89) Deinventing the e-mail

Die Menschheit hat nun wirklich tolle Dinge erfunden. Einige bahnbrechende Ideen und Entdeckungen will ich heute nicht mehr missen. Das Rad zum Beispiel, das Klo, die Küchenrolle, den Dübel, den Strom und mein Tablet natürlich. Die Liste könnte ich endlos fortsetzen. Es gibt aber auch Erfindungen, die könnte man gern wieder ungeschehen machen.

Ganz oben auf der Liste stehen die Atombombe und die Landmine, gleich danach kommen Nazis und Rechtspopulisten jeglicher Art, dann SB-Kassen, Fahrkartenautomaten, Social Media Foren, E-Roller und e-mails.

Ja e-mails. Na ja, vielleicht nun doch nicht alle e-mails. Die e-mails, die einen klassischen Brief ersetzen oder eine lästige Warteschlange abkürzen dürfen gern bleiben. E-mail-Kampagnen können gern „rückerfunden“ werden. Gibt‘s das Wort? Nicht „inventing“, „reinventing“, sondern „deinventing“. Wieder ein Wortkreation die ich mein eigen nennen kann!

Einige paar Beispiele aus den letzten Tagen:

  • Der Fußballclub aus Köpenick, der ja nun wirklich alle meine Sympathien hat, bietet mir in drei e-mails Tickets für die Champions-League an. War wohl ein Versehen. Die e-mails hätten nur an Mitglieder rausgehen sollen. „Ob Mitglied oder ohne, sie kommen hier nicht rein“. (Udo Lindenberg). Es folgten drei Entschuldigungen. An eurer IT müsste ihr noch arbeiten Jungs, Eiserne Grüße nach Köpenick!
  • Ich buchte eine Reise für Anfang nächsten Jahres. Modul auswählen, Beginn und Ende festlegen, Kreditkarte … fertig. Großartige Erfindung! Mittlerweile habe ich sieben e-mails von denen. Vier davon sind „Itineraries“, sollte man also lesen, könnten Überraschungen drinstecken.
  • Bett und Dach müssen gefunden werden für ein Advents-Wochenende. Klick, klack, einfach, gebucht. Supi. Gefolgt von fünf e-mails … Anreisehinweise … wir freuen uns …es dauert nich mehr lange … wunderbar … begrüßen … bald ist es so weit … bei Fragen … jederzeit. Hey. Ich will euch nicht heiraten. Ich will nur bei euch pennen!
  • Die Inbox des Arbeits-Accounts wird geflutet durch Newsletter, bescheuerten Meldungen von Microsoft und Kollegen, die „ Ich hab da mal `ne Frage“ in den Betreff schreibe. Nee, Leute. So nich‘!
  • Der Ober-Stressor ist aber die große Buchungsplattform, die mich seit Rückkehr aus Kanada mit Feedback-und Bewertungs-Anfragen für die Unterkünfte nervt. Alter … geht mir nicht auf die Ketten!

Tolle Erfindung, aber bisschen übers Ziel hinaus. Ganz zu Schweigen davon, was das alles an Geld, Strom und Nerven kostet … letztlich gelöscht zu werden.

Brauch‘ ick nich‘.

50) Postkarte aus Paris (incl. Corona, Diesel und Chemie-Unfall)

Liebe Leser, wenn ich in dieser Kategorie sonst gern über Skurrilitäten im Ausland schreibe, möchte ich es diesmal anders machen. Es wird eher ein Abriss des Drumherums.

