724 ) Blick auf die Uhr

Uhren gehören vermutlich zu den meist betrachteten Objekten der Neuzeit. Jeder hat gleich mehrere im Umfeld oder weiß zumindest, wo die nächste zu finden ist. Vielleicht nicht auf den abgelegenen Inseln der Andamanen oder Papua-Neuguineas, aber selbst die Menschen dort haben irgendeine Art von „Uhr“, sei es der Mond, die Sonne oder die Gezeiten. Auch wenn sie kein Netflix haben oder um 5:30 Uhr den Bus kriegen müssen, werden sie doch wahrscheinlich ihren Tag mit bestimmten Zeitimpulsen strukturieren.

Tja, und dann schauen wir also alle mehrere Dutzend Male am Tag auf Uhren, ganz beiläufig, nur eine kleine Bewegung aus dem Handgelenk oder dem Augenwinkel. Die Gründe und Emotionen, die damit einhergehen, sind jedoch völlig verschieden.

  • Da wird ein Kleinkind zur Mittagsruhe verdonnert, schaut alle paar Minuten auf die große Uhr am Swimmingpool und wartet darauf, dass die Kinderanimation endlich wieder öffnet.
  • Ein Vater packt das Nötigste ins Auto und wirft einen Blick auf die Tacho-Uhr, denn nur noch eine letzte Fähre wird die Insel vor dem großen Sturm verlassen.
  • Eine Raucherin sitzt auf Platz 14A und starrt auf die Anzeige im Sitz vor ihr. Von sechs Stunden Flugzeit ist erst eine Stunde geschafft.
  • Ein Manager wacht nachts auf, geht ins Bad, wirft einen Blick auf die Uhr über dem Spiegel und kriecht mit einem Lächeln wieder unter die Bettdecke.
  • Ein Paar steht verliebt am Bahnhof; bald werden sie für längere Zeit getrennt leben müssen. Sie klammern einander, schmusen und zwischendurch wandern ihre Blicke immer wieder hoch zur Bahnhofsuhr.
  • Eine Abiturientin sitzt über viel Papier gebeugt und blickt auf die Uhr über der Tür. In wenigen Minuten wird die Aufsicht die Prüfungsblätter einsammeln.
  • Eine Astronautin sitzt festgeschnallt an der Spitze einer Rakete. Der Countdown läuft, unter ihrem Sitz beginnt ein heftiges Vibrieren.
  • Ein Patient tritt aus der Klinik, schaut auf die Uhr und atmet tief aus. Er war am Morgen mit größter Angst gekommen und geht nun erleichtert nach Hause.
  • Eine Großmutter lehnt am Fensterbrett und sieht zur Kuckucksuhr hinüber. Morgen sollen die Kinder zum Kaffee kommen.
  • Eine Musikband gibt ein Abschlusskonzert, klitschnass und erschöpft. Das Stadion tobt. Der Drummer hebt die Sticks und eröffnet den letzten Song der Tournee.

Jeder schaut anders auf die Uhren und was die Menschen dabei letztlich empfinden, können wir nur erahnen … und wir können uns auch täuschen.

PS: Titelbild via ChatGPT

 

75) Abseits – Vol 3

Noah aktiviert die automatische Antwort, die von nun an jedem Absender geschickt werden würde, der ihm in den nächsten Wochen eine E-Mail schreibt. Er fährt den Laptop herunter und klappt den Deckel zu. Ein wenig brummt das Gerät noch nach, dann aber verstummt der Lüfter im Inneren und es ist endlich Ruhe. Das Headset hängt er an einen improvisierten Nagel in der Gipswand. In diesem Moment denkt er an ein Sprichwort.

Er atmet einmal laut ein und aus, greift die Henkel der kleinen Reisetasche, in der er am Tag zuvor ein paar Dinge zusammengepackt hatte.

Wechselsachen, Reisepass, Kreditkarten, Notizbuch, ein paar Kabel … alles Andere würde sich unterwegs ergeben.

Er lässt die Tür hinter sich ins Schloss fallen, ruft den Aufzug, betritt die leere Kabine und stellt sich vor den zerkratzten Spiegel. Der Aufzug setzt sich in Bewegung und Noah schaut sich in die Augen. „Soll ich das wirklich machen?“ fragt er flüsternd. Das Gesicht im Spiegel scheint zu nicken.

