604) Top-Thema Migration ?

Am 06.02.25 trafen Politiker von AfD, BSW, CSU, FDP, Grüne und Linke zum sogenannten „Schlagabtausch“ im ZDF aufeinander. Ich nehme mal an, damit soll den „kleineren“ Parteien die Möglichkeit gegeben werden, ihr Wahlprogramm zu vertreten, während heute Abend die beiden „großen“ CDU und SPD ihre Kanzlerkandidaten ins TV-Duell schicken. Die Worte „groß“ und „klein“ kratzen mir allerdings etwas im Abgang, wenn man sich die aktuellen Umfragen anschaut und damit leider auch die stabile Position 2 für die AfD.

Dass die CSU mit Alexander Dobrindt (Ex-Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastruktur) dabei sein durfte, obwohl sie eigentlich im heutigen TV-Duell über die Union repräsentiert wird, bescherte mir Fragezeichen, aber sei’s drum … man hatte damit immerhin mal einen Mitverantwortlichen für marode Brücken und weiße Flecken auf der Mobilnetz-Landkarte in der Sendung … aber diesen Ball leider nicht gespielt.

Dass das Publikum überdurchschnittlich jung war und bei Statements der Linken und Grünen besonders applaudiert hat, fiel schnell auf. Laut ZDF wurden die Gäste aber nicht gecasted, sondern man habe im Vorfeld der Sendung verschiedene Berliner Institutionen kontaktiert, um die Anreise zu vereinfachen und die Plätze zu füllen. „… unter anderem das J.F.K.-Institut für Nordamerikastudien, Politik- und Kommunikationswissenschaften der Freien Universität, die Hertie School of Governance, die Humboldt-Universität, der Tönissteiner Kreis und die Familienunternehmen e. V.“ (Quelle: zdf.de) Nun, das hätte man auch etwas ausgewogener hinkriegen können. In Berlin gibt es durchaus Berufs-, Polizei- und Fahrschulen, Kasernen und Fußballvereine … das Klatschverhalten wäre sicher anders gewesen.

Aber das sind alles Nebensächlichkeiten. Was mich echt gestört war, dass von 90 Minuten Sendezeit satte 45 Minuten auf das Thema Migration verwendet wurden. 50%! Als gäbe es nicht genügend andere Baustellen, die Aufmerksamkeit verdienen würden. Und es erweckt den Eindruck, dass die Deutschen die Hälfte ihrer Freizeit an nichts anderes denken würden. Und das glaube ich nicht! Ja, das Thema Migration ist nicht einfach, es (über)fordert Finanzen, Sicherheit, Bildung und Wohnwesen, aber es dominiert doch nicht den Alltag! Meinen zumindest nicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich im Kuschel-Bezirk Prenzlauer Berg lebe, der eher für Latte Macchiato und Lastenräder bekannt ist, als für Flüchtlingsheime, mag sein. Aber auch Menschen, die in anderen Stadt-Bezirken wohnen, haben doch vermutlich auch andere Sorgen, die nichts mit den drei Millionen Flüchtlingen zu tun haben.

Wenn ein Zuzug von 3 Mio Menschen unser Land angeblich an den Rand eines „Notstands“ bringt, dann liegt doch die Ursache nicht bei den 3 Mio Gästen, sondern an systemischen Problemen. Es zeigt leider sehr deutlich, dass Deutschland  nicht resilient genug ist, nicht so „erfinderisch“, „zackig“, „pünktlich“, „weltmeisterlich“ wie es sich gern selber darstellt, sondern ziemlich … durchschnittlich.

Wirkt auf mich wie ein Schüler, der gepennt hat, nun droht den Anschluss zu verlieren und ganz unzufrieden mit sich selbst nun die Schuld bei all „den anderen“ sucht, obwohl er insgeheim weiß, dass er mal dringend zur Nachhilfe gehen müsste.

Ja, tut weh, ist aber so.


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11 Kommentare zu „604) Top-Thema Migration ?

  1. Ich habe mir auch wieder einmal die Muehe gemacht das deutsche Fernsehen zu verfolgen. Was man jetzt Brandmauer nennt gibt es wohl schon seit einiger Zeit. Damals gab es noch keine AfD aber die Nachfolgepartei der SED. Diese Partei wurde nach der sogenannten Wiedervereinigung genau so behandelt wie es jetzt bei der AfD der Fall ist. Damals waren die heutigen Linken die Partei der Mauermoerder. Jeder Politiker dieser Partei der aus de neuen Bundeslaendern kam wurde als ehemaliger Angehoeriger der Stasi verdaechtigt. Das hat sich inzwischen geandert. Die Linken praesentieren sich jetzt als das soziale Gewissen der Nation. Das Thema Migration ist fuer die Linken kein Problem. Das war auch frueher kein Problem fuer diese Partei. Anders ist das bei den etablierten Parteien. Die AfD ist mit dem Thema Asylanten gross geworden und die bisherigen Regierungen haben es nicht geschafft Loesungen anzubieten. Ohne ein ueberzeugendes Konzept der Regierungen gleich welcher Art wird man der AfD keine Stimmen wegnehmen koennen. Eine Brandmauer allein wird da nicht ausreichen.

    1. Ja so ist wohl … es gab bereits einige Anläufe in den letzten 30 Jahren, rechtes Gedankengut in die Politik zu bringen (REP, DVU, NPD) … aber diesmal scheinen sie damit Erfolg zu haben … ohne Internet und Social Media hätten sie das nicht hinbekommen

      1. Da haben die Deutschen sicher selbst schuld daran mit ihrem Wahlsystem. Haette Deutschland das britische Westminster System waere wahrscheinlich Niemand von diesen Strategen im Bundestag. Die FDP waere sicherlich nicht vertreten und die Gruenen wahrscheinlich kaum. Man kann es nun einmal nicht allen Recht machen. Die Deutschen sollten endlich aus der Vergangenheit lernen und fuer politische Stabilitaet sorgen. Dazu gehoert der Volksentscheid und das Direktmandat fuer das Parlament. Alles andere macht eine Demokratie instabil.

  2. Migration ist für alle ein Thema, die noch nie migrieren mussten. Von der Weingegend an der Westgrenze hier in die Mitte umziehen zu müssen war teilweise ein Kulturschock, samt Diaspora. Aber zum Glück brauchte ich keine Schleuser, sondern nur ein Umzugsunternehmen.

      1. Geht bzw. ging mir auch so: Ist der Tank voll, Laptop aufgeladen, USB-Sticks dabei, Roaming-Tarife, Dokumente digital etc. Und wie kann ich die Staus auf den Autobahnen umgehen, sagen wir Richtung Südwesten 🙂

  3. Ich möchte mir unser Leben ohne Migranten nicht vorstellen müssen. Was da alles nicht mehr funktionieren würde. Statt rumzudiskutieren wäre vielleicht Anfassen und Problemlösen angesagt – ansonsten werden wir nur noch mehr Probleme kriegen.

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