staat sich auf kinderfreundliche Bedingungen, Integration der Zuwanderer (gleich aus welchem Land) und deren Ausbildung kümmern, für dringend benötigte Pflegeberufe und den Umweltschutz und was es da nicht alles gibt, wenn es um das Wohl des Volkes (upps, falscher Begriff) und unser aller Zukunft gehen soll. Wirtschaftswachstum um jeden Preis und mehr Gewinn und Reichtum für wenige? Das ist eine Einbahnstraße und wir sehen wohl immer mehr, wo die hinführt. Leicht gesagt, schwer getan. Ich weiß. Vielleicht hilft ja zunächst auch Freibier für alle, auch die Beamten, damit die sich erst mal entspannen.

    1. Gute Frage, ich habe die Rechnung ja nicht nachvollzogen, aber ich gehe davon aus, dass dort die Demographie, unser Lebensstandard und sicher auf der Konsum eingeflossen ist. All das will bedient werden und wenn die Deutschen weniger Kinder auf die Welt setzen, aber unbedingt gern alt werden wollen, dann ansteht da eine Lücke an Menschen. Von den Finanzen mal ganz zu schweigen. Die Deutschen wissen immer ganz schnell was sie wollen und was sie nicht wollen, passt aber nicht immer zusammen.

  3. Ja, und dann „Willkommenskultur“ – zieh mal vom Saarland nach Niedersachsen. Ich kann mir vorstellen, dass Fachkräfte aus Chennai schnell kehrt. Unser Nachbar VW im HQ Wolfsburg versucht alles, um den Standort dort attraktiv zu machen. Aber selbst aus Karlsruhe will keiner nach WOB.

  4. Bürokratieabbau wäre eine Idee; Staat veschlanken, Verwaltung optimieren, reden doch alle von Effizienz , KI usw. Die 16-fachen Länderstrukturen und die nachfolgenden diversen Anhängsel sind reichlich Potenzial für Arbeitskräfte (sicher auch etlich Fach…dabei); 550 oder 785 Krankenkassen; hunderte Versicherungen usw. …. aber die bleiben lieber wichtig auf ihren bedeutenden Sesseln, ist ja auch besser als „normale“ Arbeit.

    …. denn in hochnäsig-Teutonien sind Fremde meistens nicht wirklich von Herzen willkommen. Man braucht sie als Kulis und Hilfskräfte für die Besser-Menschen mit Leitkultur, so wie Anfang der 60er, als mit dem Mauerbau plötzlich die Arbeitskräfte aus dem Osten fehlen und rasch durch Griechen, Italiener und Türken ersetzt werden mussten.

    … richtig: Kinder machen!

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