Unten auf der Straße wartet ein älterer VW-Bus, den er sich für die nächsten Wochen geliehen hat. Er ist vollgetankt und ein dicker Europa-Atlas liegt auf dem Beifahrersitz. Hinten gibt es eine höher gelegte Pritsche, darunter Stauraum für Vorräte, Getränke und Material. Kein Luxus, aber genauso, wie er es sich immer vorgestellt hat. Mehr braucht er nicht.

Er nimmt hinter dem Lenkrad Platz, steckt den Zündschlüssel und bittet den Anlasser, das zu tun, wofür er geschaffen wurde. Nach etwas Meckern springt der Bus an und scheint auf weitere Anweisungen zu warten. Auf das Betätigen von Hebeln und Pedalen oder das Drehen am schwergängigen Steuer. Aber Noah zögert, denn eine Frage ist noch unbeantwortet, seit dem Moment, als er sich diese Fahrt in den Kopf gesetzt hatte.

„Wohin eigentlich?“

Egal.

Er verlässt die Parklücke, folgt der Ausfallstraße hinaus aus der Stadt und dem Schild „Alle Richtungen“. Dann fährt er auf einen vierstrahligen Kreisverkehr zu, orange Blinklichter lassen eine Baustelle vermuten. Der Kreisverkehr ist aber befahrbar, nur haben sie alle Richtungsanzeiger entfernt. Noah fährt in den Kreis ein, dreht ein paar Runden und verliert schnell die Orientierung. Ein klappriger Kompass auf dem Armaturenbrett dreht sich eifrig und kommt kaum hinterher. „Hier?“ „Oder besser hier?“ murmelt Noah vor sich hin.

Egal.

Noah umklammert das Lenkrad, schließt die Augen, zählt langsam von 10 auf 0 herunter, öffnet die Augen wieder und nimmt die nächste Ausfahrt.

Kurz darauf empfängt er eine Nachricht von Nuomi.

Yumi: Wo bist du?
Noah: Auf der Straße.
Yumi: Und wohin geht‘s?
Noah: Mal sehen.

<— Abseits – Vol 2

PS: Titelbild via ChatGPT

694) Ganz dicht dran an der Traumhütte

Wie sieht meine Traumhütte wohl aus? Zehn Zimmer, Swimmingpool, Terrasse, Billiard und Privat-Kino? Auf keinen Fall.

Hier auf Langkawi, habe ich gerade eine Hütte gefunden, die meinem Geschmack schon sehr nahe kommt. Zumindest für eine gewisse Zeit.

Ein Restaurant bildet dabei die Zentrum des Geländes, luftig, ohne Seitenwände, mit Palmenblättern auf dem Dach, ein Propeller (Fan) an der Decke tut sein drehendes Werk, aus den Boxen blubbert ein Reagge, sonst völlig zwangloses Geschehen, rings herum strotzt es nur so vor grün.

 

Drei oder vier zweigeschossige Hütten stehen drum herum. Aufgesetzt, auf Beton-Stehlen, die Wände mit roten Ziegeln gemauert. Zu jeder Hütte gehört eine kleine überdachte Veranda und Sitzmöbel aus Holz. Nicht dieses furchtbare Plastik-Stapel-Sitz-Zeugs oder Press-Span aus Schweden, sondern Vollholz. Man sieht, dass es von Menschen gemacht wurde, man kann es anfassen, man spürt dessen Furchen und Unebenheiten ich mag das.

Die Wände innen wurden nur grob verputzt, keine Tapete, sondern nur etwas Farbe mit einem Schwamm oder öder ähnlichem verwischt, dann drüber lackiert. Die Türen, Ablagen und Schränke sind aus dunklem Holz im „used look“, die Beschläge aus angelaufenem Messing. Der Fußboden ist weiß gefliest, angenehm kühl, meine Hütte kommt ohne parasitäre Teppiche aus. Eine Anrichte aus dunklem Holz, ein Wasser-Kocher, Kaffee und Tee und hinter der Holztür dezent versteckt ein Kühlschrank, der groß genug ist und nachts nicht brummt.

