207) Corona-Lektionen 87



In die positiven Entwicklungen in der vergangenen Woche, platzt nun der nächste Skandal. Die privaten Test-Center, die wie Pilze aus dem Boden gewachsen sind und Schnelltests anbieten, können die 18 EUR Aufwandsersatz pro Test abrechnen, ohne entsprechende Belege einzureichen. What? Sonst wirft man Deutschland vor, oberbürokratisch zu sein und nun prüft man … gar nichts? Oberster Grundsatz in der Buchhaltung lautet „Keine Buchung ohne Beleg“. Und die Center können (heißt nicht, dass alle das machen) abrechnen was sie wollen? Das kommt einer Veruntreuung von Steuergeldern bei gleichzeitiger Ermunterung zum Betrug nahe. Ich meine, man muss ja nun nicht gleich wieder ein Mega-Prüf-Monster erfinden, aber der Betreiber eines solchen Centers könnte doch mindestens dazu aufgefordert werden, die Rechnung/Lieferscheinnummer für die Test-Kits beizulegen. Da kann man immer noch bescheißen, ja klar, aber ich lass doch auch nicht die Tür meiner Wohnung offenstehen, um mich dann zu wundern, dass sie ausgeräumt wird. Das ist dilettantisch und hat rein gar nichts mit der „der so unverhofften und nie gekannten Pandemie-Situation“ zu tun.

Hellblau
Gerade eben habe ich mir noch einmal auf die Corona-Karte von Berlin geschaut. Unser Stadtbezirk erstrahlt da in einem ganz zarten himmelblau. Die Einfärbung ist so schwach, ich muss bald mal die Kontrasteinstellungen am smarten Gerät verändern, damit ich das überhaupt noch erkennen kann. Und auf diesem hellblau protzt eine superschlanke 18,3. Zum Glück sind es nicht die Wahlprognosen der AfD, sondern unsere 7-Tage-Inzidenz. So schön wie das klingt, so zögerlich bin ich aber auch, gleich in Euphorie zu verfallen. Keiner rennt vor Freude auf die Straße, keiner zündet Raketen, keiner liegt sich freudeheulend in den Armen. War’s das? 

Ich traue dem Frieden noch nicht. 

Vielleicht macht das Biest nur Sommer-Pause?
Schönen Sonntag
T.

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168) Corona-Lektionen 64

Schon 45 Wochen im Office! Törrööööööö“. I made it. Well done.  Tschakka. Das Modem glüht, ich verlasse die Online-Meetings schon gar nicht mehr, denn dann muss ich mich beim nächsten Mal auch nicht mehr einwählen. Spart Zeit.

Ein paar Gedanken aus der letzten Woche:

Homeoffice:
Am Montagmorgen stand ich im Badezimmer, schaute zerknautscht in den Spiegel und hörte bei der Zahnpflege wie immer die Nachrichten. Stau auf der B2 nach Berlin, Stau am Potsdamer Platz, Stau hier und da. Gab es nicht eigentlich einen eindeutigen Aufruf der Politik, vermehrt Homeoffice anzubieten? Wie kann denn da eigentlich ein Stau entstehen? Das, was mir so langsam auf die Ketten geht, ist bei anderen Firmen immer noch Sience-Fiction. Den Arbeitnehmer ohne Aufsicht zu Hause arbeiten lassen? Au weiha. Wie schlimm. Der pult bestimmt den ganzen Tag an den Fußnägeln oder glotzt Netflix. Liebe Arbeitgeber dieser Kategorie: Wenn ihr so denkt und mir dann einen Headhunter auf den Hals hetzt, vergesst es. Ich werde nie und nimmer bei euch anheuern. Nie! Spart euch Anrufe und e-mails.

Wortwahl:
Beim Online-Tagesspiegel sah ich neulich einen Aufmacher mit dem Titel „10 Überlebenstipps von Erzieherinnen: Wie Sie im Homeoffice mit dem Kind den Lockdown überstehen.“ Also beim Tagesspiegel werde ich auch nie arbeiten! Erstens falsch gegendert, zweitens überhaupt nicht zielführend und drittens völlig überdreht. Aber auch das eigentlich von mir sehr geschätzte „Heute Journal“ sprach von „Folterwerkzeugen“ der EU gegenüber AstraZeneca. Muss diese Wortwahl sein? Ist die Lage nicht schon angespannt genug? Also to do-Liste öffnen und neuen Eintrag aufnehmen. „Brief an ZDF schreiben.“

Selbsttests:
Ach wie wäre es schön, sich selber zu Hause testen zu können, ohne sich so ein Stäbchen bis an die Schädeldecke zu schieben, oder? Man arbeitet wohl dran und ich glaube das wäre ein riesiger Fortschritt. Du stehst morgens auf, schmeißt die Kaffee-Maschine an, tappst dann ins Bad und machst einen einfachen Test. Für Laien. Super. 

Aber jetzt stellt euch mal vor, man hätte eine App entwickelt, die Speichel auf Viren analysieren kann. Und die einzige Stelle auf dem Handy, die einen Sensor hat, ist der Home-Button. Glücklich sind die, die noch einen Home-Button haben;-) Und dann verlangt die App, man solle jeden Morgen beherzt … also von ganz unten … Speichel … ihr wisst schon … hervorbringen … und dann … treffgenau … auf den Home-Button … auftropfen … lassen.  Mindestens fünf Milli-Liter. Oaaaah. Was für ein Bild. Großartig. Mehr davon! Like it!

Ich nehme Wetten an, ob die Menschen so weit gehen würden 😉

PS: Bei der Gelegenheit sei meine Reihe SmartVid-20 empfohlen, die ich im ersten Lockdown Anno 2020 schrieb. Lest selbst.

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