499) Der Bildungs-Wurm von PISA

Die Ergebnisse der letzten PISA-Studie sind veröffentlicht und was soll ich sagen, es ist ein Desaster. Muss ich hier nicht ausbreiten, könnt ihr selber nachlesen.

Und ganz schnell sucht man natürlich nach Ursachen, und vergisst dabei schon wieder mal die Lösungsansätze, die relativ einfach umzusetzen wären. 

Corona wird da als Ursache angeführt, ja natürlich und sicherlich sind auch die unerwarteten Zugänge aus Flüchtlingsfamilien nicht gerade förderlich gewesen.

Aber, und zwar großes ABER, man sollte jetzt mal bitte nicht dankbar sein, zwei Ausreden gefunden zu haben, für einen desolaten Basis-Bildungszustand, der auch ohne Flüchtlings-und Viruswelle vermutlich ähnlich bescheinigt worden wäre.

Woher ich die Weisheit nehme?

Ganz einfach, ich höre meinen Kindern zu und frage, was die so den ganzen Tag treiben.

  • Wenn ich höre, wie der Klassenlehrer stöhnt, um eine Klassenfahrt abzurechnen, Stunden und Tage über Papier hockt.
  • Wenn ich erinnere, wie ausführlich sich meine Kinder mit bescheuerten Süßwasserpolypen beschäftigen mussten.
  • Wenn ich sehe, wie mein Sohn gequält wird, Tonleitern, Akkorde und Klaviersequenzen auf Keyboards zu „spielen“.
  • Wenn ich mitkriege, wie meine Tochter im Sportunterricht 5 Minuten „Pranken“ soll, um eine 1 zu bekommen.
  • Wenn ich mitbekomme, wie tot-langweilige Tagesausflüge ins benachbarte Staaken unternommen werden, die Kinder sich dort langweilen, beim LIDL abhängen, erkälten und krank zurückkommen, statt diesen Tagesausflug wenigstens irgendwie sinnvoll zu verbringen, wenn er denn schon sein muss. Es gibt hier durchaus ein paar „ansehnliche“ KZ-Gedenkstätten in der Nähe, das würde immerhin etwas Bleibendes hinterlassen in den jungen Köpfen, statt nur Schnupfen und Ödness.
  • Wenn ich zähle, wie viel Unterricht ausfällt durch Projekttage, Jubiläen, Bundesjugendspiele bei 30 °C und sonstigen Happenings, wird mir nur schlecht.

Nicht falsch verstehen, ich will das alles gar nicht madig machen. Das kann man durchaus tun und den Kindern einen breiten Input geben. Nur wenn’s an den Basics wie Mathe und Deutsch hapert, halte ich das alles für mächtigen Luxus! Wenn es an Lehrern und und an Aufsichtsperson mangelt,  dann sind doch solche Dinge völlig verzichtbar. Die Kinder würden niemals Schaden erlangen, wenn sie davon fernbleiben dürften.

Schickt die Kinder doch nach Hause, gib denen ordentliche Hausaufgaben oder eine vernünftige Lern-Plattform, und dann haben die auch was zu tun und die Ergebnisse werden besser. Aber nervt die doch nicht mit solch einer Beschäftigungsgrütze!

Ihr merkt schon, ich schreibe mich in Rage, aber auch für Eltern ist es extrem nervig, Kinder zu solchem Blödsinn zu motivieren, wenn sie gleichzeitig kapieren müssen, wie man mit Buchstaben rechnet oder einen Aufsatz in Deutsch schreibt!

Deutschland, ein Land, der Dichter und Denker?
Oh, da bin ich mal ganz vorsichtig.

Ein Land der Richter und Bänker?
Schwierig, auch da wäre mindestens mal Mathe und Deutsch von Vorteil

Ein Land, der Lichter und Lenker?
Lenker,… Lenker… so viel zu lenken, gibt’s ja auch nicht mehr, Busse und LKW’s lenken bald von selbst und licht & hell ist der Durchschnitt ja eben auch nicht.

Tut mir leid, viel positiver wird es heute nicht.