Hier und da gibts einen Spalt, groß genug für einen Gecko, der zu Besuch kommt, aber zu eng für anderes Getier. Einzelne cholorierte Glasscheiben lassen Tageslicht hinein, halten die Sonne aber sonst draußen.

Ein großes Bett steht im Zimmer, auch aus dunklem Holz gefertigt, auf ihm eine feste Matratze, zwei prall gefüllte Kissen und weiße Bettwäsche, darüber ein Fan und eine Klimaanlage.

Das Bad ist geräumig, die Dusche Open Air. Man kann beim Duschen in den Himmel gucken. Hier und da sind handgefertigte Fliesen in die Wände eingelassen, Bambusstangen bilden Duschstange und Handtuch-Halter. Da wo das Holz ein paar Astlöcher hat, wurde Toiletten-Papier reingestopft. Ein großes, weißes Waschbecken, auf einem Waschtisch, ein Spiegel oben drüber und eine müde Lampe … reduced to the max … mehr brauche ich nicht.

Sollte es mal regnen, was es ja im August durchaus tut, dann tappert man einfach barfuß raus auf die Wege und Straßen, platscht in die Pfützen, schaut Richtung Himmel und entscheidet … vielleicht doch noch etwas unter dem Palmendach sitzen zu bleiben. Ab und zu schaut eine Katze nach dem Rechten, oder ein „Squirrel“ hüpft von Ast zu Ast.

Draußen auf der Straße steht ein VW Bulli, Rechtslenker, er gehört wohl dem Chef.

Jetzt bräuchte man eigentlich nur die Schlüssel und man könnte eine Runde drehen 😉

691) Stutzmomente – 3

Auf gehts in die dritte Runde, denn wenn man erst einmal auf sie achtet und diese Momente schnell notiert, dann werden es schnell mehr.

Kennt ihr das? Ihr lest im Vorbeigehen ein paar Worte oder ihr schnappt einen gesprochenen Text aus den Medien auf und dann denkt ihr, ihr hört oder seht wohl nicht richtig. Als hätte man was auf den Ohren oder Dreck auf der Brille. „Das haben die doch jetzt wohl nicht im Ernst gesagt, oder.“

Hier also die Fundstücke seit Veröffentlichung von >Stutzmomente – 2 aus April 2025.

Ich denke, die meisten erklären sich von selbst, nur bei einzelnen werde ich nachhelfen.

Ick‘ seh‘ wohl nich‘ richtig:

  • Unterordnung ist das halbe Leben
  • Vereinsschweine sammeln, Sportvereine unterstützen
  • Berücksichtigung von Kindern und Ekelkindern
  • Notarzttermin hat geklappt, sitzen beim Griechen am Wasser – Prost (Nachricht aus der Familie, es ging um einen Termin beim Notar)

Ick‘ hör‘ wohl nich‘ richtig;

  • Punkte sammeln und helfen, einen Moabiter zu beleben (es ging um ein Moor, nicht um einen Bewohner aus Berlin Moabit)
  • Der Artikel befindet sich hinter der Bezahl-Schlampe
  • Das ist der wichtigste Brei der Games-Branche (es ging um eine Ehrung)
  • Erwartet sie ein schöner Sommertag, mit leichter Krise
  • Auf dem Konzert beim Parkfest hatte er eine Rassistin und einen Drummer dabei
  • Die Kapitänin, wird auch nach der Verletzung weiter für das Team da sein, wenn auch ohne Bänder (es ging um die Kapitäns-Binde)
  • Das Institut für Eitersfragen hat veröffentlicht, dass (es ging ums Alter … mhm …)
  • Die deutschen Schulen sind in diesem Jahr bereits auf 30.000 € pro Kopf gestiegen

Nett oder?

