Was wurde über Kommunikation nicht alles schon gesagt und geschrieben wurde. Im Großen, wie im Kleinen. „Wer redet, schießt nicht“ oder „Man müsse im Dialog bleiben“ hört man ja gern auf der Weltbühne. Im familiären Kreis ist das auch nicht gerade einfach.
Da redet man gern aneinander vorbei, der eine meint eigentlich das, der andere versteht aber dies und im schlimmsten Fall wird gar nicht mehr kommuniziert und es herrscht eisige Funkstille.
Keine Sorge, das wird hier keine Therapieeinheit heute 😉
Heute gehts mir um Kommunikation, die scheitert, weil die Kommunikationskanäle nicht mehr kompatibel sind.
Es geht um meine >kleine Omma. Wer hier schon länger folgt, hat vielleicht schon von ihr gelesen. Kleine Omma‘s gibt es ja viele, aber meine, die ist zudem auch noch steinalt. Dass die Corona-Zeit mit reduzierten Besuchsmöglichkeiten nicht gerade förderlich für die Pflege der Beziehung war, kann sich jeder denken. Aber auch andere Form von Kommunikation war und ist sehr schwierig.
Sie kann uns einfach anrufen, wir sind auf einem Speicherplatz programmiert,
Das, was ich dann aber sage, kann sie nicht verstehen, weil ihre Ohren nachlassen.
Sie hat zwar teure Hörgeräte, aber die wurden von schlaue Designern so miniaturisiert,
dass die Omma die nicht allein in ihre Ohren kriegt.
Eigentlich ist das auch Aufgabe des Pflegepersonals, natürlich,
Aber die haben bekanntermaßen auch andere Sachen zu tun.
Video-Telefonie wäre großartig, Skype, Zoom, irgendwas,
hat sie aber nicht und die Pfleger haben … siehe oben.
SMS, Chat … irgendein Kanal, um wenigsten kurze Nachrichten abzusetzen,
hat sie auch nicht und die Pfleger haben … ich wiederhole mich.
Daher schreibe ich Briefe, um von unserem Leben zu berichten,
Die kann sie aber nicht beantworten, weil die Finger völlig krumm sind.
Ich kann sie anrufen, nach mehrmaligem Klingeln nimmt sie dann auch ab,
Versteht aber meinen Namen nicht. „Wer ist da bitte?“, „Halloooo?“
Und dann stelle ich mich in Abstellkammer oder Bad, schließe die Tür und brülle ins Telefon.
ICH BIN ÄÄÄÄÄS. DER SO-UND-SOOOOOOOOOO.
ICH KOMME MORGEN VORBEI … UUUM ÖÖÖÖÖÖÖLF. MORGÄÄÄÄÄÄÄÄNS.
SAAAAAAAAAMSTAAAAG.
Nach 5 Minuten Brüllen, weiß nun die ganze Straße von meinem Vorhaben, aber zum Schluss, da höre ich ein Glänzen in ihren Augen. Sie hat‘s verstanden. Freude an beiden Enden der Leitung.
Meine Güte, unsere Welt ist voller Technologie, aber die passt einfach nicht zusammen. Das sind zwei völlig verschiedene Kommunikationsuniversen. Ich könnte Briefe schreiben und sie könnte mir auf den Anrufbeantworter antworten. Das würde gehen. Aber mach’ ihr das mal klar. Da komme ich mir vor wie Mark Watney auf dem Mars.
Ich könnte zum Nachrichtensprecher oder Volksmusikant umschulen und dann regelmäßig zu ihr sprechen, singen und winken. In Lautstärke 100, durchs Plastikgehäuse der Flimmerkiste. Aber selbst dann, würde ich sie ja nicht hören. Auch doof.
Also Leute, redet miteinander solange es nur geht.
Eigene Nase.
Anfassen.
Natürlich.
Auch.
Schönes Wochenende
T.
Die Generation Deiner Oma hat sicher noch die Zeit erlebt, als Radio etwas besonderes war. Toll, dass sie insgesamt noch fit erscheint – schlecht hören ist da mehr als verzeihlich. Aber es stimmt, miteinander reden, so lange es geht, ist schon wichtig.
Ja, es ist schon verrückt. Da hat sie das Glück noch halbwegs klar im Kopf zu sein (liest Zeitung, schaut Fernsehen) aber man sich ihr gegenüber nur schwer mitteilen. Schon gar nicht mit FFFP2-Schmuck im Gesicht …
Also muss wieder der gute alte Brief herhalten
Berührend. Wohl denn wer so einen Enkel hat
… und wenn man „Kinder“ hat, die bereits Anfang 70 sind
Miteinander reden und einander begegnen…
Das habe ich heute auch gemerkt. Einfach da sein und sich anschauen, das ist auch intensiv und bleibt …
Einfach ein Lebenszeichen zu erhalten, kann so wichtig sein (nicht nur im Alter). Meine „Ersatzomi“ ist die einzige in ihrer WG, so nennt man das jetzt, die noch fit im Kopf ist & langweilt sich den ganzen Tag. Ein kleiner Anruf, ein kurzer Besuch bedeutet die ganze Welt.
Ja, das stimmt, zum Glück hatte ich das Tablet dabei, so konnte ich ein paar Botschaften an sie tippen
Da hast du aber junge Eltern und Omma. Meine Mutter ist bei uns die „Oma im Heim“, zum Glück funktioniert das mit dem Telefonieren noch gut. Sie geht ran (wenn sie nicht falsch aufgelegt hat) und versteht, was ich sage und ich sie. Anrufen kann sie uns aber selbständig nicht, wenn sie mal möchte.
Stimmt, die (teuren, super smarten) Hörgeräte, meine Mutter hat sie seit zwei Jahren etwa, sind ein einziges Dilemma. Viel zu kompliziert zu handhaben, immer aufzuladen, die Ohren entzünden sich und so weiter und so fort … und das Personal, genau wie bei euch.
Ich schau gerade nach einem Flug, um mal wieder ein Wochenende persönlich bei ihr zu sein, da geht das besser mit dem Reden. Saluti aus Italien!
Danke Anke. Mein Oma-Exemplar geht jetzt auf die 103 zu, zweifele stark, ob ich das für mich will.
Grüße aus Berlino!
Ja, Kommunikation ist so wichtig. Die Technologie mag helfen, aber manchmal eben auch nicht. Da sein, mal abdrücken und kuscheln. Kommunikation kann viele Formen haben Aber das ist ja alles in Deinem Beitrag schon drin.
Einen Tag später war ich dann da. Sie ohne Hörgeräte 11:00 noch beim Frühstück, ich mit FFP2 und Tablet. Eigenartige Kommunikation …
Aber immerhin
Irgendwie macht mich das gerade ganz traurig, obwohl es ja toll ist, wenn Du bei ihr sein kannst. Und sie wird es fühlen, wissen und verstehen.
Ich denke auch, es ist halt irgendwie doof. Bei den einen funktioniert die Hardware, aber sie Software macht was sie will. Bei ihr läuft die Software eigentlich noch ganz gut, aber die Hardware und Schnittstellen machen Probleme. Man o man.