723) Besinnungsloses Couch-Einkommen

Der hochbezahlte Amazon-Chef hat mal wieder etwas zu KI und der Auswirkung auf die Arbeit gesagt: Hier ein Abriss auf Spanisch (https://www.eleconomista.es/) und hier auf Deutsch (https://www.msn.com)

Beide sagen aber im Prinzip in Kurzform:

„Routine- und Ausführungsaufgaben sind gefährdet, aber menschengemachte Kreativität und Erfindungsgeist bleiben unersetzlich.“

Also, um so ein flaches Ding rauszuhauen, da muss man kein Multi-Milliardär sein, da hätte ich auch noch hingekriegt.

Natürlich hat er recht, dass KI deutliche Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt haben wird. Ganze Berufe oder Tätigkeitsfelder werden ersetzt, da besteht gar kein Zweifel. Aber das ist auch nicht gleich morgen der Fall und ganz so neu ist das dann auch alles wieder nicht. Gezielte Automatisierung, besonders in der (Serien-)Fertigung, gibt’s seit Jahrzehnten schon, natürlich wird heute kein Auto mehr per Hand aus einem Stück gemeißelt, das machen Roboter, mit viel besserer Qualität und höherer Stückzahl. Und standen die Kfz-Schlosser am nächsten Tag alle beim Arbeitsamt? Nein, weil das ein Prozess ist, der sich hinzieht und im besten Fall geht er synchron mit dem Ausscheiden älterer Arbeitnehmer einher. In Büro’s gab es auch schon immer Automatisierung, seit Erfindung der ersten Großrechner oder PCs erledigt Software repetitive Tätigkeiten. Niemand wird diese Errungenschaften ernsthaft zurück drehen wollen.

Die generative KI, die nun auf der Matte steht, ist dahingehend besonders, weil sie einen extremen Wissensschatz hat, sehr wortgewandt ist und eigene Lösungsstrategien entwickeln kann. Und auch die Robotik wird lern-und selbständiger und macht erste Schritte auf unbekanntem und chaotischem Terrain. Ihr könnt ja in der Suchmaschine des Vertrauens mal nach „Unitree* Roboter“ suchen

Damit steigen die Chancen, nach Fensterputz-und Saugrobotern und auch endlich einen Socken-Robo, Geschirrpül-Bot und Bügel-Assistant zu bekommen. Dann gibts nur noch was für die Kreativen zu tun, der ganze Rest  kriegen endlich das Grundeinkommen und kann sich den ganzen Tag durch die Shopping-Portale klicken.

PS1: Unitree Robotics ist eine Roboter-Firma. Ich kriege keine Geld von denen oder stehe in irgendeiner Beziehung zu dem Laden. Zumindest noch nicht …

PS2: Titelbild via ChatGPT

677) Ihnen stehen alle Türen offen

Nach der spektakulären >Eröffnungsrede des Schulleiters habe ich mir das Scenario https://ai-2027.com noch mal in Ruhe angesehen und ja … es ist … verstörend, völlig Wurscht ob es nun 2027, 2029 oder 2023 erste Auswirkungen zeigt. Es ist nur eine Frage der Zeit, das „Ob“ braucht man gar nicht diskutieren, es sei denn die Politik grenzt das ein.

Die wohlgestapelten Steine, die einst einen breiten Arbeitsmarkt bildeten – von Werkbank, Bau und Handel über Büro und Verwaltung bis hin zu Bildung, Pflege und anderen zwischenmenschlichen Berufen – geraten mit dem Vormarsch der KI ernsthaft ins Wanken.

Ich habe das mal mit der KI diskutiert … mit wem auch sonst. Fünf Tätigkeitsfelder scheinen erst einmal von KI weniger betroffen.

1.Soziale, zwischenmenschliche Berufe

z.B. Psychotherapie & Coaching, Pflegeberufe (z. B. Altenpflege, Kinderpflege), Sozialarbeit, Lehrkräfte für junge Kinder und Jugendliche, Verhandlungsführung / Mediation

2.Handwerkliche & praktische Berufe

z. B. Installateure, Elektriker, Friseure, Bauarbeiter … Fußpflege, Döner-Bude, und Putzkräfte in Haushalten mit Familien … da scheitert jede KI.

