707) Einfach mal anhalten

Diese Zeile hängt mir noch im Kopf, nachdem ich am Wochenende die wirklich tolle Folge von >Hotel Matze mit Harald Welzer gehört habe. Ja genau, einfach mal anhalten täte uns richtig gut. Im Weltgeschehen, in der deutschen Politik und auch im Job. Denn es gibt keinen Halt mehr, alles läuft im Dauerbetrieb. Mit viel Getöse und hoher Geschwindigkeit. Niemand weiß so recht, wohin, aber alle sind in Bewegung. Und wir hetzen hinterher, um irgendwie Schritt zu halten.

Dabei kennen wir es auch so anders und dann ist das auch völlig normal:

  • Nehmen wir einen Autounfall mit Blechschaden. Dann steigen beide Parteien aus, sichern die Unfallstelle, begutachten (im besten Falle friedlich) den Schaden und klären, wie sie nun aus diesem Schlamassel wieder rauskommen.
  • Oder nach einem verlorenen Fußballspiel. Da sitzt die Mannschaft Trübsal blasend in der Kabine und leckt die Wunden. Aber sie rennen nicht gleich wieder zum nächsten Anpfiff. Sie reden drüber und sortieren sich neu.
  • Oder bei einem Umzug. Dann nimmst du dir die Zeit, ein bisschen auszumisten, nur das Nötigste einzupacken und dich am neuen Ort einzufinden. Selbst ein paar Tage ohne Fernsehen oder WLAN sind auszuhalten.
  • Auch bei einer Naturkatastrophe wird, so schlimm das alles ist, zuerst geholfen, Wasser und Schlamm geschippt, aufgeräumt und innegehalten. Erst danach überlegt man, wie es weitergeht.
  • Und selbst beim Actionfilm mit Überlänge, gibt’s irgendwann eine Pause, die Leute holen Luft, gehen aufs Klo, holen sich ein Getränk und steigen dann in den zweiten Teil ein.

Und das tun wir eben nicht mehr. Auch wenn wir uns glücklich schätzen können, dass uns nicht jede Nacht die Raketen übers oder ins Haus fliegen.

Vielleicht am Heiligabend, wenn die Prozeduren erledigt sind. Oder am 1. Januar, verschlafen nach der langen Nacht. Dann ist für einen Moment Ruhe.
Alles scheint stillzustehen.

Sonst nicht mehr. Nicht einmal im Urlaub

PS: Titelbild via ChatGPT

578) Bereit für ´25!

So Leute, die Vorsätze, Feste und Reisen für 2024 werden Ende Oktober abgeschlossen sein, Strich drunter, Haken dran und wir sind gedanklich schon im neuen Jahr. Die Zeit rast dahin … oder rasen wir in der Zeit?

Mein offsite work für Januar ist gefixt, der Workshop im Februar auch, ich weiß was ich Ostern mache und sogar der Sommerurlaub für 2025 ist grob gebucht. Im Herbst kommt dann die Wahl, und dann gehen wir schon locker auf 2026 zu und können wieder ein großes Fest planen.

Also von mir aus, kann das Jahr 2025 jetzt kommen, ich bin bereit, ich brauch den Winter nicht und schon gar nicht Weihnachten.

Ich bin dafür, dass Kalenderjahre nur noch zehn Monate dauern, dann könnten wir jetzt alle nett anstoßen, uns in die Arme nehmen und Prosit Neujahr 2025 wünschen.

Dann gäbe es künftig nun noch zehn Monate Zeit für schlechte Nachrichten, zehn Monate um Geld auszugeben und nur zehn Monate in denen man den Geschirrspüler ausräumen oder Socken aufhängen muss. Und das alles bei vollem Gehalt und Urlaub. Ich wär‘ dabei.

Schönes Restjahr noch und dann Vorhang auf!

37) Stille

Erinnere ich mich so an meine Jugend zurück, lief da ständig Musik. In der Wohnung, im Auto oder unterwegs per Walkman, später Disc-Man und dann auf dem iPod. Die Musik war meistens elektronisch, düster und natürlich … laut.

Heute bemerke ich immer mehr, dass ich stundenlang ohne Musik auskomme:

  • Arbeite ich zu Hause, herrscht Totenstille, ich kann Geräusche aus dem Nachbarhaus wahrnehmen und vorhersagen, wann der Fahrstuhl auf unserer Etage hält
  • Lenke ich unser Auto, ist zwar das Auto-Radio zwar noch an, aber oft so leise, dass ich geradewegs noch die Sprecher hören kann (früherer Beitrag Radio-Werbung)
  • Lege ich mal wieder eine CD aus alten Zeiten ein, verfalle ich kurz in Nostalgie, kurz darauf geht mir aber der Lärm auf die Nerven

Und dann genieße ich diese Stille. Aber woran liegt das?

  • Vielleicht daran, dass ich älter werde und sich mein Körper schon so langsam mal auf dauerhafte Stille einstellt? Ich hoffe nicht…
  • Möglicherweise auch daran, dass ich mittlerweile auch die Texte vieler Songs verstehe und damit auch wie inhaltslos so manches Werk ist?
  • Oder ist unsere Umwelt in Summe einfach auch lauter geworden? Sind es die Autos, Mopeds, Straßenbahnen, Flugzeuge, Bauarbeiten und Presslufthämmer um uns herum?
  • Sind es die Kids, die uns den Alltag schon genug mit Pokemon, Harry Potter und Fußball-Schlachtengesängen vertonen, so dass ich keinen weiteren Bedarf mehr an Stimmen und Klängen habe?
  • Oder eventuell die ganzen Assistenzsysteme, die uns zusätzlich mit Geräuschen beglücken? Zum Beispiel Gurtwarner, Park-Pieper, Ansagen in Bahnhöfen und Flughäfen oder alle anderen Gongs, Erinnerungen, Warnungen mit denen man uns irgendetwas mitteilen will
  • Oder ist auch der Digital-Lärm, der das seinen Anteil hat. Ich meine so etwas wie Likes, Posts, Downloads, Kommentare, E-Mails, What’s-App-Nachrichten, News-Ticker, Pulszähler, Schrittzähler, Kalorien-Zähler, Push-Nachrichten, Fußballergebnisse und Wetter-Prognosen

Vermutlich alles zusammen, oder?

Ich erinnere mich sehr gern an eine Lodge in Knysna / Südafrika, das ist nun schon 15 Jahre her. Die befand sich mit zwei anderen Lodges im Wald, weit weg von der Garden Route. Nach der Ankunft am Haus, schalteten wir das Auto ab, gingen durch den Wohnbereich hindurch zur Terrasse und schauten überrascht auf ein kleines Tal. Da herrschte absolute Stille. Bis auf ein paar Grashüpfer. Ich hatte bislang noch nie solch eine Stille gehört. Seitdem bin ich fest überzeugt, dass man Stille hören und genießen kann.

Frühere Beiträge zum Thema:

PS: Seit längerer Zeit habe ich zum Stichwort „Stille“ ein paar Text-Fragmente in meinen Notizen gespeichert.

Ein aktueller Beitrag von Sovely auf https://murmelmeister.com hat mich angeschubst, meine Gedanken zur Stille endlich zu veröffentlichen

https://murmelmeister.com/2019/08/19/senses-hearing/