126) Postkarte vom Kap

Ich sage nicht welches Kap, bin ja nich‘ blöd. Hier ist herrlich Ruhe und das soll mal bitte noch ein paar Tage so bleiben.

Auf Insel-Office bin ich mal wieder, jawoll.

Warum schon wieder?

  • Weil mein Job nur WiFi, PC und Headset braucht,
  • Und mir mein Brötchengeber das ermöglicht.
  • -> BIG THANKS (kann man ja echt mal sagen).
  • Weil letzter wirklicher Urlaub im Oktober.
  • Weil Bedürfnis nach Tapetenwechsel.
  • Weil kein Bock auf Hitze in der Stadt.
  • Weil ich das mag, total, und wieder.

„This is the end of the world as we (I thought to) know it“, kann ich als Ost-Berliner Pflanze vor mich her singen. Weiter nördlich kommt nix mehr, nur noch 60 km Wasser und dann Schweden und das teure Bier.

Die wenigen Einheimischen hier sind nordisch „nett“ und wortkarg. Kein Wunder, hier triffst‘de kaum einen. Touristen sind nur wenige am Tage da, dann hauen die wieder ab. So isses gut.

Am besten ist es 06:30 Uhr zum Joggen. Kühl, kein Schwein, kein Hund … vielleicht ein paar Hasen.

Caspar David arbeitet auch hier und ist jeden morgen vor Ort. Der macht weniger digital mit Computer, mehr analog mit Pinsel. Für ein Selfie ist er immer zu haben.

Und der Osten scheint im Westen angekommen … oder eher anders herum. Schilder, Schilder, Schilder. Warum? Für wen?

Manch Projekt erzählt von Träumen, von Auf-und Abstieg … fast wird es wieder politisch …

… aber nee, ich möchte schließen mit zwei Bildern, die für mich der Inbegriff für Mecklenburg Vorpommern, Brandenburg … Heimat sind.

Welcome home.

Schön.

59) Abseits – Vol 1

Noah setzte den Blinker, ging vom Gas und verließ die Route 60 in Richtung Peck Lake. Er folgte der abschüssigen Schotterstraße zum ausgeschilderten Parkplatz. Nur noch wenige Meter waren es zu dem Platz, den er sich ausgesucht hatte. Er hätte fast jeden Platz haben können, denn einsam und ruhig war es hier. Nur knirschender Kiesel unter den Reifen war zu hören, das leichte Brummen des Mietwagens und ein Album von Springsteen, was schon die ganze Fahrt in Endlosschleife lief.

Er stellte den Motor ab und warf einen Blick auf sein Telefon, als er es aus der Mittelkonsole in die Hosentasche verfrachten wollte. „Kein Netz“. Herrlich. Für die Dauer der Wanderung gab es also keine Möglichkeit, gestört zu werden. Nicht mal einen Notruf könnte er hier absetzen. Und wenn schon. Bevor es losgehen konnte, musste Noah noch eine unangenehme Sache tun. Das Auto verschließen, was leider nur mit einem Druck auf die Fernbedienung ging und jedes Mal mit einem Hupton quittiert wurde. Nervig und unpassend. Hier allein in der Stille. 

Er ging los und folgte dem Weg um den See herum. Die Strecke war nicht allzu anspruchsvoll, so konnte er nebenbei ein paar Gedanken schweifen lassen. Auf der Hälfte der Strecke traf er einen Mann in Uniform. Ein Park Ranger offensichtlich. Noah hatte eigentlich keine große Lust auf Konversation in der Einsamkeit dort. 

Aber er gab sich einen Ruck und sprach den Mann an:

Hey, how are you?
May I ask, what do you do here every day?

Oh, thanks, I am great. Couldn‘t be better.
Taking care of this and that. Every day.
And what do you do regularly?

Noah kam ins Grübeln.

Mhm. Actually, I do more or less the same as you do.
Taking care of this and that. Every day.

Oh, that sounds great, erwiderte der Ranger.

Noahs Blick schweifte über den See.

Well … actually … I would … , stammelte Noah, brach ab und blickte zurück zum Ranger. Der Ranger war weg.

Eine weitere Stunde später war Noah zurück am Auto. Er drückt die „Öffnen-Taste“ der Fernbedienung, der Wagen hupte nicht, denn das tut er nur beim Verschließen.