3. Kreative & künstlerische Berufe

z.B. Kunstschaffende mit persönlicher Handschrift, Regisseure, Theatermacher, Konzept-Designer, Musiker mit Live-Bezug, Kuratoren, Kulturvermittler … wobei gerade in der kreativen Ecke hat generative KI nun erst recht ihr Stärken

4.Berufe mit ethischer & strategischer Verantwortung

z.B. Ärzte mit Diagnosehoheit, Richter, Anwälte, Führungskräfte mit Personalverantwortung, Ethikräte, politische Berater … bei den Anwälten mache ich auch mal drei Fragezeichen dran

5. Berufe mit hohem Maß an Kontextwissen & Integration

z.B. Projektmanager in komplexen Umfeldern, Krisenmanager, Produktmanager, Unternehmensberater … auf deutsch … die an einmaligen Situation arbeiten … denn alles was es schon mal gab und wiederholbar ist … macht KI.

Am Ende bleiben hochbezahlte Generalisten übrig und die sozialen Jobs, die heute am beschissensten bezahlt werden.

Da kann man sagen, die Liste bietet ja noch einiges an Möglichkeiten, aber wenn man nun mal zwei linke Hände hat, oder keine Menschen anfassen mag, und auch nicht gerade der Oberkreative ist, dann wird das schon ganz schön eng. Klassische Papier-Jobs in Banken, Versicherungen, Marketing-Büros, beim Amt, galten lange als solide Einstiege in die Arbeitswelt – mit Option „nach oben“. Die wird es nicht mehr geben, d.h. man muss „unten“ überspringen, wenn man „oben“ ankommen will oder man hält sich von diesem tickenden Betätigungsgeld entfern.

Auch altbewährte Ratschläge wie „Mach was mit Sprachen“ oder „Lern was mit Computern“ wirken heute plötzlich fragil. Übersetzer und Programmierer fehlen in der Liste der zukunftssicheren Berufe – nicht, weil sie unbedeutend wären, sondern weil KI inzwischen beides besser, schneller und rund um die Uhr erledigen kann. Und man muss sich nicht mit Dienstleistungszentren in Bangalore, Bratislava oder Buenos Aires rumschlagen, wenn man die KI im Keller stehen hat.

Was zum nächsten Problem führt. Länder wie Indien, die sich als verlängerte Sevice-/Werkbank europäischer Dienstleistungen etabliert haben, laufen in ein riesiges Problem. Wenn KI die Arbeit schneller und günstiger erledigt, wird selbst der Standortvorteil billigster Löhne irrelevant. Und nicht zu vergessen: Hinter einem indischen SW-Entwickler oder Callcenter-Mitarbeiter steht eine ganze Kette von Existenzen – von Kantinen-, Reinigungs-, Sicherheits-, und Fahrdiensten, bis zur privaten Nanny und Haushaltshilfe.

Tja und nun?

In den USA rutschen „Arbeitsmarkt“ und „Bildung“ in rechts-konservative Hände und das Land schickt sich ins 20. Jahrhundert zurück. Einzig positiver Aspekt: KI kann noch kein Öl bohren, Kohle schaufeln oder Stahl kochen.

Wir Europäer neigen eher zum „Abwarten“ … „wird schon nicht so dolle kommen“. Das halte ich für hochgefährlich. Denn wir wissen ja auch, wie langwierig es werden kann, wenn man Veränderungen im Bildungsbereich und Arbeitsmarkt anschieben will … und das noch einem Staatengeflecht, mit all den Abhängigkeiten.

Und in Deutschland redet man aktuell nur über die Wirtschaft & Verteidigung, habe ich den Eindruck. Nur kann man sich Wirtschaft und Sozialen Frieden abschminken, wenn wir in eine Massenarbeitslosigkeit laufen und sich die Leute vor lauter Freizeit auf die Nerven gehen.

