Wie schon in der vorigen Postkarte angekündigt, folgt die Jubiläums-Ausgabe Nummer 100 aus Bengaluru. Das ist dahingehend ganz lustig, weil auch die >erste Ausgabe dieser Postkartensammlung eben aus Bangalore stammte. Nur ist es halt schon wieder fünf Jahre her. Bevor es für mich ans Arbeiten ging, haben mich Kollegen durch die Stadt und das Umland gefahren und ich bin die ersten Runden „ganz allein“ durchs Viertel gestreift. Hier die ersten Eindrücke, wie immer keine Hochglanzbilder, sondern der Blick auf die zweite Reihe und auf Kuriositäten.
Die erste Peinlichkeit entstand, als ich zu blöd war, den Fernseher anzuschalten. Die Rezeption schickte jemand vorbei, der drückte auf den Hauptschalter der Steckdose, und guckte mich strahled an. Dann trampelte er auf der Stelle, was bekanntermaßen das internationale Zeichen für Trinkgeld ist. Als der Fernseher dann lief, musste ich feststellen, dass das Display kaputt war und lies wieder den Techniker kommen. Bevor der Techniker mit dem kaputten Fernseher aus der Tür verschwand, trampelte er wieder auf der Stelle. Als ich dann auf dem neuen Fernseher endlich etwas erkennen konnte, gab es eigentlich nur Bollywood und Lokalnachrichten, nur seltenst auf English.
Wir machten eine Tagestour ins nordwestliche Umland und besuchten einige Tempel. Da das in einem BMW X1 geschah, war das für mich natürlich sehr komfortabel. Allerdings wollten die Jungs das deutsche Gefährt auch einmal ausprobieren und schossen mit teilweise 170 über die 90er Landstraße, bei indischem (Gegen)Verkehr, indischen Schlaglöchern, Bodenwellen und Kühen. Zum glück gibt’s in Indien viele Götter, die man anrufen kann. Oder die BMW-Zentrale, um einmal herzlich Danke zu sagen, für solch straffe Bremsen.
Natürlich gibts in den Tempeln auch Affen und auch bei denen gilt … „Wer hat, kann hängen lassen.“
![IMG_8097](https://tippingpoint.blog/wp-content/uploads/2024/01/img_8097.jpeg?w=1100)
Bei einem Tempel führten sie mich zu einer religiösen Opferspeise (Prasadam), und so saß ich dann mit hunderten Indern, einem metallenen Frisbee gefüllt mit Reis, Veggie-Sauce und süßer Flüssigkeit. Aber ohne Besteck. Und so brachten sie mir bei, wie man diese flüssigen Mengen mit der Hand in den Mund kriegt. Gar nicht so schwer.
![IMG_8089](https://tippingpoint.blog/wp-content/uploads/2024/01/img_8089.jpeg?w=1100)
Beim großen Shiva Temple erwartete uns nicht nur ein schmucker Shiva, sondern auch tausende Menschen die aufs Gelände strömten. Wahnsinn. So was habe ich noch nie erlebt. Die gegen 19:15 Uhr angekündigte Laser Show verkniffen wir uns, weil wir sonst mit tausenden Menschen gleichzeitig noch Bangalore hätten zurückfahren müssen. Meine nagelneuen Federleicht-Schuhe stellte ich außerhalb des Geländes an der Mauer ab und glaubte sie schon verloren, aber sie standen noch da. Wieder etwas, worüber ich nachdenken muss.
Der Verkehr in Bengaluru ist wie immer … stockend und laut. Man baut an mehreren oberirdischen Metro-Linien, die sind alles Andere als hübsch, aber den Locals ist das Wurscht, wenn sie doch endlich nicht mehr im Stau stehen müssten. Hier ein >Soundfile von Montagmorgen 09:00 in der Nähe des Hotels, könnt ihr euch gern als neuen Weckton runterladen 😉
Eine Initiative an der Kreuzung ruft zum Umstieg auf Solarantrieb auf, um Sprit zu sparen. Hier geht man mit der Zeit und in den Geschäften gibt es keinerlei Plastiktüten mehr. Das ist auch dringend nötig, den Plastikmüll sieht man hier an vielen Ecken.
![IMG_8129](https://tippingpoint.blog/wp-content/uploads/2024/01/img_8129.jpeg?w=1100)
Für den Weg in die Firma (13 km) plant man besser 1,5 – 2 h ein, so dass auch Homeoffice vom Hotel eine ernste Alternative ist. Um ordentlich arbeiten zu können, beschloss ich, den Fernseher als Monitor für meinen Laptop zu verwenden und mir einen Hoch-Tisch zu bauen. Dazu musste ich an die Verkabelung ran, HDMI Kabel ziehen und dabei stellte sich heraus, dass der Fernseher nur auf einer Schraube hing und die andere Seite auf indische Art (mit dem HDMI-Kabel) fixiert war. Durch mein gefummelt brach die Konstruktion zusammen, und der Fernseher hatte deutlich Schlagseite. Durch ausreichend sozialistische Prägung und diversen MacGyver-Folgen kann ich gut improvisieren, außerdem verreise ich nie ohne Karabiner-Haken und Spann-Gurt … und Koffer. Und fertig ist das Hotel-Office fürs gesündere Arbeiten im Stehen.
Das Fenster geht nach hinten raus, der Blick ist äußerst unspektakulär. Aber dafür ist es nachts relativ ruhig. Neben der Arbeit kann ich beobachten, wie zwei Arbeiter einen Funk-Mast demontieren, die Hälfte haben Sie schon geschafft, sie schützen sich mit einem Helm und Flip-Flops, sonst keine weiteren Sicherungen. Außer Gott natürlich.
![IMG_8135](https://tippingpoint.blog/wp-content/uploads/2024/01/img_8135.jpeg?w=1100)
In Laufnähe habe ich eine Shopping-Mall, das ist sehr praktisch, gar nicht mal wegen des Shoppings, aber wegen des Foodcourts. So habe ich komprimierte Auswahl zu komprimierten Preisen. Hier z.B. ein Paneer Tikka Dosa (mit Paneer-Curry gefüllter Fladen) für satte 2,60 EUR. Der aufmerksame Beobachter wird feststellen, dass Besteck fehlt. Stimmt. Das könnte ich sicher erfragen, aber ich esse auf die indische Art.
![IMG_8140](https://tippingpoint.blog/wp-content/uploads/2024/01/img_8140.jpeg?w=1100)
Die Mall ist zwar sehr nah. Ich muss jedoch eine große Kreuzung überqueren, an der es keine Fußwege oder Ampeln gibt. Das ist jedes Mal ein Abenteuer, aber es gelingt mir schon besser. Ich glaube zwar nicht an Gott, aber daran, dass hier keiner Interesse dran haben dürfte einen Europäer zu überfahren. Zum Ende meiner Zeit hier, werde ich wie Ulrich Wickert über dem Place de la Concorde schweben.
![IMG_8159](https://tippingpoint.blog/wp-content/uploads/2024/01/img_8159.jpeg?w=1100)
Heute zum Lunch wieder etwas aufgeregendes. Es gab „Dies und das – Namen vergessen“ auf Bananenblatt. Äußerst lecker, aber hier bemühte ich den Chef des einfaches Lokals dann doch um einen Löffel.
![IMG_8152](https://tippingpoint.blog/wp-content/uploads/2024/01/img_8152.jpeg?w=1100)
Sehr praktisch. Keiner muss abwaschen und es braucht keine Papp-oder Plastik-Teller.
So, das war es erst einmal … more to come!
Grüße aus Bengaluru.