Er startete den Wagen, das Springsteen-Album setzte automatisch fort. 

„The road is long and seeming without end
The days go on, I remember you my friend
And though you’re gone and my heart’s been emptied it seems
I’ll see you in my dreams“

Noah fuhr die Route 60 weiter in Richtung Osten.
Beim Abzweig Source Lake und Bruce Lake setzte er den Blinker und ging vom Gas …

421) Kommunikation

Was wurde über Kommunikation nicht alles schon gesagt und geschrieben wurde. Im Großen, wie im Kleinen. „Wer redet, schießt nicht“ oder „Man müsse im Dialog bleiben“ hört man ja gern auf der Weltbühne. Im familiären Kreis ist das auch nicht gerade einfach.

Da redet man gern aneinander vorbei, der eine meint eigentlich das, der andere versteht aber dies und im schlimmsten Fall wird gar nicht mehr kommuniziert und es herrscht eisige Funkstille. 

Keine Sorge, das wird hier keine Therapieeinheit heute 😉

Heute gehts mir um Kommunikation, die scheitert, weil die Kommunikationskanäle nicht mehr kompatibel sind.

Es geht um meine >kleine Omma. Wer hier schon länger folgt, hat vielleicht schon von ihr gelesen. Kleine Omma‘s gibt es ja viele, aber meine, die ist zudem auch noch steinalt. Dass die Corona-Zeit mit reduzierten Besuchsmöglichkeiten nicht gerade förderlich für die Pflege der Beziehung war, kann sich jeder denken. Aber auch andere Form von Kommunikation war und ist sehr schwierig.

Sie kann uns einfach anrufen, wir sind auf einem Speicherplatz programmiert,
Das, was ich dann aber sage, kann sie nicht verstehen, weil ihre Ohren nachlassen.

Sie hat zwar teure Hörgeräte, aber die wurden von schlauen Designern so miniaturisiert,
dass die Omma die nicht allein in ihre Ohren kriegt.

Eigentlich ist das auch Aufgabe des Pflegepersonals, natürlich,
Aber die haben bekanntermaßen auch andere Sachen zu tun.

Video-Telefonie wäre großartig, Skype, Zoom, irgendwas,
hat sie aber nicht und die Pfleger haben … siehe oben.

SMS, Chat … irgendein Kanal, um wenigsten kurze Nachrichten abzusetzen,
hat sie auch nicht und die Pfleger haben … ich wiederhole mich.

Daher schreibe ich Briefe, um von unserem Leben zu berichten,
Die kann sie aber nicht beantworten, weil die Finger völlig krumm sind.

Ich kann sie anrufen, nach mehrmaligem Klingeln nimmt sie dann auch ab,
Versteht aber meinen Namen nicht. „Wer ist da bitte?“, „Halloooo?“

Und dann stelle ich mich in Abstellkammer oder Bad, schließe die Tür und brülle ins Telefon.
ICH BIN ÄÄÄÄÄS. DER SO-UND-SOOOOOOOOOO.
ICH KOMME MORGEN VORBEI … UUUM ÖÖÖÖÖÖÖLF. MORGÄÄÄÄÄÄÄÄNS.
SAAAAAAAAAMSTAAAAG.

Nach 5 Minuten Brüllen, weiß nun die ganze Straße von meinem Vorhaben, aber zum Schluss, da höre ich ein Glänzen in ihren Augen. Sie hat‘s verstanden. Freude an beiden Enden der Leitung.

Meine Güte, unsere Welt ist voller Technologie, aber die passt einfach nicht zusammen. Das sind zwei völlig verschiedene Kommunikationsuniversen. Ich könnte Briefe schreiben und sie könnte mir auf den Anrufbeantworter antworten. Das würde gehen. Aber mach’ ihr das mal klar. Da komme ich mir vor wie Mark Watney auf dem Mars. 

Ich könnte zum Nachrichtensprecher oder Volksmusikanten umschulen und dann regelmäßig zu ihr sprechen, singen und winken. In Lautstärke 100, durchs Plastikgehäuse der Flimmerkiste. Aber selbst dann, würde ich sie ja nicht hören. Auch doof.

Also Leute, redet miteinander solange es nur geht.

Eigene Nase.
Anfassen.
Natürlich.
Auch.

Schönes Wochenende
T.