PS: Titelbild mit Hilfe der WordPress-KI

621) Stutzmomente – 2

Auf gehts in die zweite Runde. Kennt ihr solche Momente? Ihr lest im Vorbeigehen ein paar Worte oder ihr schnappt einen gesprochenen Text aus dem Radio auf und dann denkt ihr, ihr hört und seht wohl nicht richtig. Als hätte man was auf den Ohren oder Dreck auf der Brille. „Das haben die doch jetzt wohl nicht im Ernst gesagt.“

Seit >Stutzmomente – 1 im Dezember 2024 habe ich schon wieder einige aufgeschnappt. Zum Glück geschieht das nicht in Tagen, denn sonst müsste ich wohl mal zum Augen-und Ohren-Doc. Ich denke die sind weitestgehend selbsterklärend, also gebe ich keine Tipps. Schafft ihr schon 😉

Ick‘ seh‘ wohl nich‘ richtig:

  • Verbindung zur Notdurftzentrale wird aufgebaut
  • Halbe Sachsen bei Messerverbotszonen bringen nichts
  • Stattdessen gibt es Ersatzverkehr mit Russen
  • Reisespass der Bundesrepublik Deutschland

Ick‘ hör‘ wohl nich‘ richtig

  • der häufigst genannte Grund für Zwangsräumungen sind Schulen
  • nach den tödlichen Schissen in Baden Würtemberg
  • bei dieser schmierigen Aufgabe
  • 89 % der Neuzulassungen sind eh Autos
  • Ausbildungsberuf des Verspannungsmechanikers
  • Entwickelt sich zwischen den beinen ein entspannter Dialog

Und? Gut?

PS: Titelbild mit Hilfe der WordPress-KI

590) Der pink-woke Weihnachtsbaum

Nachdem der Weihnachtsbaum zwei Wochen lang nur elektrisches Licht trug, sonst keinen weiteren Schmuck, ging es nun in die nächste Ausbaustufe. Der Baum gibt sich dieses Jahr ganz divers, multikulti, vegetarisch, schrill, animalisch … fruchtig. Ein Flamingo im Minirock, ein Elch in Ballett-Schuhen, ein pinker Kugelfisch mit Kussmund, ein quietschgrüner Kaktus, ein adipöser Mops auf einer rosa Decke, eine Ananas in ungemütlichem rosa und ein Hotdog, wobei mir bei dem noch nicht klar ist, ob der Dog wirklich ne Wurst ist oder ne Paprikaschote sein soll. Und mehr davon. Stück Melone (rosa natürlich), Sneakers (auch rosa … wat sonst) und ein Elefant (lila-grün … immerhin). Da fühle ich mich als weis(s)er mittelalter Endvierziger schnell ausgeschlossen. Früher … ja … früher, da hing hier vielleicht noch ein Miniatur-Laptop am Baum, ein Flugzeug, ein Rennwagen, ein Fußball oder was zum Naschen. Aber nun ein Potpourri aus Zoo und Obstplantage.

Und nich‘ mal Lametta. Nich‘ ein Streifen.

Ich muss nachverhandeln.

Familienausschuuuuuuuuuusss!

Nachtrag 17.12.24 20:26 Uhr:

Auf speziellen Wunsch von Anke, hier nun ein Foto der/die/des adipösen Mops:es:in:… weißtschondings

LG nach Norditalien … wat‘ hängt‘n bei euch an‘er Tanne?

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589) Stutzmomente

Kennt ihr solche Momente? Ihr lest im Vorbeigehen ein paar Worte oder ihr schnappt einen gesprochenen Text aus dem Radio auf und dann denkt ihr, ihr hört und seht wohl nicht richtig. Als hätte man was auf den Ohren oder Dreck auf der Brille. „Das haben die doch jetzt wohl nicht im Ernst gesagt.“

Wenig später löst sich das dann auf und ist dann, für mich zumindest, lustig.

Ich habe ChatGPT befragt wie man dieses Phänomen nennt: „„Double-take“ ist im Englischen ein geläufiger Begriff und bezeichnet den Moment, wenn man etwas zweimal überprüfen muss, weil es beim ersten Mal seltsam und überraschend wirkt. Im Deutschen gibt es dafür kein direktes Pendant, aber Ausdrücke, wie „nochmal hinsehen“ oder „stutzen“ beschreiben ähnliche Momente.“

Und da es ja hier bei T.ipping-Point oft um kleine Momente mit irgendeiner Wirkung geht, nenne ich die den Beitrag „Stutzmomente“, Fortsetzung nicht ausgeschlossen.

Hier die Stutzmomente aus den letzten Wochen. Für die meisten Momente liegt die Auflösung auf der Hand, aber ich schreib sie mal trotzdem dahinter, da das nicht in allen Fällen so klar ist.