In Kurzform:

  • Schon im dunklen Januar überlegten wir mögliche Ziele für den Sommer. Nicht nur das „Erlaubte“ sollte uns leiten, sondern auch die „Vernunft“. Die Entscheidung fiel gegen ein Flugzeug, eher für das Auto mit Ferienwohnung. Jederzeit abbrechbar. Frankreich.
  • Ende März gingen die Corona-Zahlen in Frankreich wieder deutlich nach oben, wir buchten noch eine zweite Option in Skandinavien. Für den Fall der Fälle. Strände und Dünen schienen uns zu dem Zeitpunkt realistischer als „Savoir Vivre“.
  • Mitte Juni ist auf einmal beides möglich, die Entscheidung fällt für Frankreich, in den nächsten Tagen lauschten wir auf mögliche Veränderungen bei den Franzosen. Es schien zu klappen.
  • Zusätzlich musste aber noch eine Übernachtung in Deutschland kurz vor der Grenze her, um eine Testmöglichkeit für die Kids zu haben … Einreisevoraussetzung. Auch organisiert, Test inklusive. Alles machbar.
  • Dann erfuhren wir von neuen Umweltzonen im Großraum Paris. Na großartig, das fehlte ja nun noch. Nach ausgiebigem Studium Deutscher und Europäischer Schadstoffklassen und Installation einer App … lertne ich … die Gegend wo unser Appartement liegt … nimmt daran noch nicht teil. Uff. Wir mussten nur die Anfahrt entsprechend einfädeln. Und ein Aufkleber musste her. Einer der aussagt, dass wir einen Diesel fahren und nicht in die Innenstadt fahren dürfen, obwohl wir eh nicht mit dem Auto in die Stadt fahren wollten, sondern mit der Bahn. Wieder lange Recherche, Online-Bestellung, ein paar Euro geblecht, per Post einen gelben Aufkleber der Klasse 3 aus Frankreich bekommen. Vermutlich mit einem Diesel.
  • In Frankreich erreichten uns die üblen Bilder aus Deutschland. Eine Regenflut spülte Straßenzüge weg, Häuser, Autos und Menschen. Es gibt viele Tote. Das Klima vermutlich. Etwas südlich der Gegend, wo wir vor ein paar Tagen noch über die Autobahn gegurkt sind. Hat das Einfluss auf die Rückfahrt? Recherche.
  • Zeitgleich erhielten wir Infos aus Paris, dass wir zum Besuch der gebuchten Sites ein französischen „Pass Sanitaire“ brauchen (Impfung oder Test). Anti-Gen-Schnelltests sind in der Provinz aber gar nicht so leicht zu bekommen. Wir recherchierten lange und fanden endlich ein Test-Center in Caen, was auf dem Weg lag. Online-Suche, Daten-Striptease, Terminauswahl, Bestätigungen, E-Mails, Schul-Französisch etc., p.p.
  • Stopp in Caen, Besichtigung der Burg, Zeit bis zum Test totschlagen, dann aber pünktlich zum Test-Center. Das war proppevoll … 40 Augenpaare schauten uns achselzuckend an … keine Organisation … keine Ansprechpartner, kein Check In …  DIN A4-Formulare nur in französisch. Wir sahen unsere Besichtigungen in der Hauptstadt schon platzen, entschieden uns also für die Weiterfahrt ohne Test …. recherchierten unterwegs, lasen genauer. Kinder bis 18 waren von der Regelung noch ausgenommen. Bis Ende August. Wir versicherten uns hier und da … es schien zu stimmen und war ja irgendwie ja auch logisch. Wie wollen die Franzosen während der Ferien alle ihre Kinder testen, wenn es so wenig Test-Center gibt???
    Anmerkung in eigener Sache:
    Ich habe > hier aufm Blog auch über den Abrechnungsbetrug von Test-Centern geschimpft und muss mich nun korrigieren. Wir haben wenigstens Test-Center an jeder Ecke. Besser so, als das Test-Theater in Frankreich.
  • Auf der Rückfahrt fuhren wir über den “kleinen“ Fluß namens „Erft“, den wir nun aus den Nachrichten kennen. Sieht ganz friedlich aus.
  • Bei Leverkusen türmt sich eine schwarze Wolke links von der Autobahn auf. Bloß schnell weg hier, wer weiß, was hier los ist. Wenig später war die Autobahn für mehrere Stunden gesperrt. Explosion. Wieder Tote und Vermisste …

Puhh … ganz schön viel drumherum. Da ergibt sich ein völlig neues Geschäftsfeld. Ein Begleitfahrzeug vollgestopft mit Technik für die „Mobile Travel Administration“.