PS1: Alle Schreibfehler in diesem Beitrag habe ich mir selber beigebracht 😉

PS2: nach Absenden des Beitrages: ach kiekt mal, so etwas in der Art könnte es doch sein: https://www.zdf.de/gesellschaft/plan-b/plan-b-da-geht-was-deutschland-bildung-schule-lernen-kinder-100.html spätestens bei Teil 3 kriege ich Pfützen in den Augen


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11 Kommentare zu „499) Der Bildungs-Wurm von PISA

  1. Ich habe ja nichts dagegen, dass man nach Gründen/Ursachen sucht. Aber wenn man dann die richtigen (!) gefunden hat, muss man eben auch mal die Ärmel hochkrempeln.
    Ansonsten vielleicht: Land der Stinker und Stänkerer? Ich hoffe mal nicht…

    1. Oh, ein weiteres schönes Wortspiel, find ich auch gut, hoffe aber es kommt nicht dazu.

      Zum Ärmel hochkrempeln kann ich nur zustimmen, denn das ist auch alles nicht neu … irgendwie

      1. Na, jetzt soll’s ja mal wieder viel Geld fürs Bildungswesen geben. Man kann nur hoffen, dass es für Ideen ausgegeben wird, die wirklich zu Verbesserungen führen.

  2. was soll man sagen; es wurde ja auch schon (wieder einmal) „gefordert“, eine Sonderkonferenz einzuberufen, um diese neuen Erkenntnisse zum tausendsten mal durchzukauen.
    >>>> wenn ich mal nicht weiter weiß, bild ich einen Arbeitskreis!

    Estland ist ein gutes Stichwort: in einem Fernsehbericht dazu hörte ich, dass die Kids alle bis zur 9. Klasse dasselbe lernen!!
    Erinnert mich ein bisschen an meine Schulzeit (DDR) 10-klassige polytechnische Oberschule, darunter gab es praktisch nix. Solide Einheitsbildung für ALLE als Sockel, dazu Förderung schwacher und besonders begabte Schüler.
    Die ganze nette, föderalistische, freiheitliche und bunte Vielfalt etwas eindampfen, aber dazu müsste es eine STRATEGIE geben mit entsprechenden deutlichen Veränderungen. Will man das wirklch?
    „Wind of Change“ ist immer nur schön, wenn er woanders bläst.

    dazu ein Interview mit der Bildungsministerin vom Sept.2023:

    https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stark-watzinger-fordert-trendwende-bei-bildung-sprachtests-noch-vor-der-grundschule-sind-entscheidend.e60da03e-b31f-4c54-ac96-c528ccd8d30a.html

    1. Danke Hermann, ja das scheint mir auch vernünftig. Ein breites „Einheits“-Bildungsangebot bundesweit, und dann von mir auch gern noch ein paar besondere Angebote für Nischen-Themen und Hochbegabte. Das sollte reichen und hat ja in der DDR auch nicht geschadet. Aber das will ja keiner hören. Der Bildungsförderalismus hat zwei seine Gründe, aber im globalen Wettbewerb (Bildung, Wirtschaft, Herausforderungen) treten wir aber als „Deutschland“ an und nicht als MeckPomm, Bayern, Thüringen oder NRW

  3. Ich denke, das Bildungswesen steckt in der gleichen Krise, wie der Rest der Gesellschaft auch. Es bildet gesellschaftliche Prozesse ab, Veränderungen in Bildungsansprüchen etc. In meiner Zeit gab es die Diskussion, die Curricula zu verschlanken, um fit für die Ansprüche der Wirtschaft (!) zu werden. Das ist gründlich schief gegangen, der alte Wilhelm Humboldt dreht sich im Grab um. Und übrigens, die Malaise geht an den Unis weiter.

  4. Der Bildungsföderalismus ist für mich völlig absurd: ende der 90er Jahre bin ich berufsbedingt und im laufenden Schuljahr mit 13-jähriger Tochter von Berlin nach Ludwigsburg bei Stuttgart umgezogen; das war für das Mädel anfangs ein Vollkatastrophe und begann gleich mit der Frage: wollen doch mal sehen ob der Realschullevel Berlin überhaupt zu unserem hier passt; nur gut, dass sich einige Kinder gleich um sie gekümmert haben;
    normale sprachliche, traditionelle und kulturelle Unterschiede sind gut und bereichernd, aber wichtige Standards, eben auch in der Bildung, müssen einheitlich sein.

    1. Das verstehe ich alles auch nicht. Wir sollen hypermobil und flexibel sein, und 2023 … ja noch mal in 2023 (!) läuft die „Bundesrepublik Deutschland“ immer noch auf einem Bildungs-Flickenteppich

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