Ick‘ seh‘ wohl nich‘ richtig:

  • modernes Badezimmer mit Erdbeben (… Erdboden)
  • Kariesmesse (… Karrieremesse)
  • Wehrersatzpflicht für einem Aida Gutschein (… Wertersatzpflicht)

Ick‘ hör‘ wohl nich‘ richtig

  • Dreifaltigkeitsküche in Berlin (… Dreifaltigkeitskirche)
  • Gesundheitsminister Lauterbach spricht von Antiidiotika (… Antibiotika)
  • der Hauptgeschlechtsführer (…Hauptgeschäftsführer
  • Raucherschutzprojekte (… Verbraucherschutzprojekte)
  • hat die Zahl der Asylanträge den tiefsten Wert seit 200 Jahren erreicht (… zweieinhalb)
  • blockiert ein liegengebliebenes Auto die Schandspur (… Standspur)
  • Leichenteile auf der Fahrbahn (… Reifenteile)

Habt ihr solche Momente auch? Bitte um Input, dann würde ich die Besuche bei HNO-Schlosser und Augen-Klempner nochmal vertagen.

PS: Titelbild mit Hilfe der WordPress-KI

564) Da wo sich Fuchs und Krähe Guten Morgen sagen

Heute Morgen traf ich beim Joggen mal wieder auf einen Fuchs, diesmal schlich er sich aber nicht im halbdunkel um die Häuserecken, sondern saß kackfrech auf dem angrenzenden Fußballplatz am Mittelkreis, vor ihm fünf Krähen. Ein seltsamer Anblick.
Was geschieht da? 

  • Wählt der Fuchs sein Frühstück?
  • Hecken die Krähen einen Plan aus, wie sie den Fuchs gemeinsam ärgern können?
  • Studieren die Tiere einander, um auszuloten, wer hier die Oberhand hat?
  • Arbeiten sie ein Plan aus, wie sie den Hausmeister ärgern können und den Fußballplatz komplett übernehmen?
  • Ist das ein Vorbote des Weltuntergangs, kommen die Tiere nun aus dem Wald in die Stadt (so wie im Film „Leave the world behind“?

Da ich nicht ganz sattelfest in der Zoologie bin, habe ich noch mal etwas recherchiert

Krähen gelten als intelligent, anpassungsfähig, sozial, mutig, mystisch und neugierig. Füchse hält man für schlau, geschickt, anpassungsfähig, unabhängig, trickreich und faszinierend.

Ein, zwei Runden später waren die Krähen alle weg, nicht mehr zu sehen, aufgefressen ….? und der Fuchs machte sich auf den Weg in Richtung Leichtathletik-Anlage … zu mir.

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Trotz Gitter zwischen uns, habe ich aber mal ein Zahn zugelegt und bin ganz flott nach Hause geflitzt …

66) Abflug

Nach der freitäglichen Satire-Sendung leerte Noah sein Weinglas und tappte ins Bad. Manchmal wusste er nach solchen Sendungen gar nicht mehr, ob er lachen oder weinen soll. Er setzte sich aufs Porzellan und ließ die vergangene Arbeitswoche vorbeiziehen. Dabei schaute er sich erst auf die Füße, dann auf den fusseligen Badvorleger vor ihm. In der Matte regte sich etwas. 

Mhm, was ist das? Ein Tierchen? Eine Fliege? Der Wein?

Sitzend beugte er sich nach vorn, fummelte durch die Fransen der Matte und auf einmal saß ein Marienkäfer auf seinem rechten Zeigefinger. Sofort kamen Erinnerungen aus der Kindheit hoch. Schöne Erinnerungen. Bei Marienkäfern galt es immer, die Punkte auf dem Rücken zu zählen und sie dann freizulassen. Noah grinste und wollte dieses Ritual umgehend durchführen. 

Nur gab es ein Problem. 

