13) Akteneinsicht: Wenig Kohle und viel Kohle

Ich bin Dänemark, gerade habe ich den Kamin angeschmissen. Mach‘ ich immer so, wenn ich in Dänemark bin. Gehört sich so … und macht mich irgendwie ganz hyggelig. Und dann denke ich hofft an die Mitte der Neunziger Jahre zurück. Mein Azubi-Leben im Berliner Altbau, wenig Kohle auf dem Konto, dafür aber viel im Keller.

Die „Vormieterin“ hat mir die Briketts überlassen, großen Dank noch mal, denn der eine der beiden Außenwand-Gas-Heizer hatte irgendwann den Geist aufgegeben und ich fürchtete auf den Reparaturkosten sitzenzubleiben.

Eine Freundin meiner Großmutter wohnte eine Querstraße weiter, die hatte auch den Keller voller Kohlen, ich müsste sie mir halt „nur“ abholen. Tat ich dann auch, mit Hilfe von Bananenkisten und in meinem viel zu kleinen Anfänger-Auto, waren einige Touren nötig.

Also mangelte es nicht mehr an Kohle und Altholz lag auch genug im Keller, später zersägte ich mit einer Stichsäge eine ganze Schrankwand aus geleimten Press-Holz und emittierte sie in den Berliner Himmel. Sorry, liebe Umwelt, das würde ich heute nicht mehr tun.

Und so lief das dann immer wieder ab. Asche runterschleppen, gebückt in den Keller stapfen, aufpassen dass man sich nicht den Kopf rammelte oder einer Ratte begegnte (… viel Lärm machen). Dann Holz hacken, Briketts halbieren und dann alles wieder hochschleppen, mit Zeitung und Kohle-Anzünder in Brand setzen und warten, bis sich die Wärme langsam im Zimmer verbreitete.

Ein wahrer Genuss war es … aus der Kälte heimzukommen … und sich auf die gusseiserne Abdeckung zu setzen.

Irgendwann platzten die Glasscheiben, die einen Blick ins Ofeninnere ermöglichen und fortan strömte seichtes Kohlenmonoxid durchs Zimmer. Wenn der Stornsteinfeger da war und sein Werk auf dem Dach verrichtetet hatte, hinterließ er eine feine Staubschicht in der Bude. Da ich nun wirklich keinen Bock auf wiederholtes Asche-Putzen da, umwickelte ich beim nächsten Mal das Ofen-Roher an der Nahtstelle zur Zimmerwand mit einem alten Laken. Großartiger Plan, die Wohnung war sauber geblieben, worauf ich wieder den Ofen anschmeißen konnte. Nur 20 Minuten später bemerkte ich, dass das Bettlaken noch immer ums Ofenrohr gewickelt war und Feuer gefangen hatte. Und was tat ich? Ich rupfte das Laken hektisch ab, worauf es wunderbar mit Sauerstoff gefüttert wurde und trug es brennend vor mich her zum nächsten Wasserhahn … nun ja … ich lebe noch und einen Feuerwehreinsatz musste ich auch nicht bezahlen.

Zum Glück auch, denn wie schon gesagt, ich hatte zwar viel Kohle im Keller, aber nur wenig auf dem Konto.


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8 Kommentare zu „13) Akteneinsicht: Wenig Kohle und viel Kohle

  1. Die Berliner Kohle ist schon etwas besonderes. Das erinnert mich an meine Zeit als Gastarbeiter in West Berlin. Einer meiner Nachbarn war Kohlenhandler und der fragte mich ob ich Ihm helfen konnte am Samstag Kohlen auszuliefern. Ich sagte zu und wurde dann mit der Berliner Kohle vertraut gemacht. Da gab es die Briketts aus Borna und aus Senftenberg. Die aus Borna waren fetthaltiger und damit auch besser geeignet fur den Kachelofen. Wer weniger Geld ausgeben wollte kaufte die Braunkohlen aus Senftenberg. Die wurden per Waggon am Guterbahnhof Moabit angeliefert. Danach musste diese Kohlen einfach nur noch ausgeliefert werden. Dafur brauchte man gelegentlich sogar Gastarbeiter wie mich. Das war im Winter 1966/1967 und die turkischen Freunde waren noch nicht angekommen. Schon hatte ich wieder etwas Neues gelernt denn der Beruf Kohlentrager war mir bis dahin unbekannt. Hat aber sein mussen. Die Leute brauchten Kohle und ich hatte mehr DM Kohle in der Geldborse.

    1. Ja Kohlehändler gab’s bei uns im Kiez auch, und Kohleträger die Kiepen voller Kohle in den Keller schleppten oder vor dem Haus abkippten …

      Auf meinem Schulhof befand sich ein riesiger Berg von Kohl, ein gigantischer Spielplatz … bis man vom Hausmeister runtergepfiffen wurde.

      „Ey ihr da, runta von die Kohlen, aber zack zack.“

  2. Was so ein Get-away alles triggert 🙂 Hast Du eine Axt dabei, für Holz aus der Nachbarschaft? Wir hatten damals Holz aus einem genossenschaftlich bewirtschafteten Wald – mussten es aber selber vom Wald bis in den Ofen schleppen, schneiden etc. Hat Dänemark nicht ein Überschuss an Windenergie? Vielleicht hast Du ein Windrad hinterm Haus. Freue mich auf weitere dänische Entdeckungen, viel Spaß. Viele Grüße ins Flachland.

    1. Früher bin ich häufig mit Axt verreist, die hat sich dann sogar im Zelt auf Kopfhöhe… Immer griffbereit. Aber das ist nun vorbei. Ich kämpfe mit Worten.

      Grüße aus… Bald… Kopenhagen

  3. Oh ja, Kohle-Asche-Säg-und-Hack-Abenteuer hätte ich auch noch das eine oder andere auf Lager.

    Beispiel: Mein Vater bestand darauf, dass die Kohlen im Keller fein säuberlich an der Wand entlang gestapelt wurden. Was sollen denn sonst die Nachbarn denken. Da es meine Kohlen waren, musste ich es machen. Ich war damals im 6. Monat schwanger und schon ganz schön umfangreich…

      1. Stimmt ***lach*** Diese länglichen Kohlen waren ein wenig gebogen und kamen in Löffelchenstellung in stabile Seitenlage 😉 Kann sich wohl heute kaum noch jemand vorstellen.

      2. Ja genau, und auf dem Boden sollte vorn am besten eine Leiste oder schmales Brett liegen, damit die Wand aus Kohlen, eher in Richtung Keller-Wand neigt und nicht in den Raum

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