Von der Finanzierung im Familiären (Lebensmittel, Wohnen, etc), bis zu den großen Fragen wie Existenzsicherung und Grundeinkommen mal ganz schweigen.

PS: Kursive Teile via ChatGPT

559) Arbeiten, wenn niemand mehr müsste?

So ähnlich klang der Titel der kürzlichen Sonderausgabe von „brand eins“. Das bedingungslose Grundeinkommen war mal wieder Thema. Oh, ja. Es wurden Artikel aus der Vergangenheit zusammengestellt, aber auch die neuesten Erkenntnisse eingebracht. Rundum gelungen, und ich muss sagen, der Grundgedanke macht mich irgendwie schon an. 

Vor ein paar Jahren, da sah ich das noch ganz anders. Da haben wir die Idee beim bierseligen Abend unter Kollegen diskutiert und mir platzte fast die Hutschnur. Aber jetzt im Kontext von Automatisierung, Digitalisierung und nötiger Komplexitätsreduzierung in Steuer- und Sozialpolitik, finde ich das Konzept immer charmanter. Von Transparenzgewinn und Bürokratieabbau mal ganz zu schweigen. Nichts wäre einfacher zu kapieren, als das.

Also, würde ich arbeiten, wenn ich nicht mehr müsste?

  • Auf jeden Fall, würde ich einfach weiter arbeiten, denn meine Arbeit stiftet Sinn, sie macht mir Spaß und ich kann mich austoben. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, reduziert zu arbeiten, und mit der frei werdenden Zeit ein paar Dinge auszuprobieren, die ich sonst nicht tun würde.
  • Zum Beispiel irgendwo Gastdozent sein und den Erklärbär zu geben. Gerne für junge Menschen, wenn sie zuhören wollen. Wenn nicht, schmeiß ich sie raus.
  • Ich könnte auch die Fürsorge für ein Objekt oder ein Gelände übernehmen (ein Stück Park, ein Ferienlager, ein Schullandheim, sowas in der Art) … und ich wollte schon immer mal mit einem Aufsitz-Rasenmäher fahren, so wie Forest Gump 😉
  • Eine Arbeit im Fahrradverleih, Bootsverleih stand auch schon immer auf dem Zettel. Menschen eine Lösung anbieten, die einen Bedarf haben, etwas fachsimpeln, ein bisschen schnacken und damit aber auch den Tag gut sein lassen.
  • Ich könnte noch mal was lernen, in irgendein Fach einsteigen. Themen, die es so damals für mich nicht gab (Verkehrskonzepte, Städteplanung, Megacities,) so was.
  • Oder ein Ernteeinsatz auf einem italienischen Weingut. Bis alles wehtut, und es danach ein großes Fest gibt. Arbeitsreiches Mundeinkommen quasi.

Also langweilen würde ich mich nicht

107) Corona-Lektionen 27

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise wird viel diskutiert, welche Auswirkungen all das auf unsere Zukunft haben wird. Da lässt sich trefflich spekulieren, aber die Herausforderungen sind eigentlich gar nicht neu. Sie wurden schon zig mal diskutiert, nur vor anderen Kulissen und zu anderen Zeiten.

Ein paar Beispiele aus den letzten 20 Jahren:

Globalisierung: Bestimmte Arbeiten werden ins Ausland verlagert, vieles geht nach Osteuropa und Asien. Die haben dort auch gute Uni‘s und kosten nur den Bruchteil unserer Gehälter.
Und es wurde eifrig diskutiert: Ist das denn so gut für die Umwelt, wenn dort die Schlote qualmen? Wenn man lustige Radiergummis für je 1 EUR bestellt und die dann 6 Wochen mit dem Diesel-Schiff nach Deutschland fahren? Brauchen wir überhaupt so viele bunte Radiergummis? Und machen wir uns denn nicht auch abhängig? Gehen damit nicht auch Kompetenzen verloren? Und all die Telefonate, die kann man doch eigentlich auch aus dem Homeoffice machen, oder? Aber wenn in Asien die Nähmaschinen brummen, was sollen die Menschen hier denn noch tun? Die „schlaue“ Arbeit?