Er saß ja noch auf dem Porzellan. Um das bodentiefe Badfenster öffnen zu können, müsste er sich vom Klo erheben und es wäre auch angebracht, die Hose hochzuziehen, schließlich brannte im Bad das Licht und draußen war es stockdunkel. Nur saß auf dem rechten Zeigefinger immer noch der Käfer und für das anstehende Befreiungsmanöver wären freie Hände von Vorteil. Zumindest mal die rechte Hand. Also bugsierte Noah den Käfer auf die linke Hand, befreite sich vom Klo und zog improvisiert die Hose hoch. Dann öffnete er das Fenster, senkte die linke Hand in Richtung des Geländers, in der Hoffnung der Käfer würde es sich dort bequem machen oder von der Brüstung abfliegen. Aber nein. Egal was Noah anstellte, der Käfer lief immer wieder aufwärts in Richtung Handrücken. Was tun? Könnte er ihn von da oben vielleicht sachte „wegschnipsen“? Schließlich kann er fliegen, aber wer möchte schon Freitag 23:00 vom fünften Stock geschnipst werden?

Der Käfer witterte wohl die Gefahr, machte einen Satz zurück uns Bad und landete auf dem Boden. „Na toll. Das Badfenster steht sperrangel weit auf und ich robbe hier im Flutlicht auf allen Vieren über den Boden, um diesen Käfer zu retten“, dachte er sich. Egal. Noah nahm ein Blatt Toiletten-Papier, schob es vorsichtig unter den Käfer und trug ihn ohne so wieder an die Brüstung. „Los flieg“, sprach er zu dem Käfer. Der aber machte keine Anstalten abzuheben. Noah manövrierte das Papier an die weiße Fassade des Hauses, der Käfer wechselte tatsächlich an die Hauswand und hielt dort kurz Inne. „Jetzt aber Ablug Kleiner, ich will ins Bett“. 

Der Käfer nickte dankend und flog ab.

Noah schloss das Fenster, schaltete das Licht ab und beendete den Tag mit einer Liedzeile.

„Ich wär so gern mitgeflogen“

518) Lakshmi

Meine Zeit in Süd-Indien läuft ab, die Fluggesellschaft wies mich bereits auf meinen anstehenden Abflug hin. Umso wichtiger, dass ich eine kleine Geschichte von hier veröffentliche, nicht aus dem grauen, kalten Berlin. Die folgende Story hat sich genauso hier ergeben, es wurde nichts hinzu- oder weggedichtet.

In der Region Thekaddy hatte ich die Gelegenheit, seit verdammt langer Zeit mal wieder, auf einem Elefanten zu reiten. Wie steuerten eine Elefanten-Park an, aber die Straße war gesperrt, so dass wir einen alternativen Anbieter suchen mussten. Fanden wir auch.

Dort ging ich zum Counter und sagte so etwas wie „Hello … ich jetzt hier … bitte einmal reiten“ …  dann sagte der Herr am Counter .. „Yes Sir, du jetzt hier, der Elefant benötigt aber zwei Piloten.“ Misst, ich war allein.  Also musste der Fahrer herhalten. Er zierte sich, war etwas  ängstlich, er hätte das noch nie getan, aber ich überredete ihn und übernahm den Eintrittspreis. Die Elefantendame, die uns trug, wurde uns mit dem Namen „Lakshmi“ vorgestellt und hatte auf dem Rüssel eine besondere Blässe.

Im Anschluss schickte ich ein Foto an >meinen Inder“ und es entwickelte sich folgender Wort-und Gedankenwechsel (Auszüge):

Er: „This is the exact spot I clicked the picture some years ago“ … „If I have elephant‘s memory … the elephant name is Lakshmi.“

Ich: Schluck. Lakshmi? Gut, da mag es viele Elefanten geben in Indien mit diesem Namen. Schließlich ist Lakshmi die hinduistische Göttin des Glücks, der Liebe, der Fruchtbarkeit, des Wohlstands, der Gesundheit und der Schönheit. Welche Elefant:In will da nicht gern Lakshmi heißen?

Ich: „Can it be the same elephant lady?“

Er: „The pattern on the trunk looks similar to me“

Ich: „Can you remember the place you met Lakshmi?“

Er: „Thekaddy“

Ich: „Shit … it must be the same … let me send the position“ … ich schickte einen Link von Google Maps

Ich: „Don’t know what to say this moment, but it seems that we met the same elephant here in this area“

Er: „Took just couple of seconds for me to recognise as soon as you sent first picture. I was there on 1st April 2017.“

Verrückt …