Digitalisierung: Andere Tätigkeiten muss man schon gar nicht mehr ins Ausland verlagern, das machen nun einfach Roboter. Wir sind permanent online, das Internet macht alles zu jeder Zeit verfügbar.
Und es wurde eifrig diskutiert: Ist dann so gut für die Umwelt, wenn wir alles online bestellen und Food liefern lassen? Wenn Server und Smart Devices Rund um die Uhr laufen? Brauchen wir das denn überhaupt alles und was passiert mit unseren Ladenstraßen? Und machen wir uns denn nicht auch abhängig? Gehen damit nicht auch Kompetenzen verloren. Und all die Telefon-Konferenzen, die kann man doch auch aus dem Homeoffice machen, oder? Aber wenn in Asien die Software-Schmieden laufen und unsere Busse künftig führerlos fahren, was sollen die Menschen hier denn noch tun? Innovation?

Energiewende: Ein AKW fliegt in die Luft, wir brauchen alternative Energien und E-Autos. Das Eis an den Polen schmilzt, das Klima verändert sich und die Temperaturen steigen. Zusätzlich fackeln Menschen sensible Wälder ab und heizen weiter an.
Und es wurde eifrig diskutiert: Ist dann so gut für die Umwelt, wenn wir nun einen Haufen neuer E-Autos bauen? Wenn wir die Landschaft mit Windmühlen zustellen? Brauchen wir das denn überhaupt alles oder könnten wir nicht auch unseren Konsum reduzieren? Und machen wir uns denn nicht auch abhängig? Gehen damit nicht auch Kompetenzen verloren? Und all die Virtual Meetings, die kann man doch auch aus dem Homeoffice machen, oder? Aber wenn E-Autos in der Produktion so viel weniger Personal benötigen, was sollen die Menschen hier denn noch tun? Altenpflege?

Covid-19: In China hat angeblich jemand von Fledermaus oder Gürteltier genascht. Wenige Wochen später steht die Weltwirtschaft still. Es gibt weder Klo-Papier noch Mehl, globale Lieferketten sind unterbrochen und Mitarbeiter und Schüler arbeiten von zu Hause. Billionen-Rettungspakete werden verabschiedet, Schulden gemacht ohne Ende.
Und es wird eifrig erkannt: Oh, schau an. Das ist ja sogar gut für die Umwelt, wenn nicht mehr soviel transportiert wird. Die Luft wird ja besser, wenn viele Arbeitnehmer nicht mehr täglich in die Firma fahren müssen. Manches brauchen wir ja eigentlich gar nicht und wir kommen mit viel weniger aus. Uuups, da haben wir uns aber ganz schön abhängig gemacht in den letzten Jahren. Können ja selber kaum noch Masken und Desinfektionsmittel produzieren. Und wenn viele Arbeitnehmer künftig einfach weiterhin von zu Hause arbeiten, dann braucht man ja gar nicht mehr so viele Büros und Flächen, die man heizen oder kühlen muss. Das könnte man ja Wohnraum schaffen. Das würde die Mietsituation entlasten. Ach nee. Aber wenn wir nicht mehr so viel reisen, pendeln und konsumieren, was sollen die Menschen hier denn noch tun? Netflix, Matrix, GarNix?

Soll mir doch bitte keiner sagen, es gäbe nichts mehr zu tun auf der Welt! Guckt euch den Dreck überall an, den Müll, die kaputten Landschaften. Kümmert euch um Menschen die Hilfe brauchen, pflegt euch und eure Gesundheit, tut was für die Birne, lernt was, treibt Sport, schreibt ein Buch, inspiriert euch und andere.

Es müssen andere Konzepte her. Weg von einem wachstums-und verbrauchsbasierenden Wirtschafts- und Einkommenssystem, hin zu gesundheits,- wohlstands,- und umweltgerechten Gesellschaftsentwürfen.

Auch nicht ganz neu, ich weiß, aber genau darum geht‘s ja hier

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