281) Kaffee und was zum Lesen

Klingt verlockend oder? Finde ich auch. Kommt aber auch ein bisschen auf die Art des Lesestoffs an. Der Hersteller der neuen Kaffeemaschine hat es ein bisschen zu gut gemeint. Die Bedienung des Geräts erklärt sich fast von selbst, trotzdem schickt der eine halbe Bücherei mit

Mal eben schnell durchgezählt:

  • Erste Schritte mit 4 Seiten
  • Mahlwerkeinstellung mit 4 Seiten
  • Anleitung in Arabisch mit 25 Seiten
  • Anleitung in Englisch mit 25 Seiten
  • Anleitung in Deutsch mit 27 Seiten
  • Anleitung in Französisch und Italienisch mit 47 Seiten
  • Anleitung in weiteren 18 Sprachen mit 385 Seiten
  • Sicherheitshinweise in 5 Sprachen mit 20 Seiten
  • Sicherheitshinweisen in 22 Sprachen mit 71 Seiten
  • EU-Konformitätserklärung mit 1 Seite
  • Garantie und Service mit 11 Seiten
  • Errate Corrige mit 2 Seiten

Also 622 Seiten DIN A5-Seiten, umgerechnet ca. 186 Quadratmeter bedruckte Fläche, wenn ich mich jetzt nicht verrechne habe. What?

Nach dem Papier „Erste Schritte“ war mir die Lust an diesem Roman vergangen.

Aber immerhin habe ich etwas Latein gelernt. „Errata Corrige“.
Cool. Das werde ich in meinem Blog hier auch mal einführen.

Andere Beiträge zum Thema:

150) Wochenblatt

Wer kennt sie nicht, diese kostenlosen Zeitungen, die vollgepackt mit Werbung ungewollt im Briefkasten landen. Um genau diesen Blödsinn nicht noch zu fördern, ziert seit Jahren ein Aufkleber unseren Briefkasten, der freundlich darum bittet, den Einwurf zu unterlassen. Das war dem Zeitungsträger neulich aber anscheinend egal und so lag irgendwann so ein Exemplar auf dem Küchentisch. Skeptisch hob ich das gefaltete Papier und staunte nicht schlecht. Ganz schön schwer. Ich stopfte das Ding hochkant in die Küchenwaage, die mir stolze 260 Gramm bescheinigte. Mein lieber Scholli. Dann bemühte ich die Datenkrake und das Internet-Lexikon um eine Auskunft und erfuhr, dass dieses Blatt in einer Auflage von 1,3 Mio erscheint. Jetzt muss man kein Mathe-Ass sein um auszurechnen, dass das ein Gewicht von in Summe 338 Tonnen (!!) ergibt. Das sind ungefähr 225 Mittelklassewagen, die da transportiert und getragen werden! Jede Woche.

Dann wollte ich wissen, wieviel Papier das eigentlich ist. Ich zählte die Seiten der Zeitung und die Seiten der Werbebeilage. Dann nahm ich die Maße der einzelne Bögen, rechnete rauf und runter und kam letztlich auf ca. 11 m2 Druckseiten in Summe pro Zeitung. Multipliziert mit den 1,3 Mio Exemplaren ergibt das ca. 14,3 km2 Druckfläche! Aber das war immer noch schwer zu greifen. 

Also wollte ich wissen, welche Strecke man erreichen kann, wenn man all die Papierbögen der Länge nach aneinander legt. Also halbierte ich die Druckseiten und multiplizierte mal Seitenlänge und kam dabei auf … Stirnrunzeln. Da kann doch nicht sein! Ich konsultierte die schlaue Tochter. Aber mit dem selben Ergebnis. Wir checkten noch einmal die Umrechnung der Maßeinheiten. Es stimmt wohl. Würde man diesen Papierstapel auseinandernehmen und an den kurzen Seiten zusammenlegen, schafft man … ich wage es kaum zu schreiben … eine Strecke von 32.000 Kilometern. Jetzt ist es niedergeschrieben und ich dokumentiere mich damit hier vielleicht als Mathe-Trottel. Hoffentlich habe ich mich doch einfach um 3 Nullen vertan. Aber rechnet selbst. Die Daten findet ihr unten. 

Aber mal weg von der Papier-Menge.

Jetzt mal angenommen, der Verlag druckt nur so viele Exemplare, wie er auch loswerden kann. Berlin hat ca. 3 Mio Haushalte, das würde bedeuten, dass 2/3 einen „Bitte keine Werbung“-Aufkleber am Kasten haben. Demnach werden also ca. 1 Mio Exemplare zugestellt, der Rest landet vielleicht beim Friseur oder Zahnarzt. Ich würde mal wetten, dass die Hälfte nie angeschaut wird, sondern direkt im Müll landet. Und das jede Woche. Is’ doch bekloppt, oder?

Theater, Kinos und Stadien sind geschlossen. Netflix wurde schon im März „leergeschaut“, also habt ihr Zeit für eine Mathe-Aufgabe. Nehmt doch mal bitte einen Taschenrechner und dann geht‘s los.

Hier die Daten:

-16 Seiten Zeitung, jede Seite jeweils 28cm x 40cm

-138 Seiten Werbebeilage, jede Seite im Mittel 22cm x 29cm

Bin gespannt auf euer Ergebnis!

2) Radio aus Fernost

Wir wollten uns ein neues Küchenradio zulegen. Irgendetwas kompaktes, was aber trotzdem einen guten Klang hat. Es sollte weiß sein, eine klassische Antenne haben und von guter Qualität sein. Auch einen integrierten Akku sollte es haben, da wir an seinem künftigen Stellplatz keine Steckdose haben. Das waren die wenigen Parameter mit der wir auf die Suche gingen. Ziemlich langweilig, wenn man mal ehrlich ist. Überhaupt nicht „smart“. Aber das muss es auch nicht sein. Es soll uns morgens nur mit etwas Musik, Nachrichten und dem Wetterbericht versorgen. Es braucht also kein WLAN, keinen Touch-Screen und es muss auch nicht mit uns sprechen können. Es muss ausschließlich Radio abspielen. Und zwar nur unseren Stamm-Sender. Ganz analog. Mehr nicht. Wir haben uns dann für ein japanisches Marken-Produkt entschieden. Es bietet zwar laut Beschreibung immer noch mehr Funktionen als wir eigentlich brauchen, aber immerhin stören sie nicht. Originalverpackt steht das Radio nun auf dem Küchentisch und wir beginnen mit dem Auspacken. „Unveiling“ heißt das Erlebnis heutzutage. Das Radio lässt sich samt weißen Verpackungsschaum schnell aus der Pappe ziehen. Die wichtigsten Tasten erkenne ich sofort. „Power“, „Tune“, „Memory“ und „Volume“. Das reicht mir eigentlich schon. Damit könnte ich es schon in Betrieb nehmen. Trotzdem fällt noch ein Haufen Papier aus dem Karton. Ein „European Guarantee Information Document“ liegt exakt gefaltet bei. Es bestätigt in 22 Sprachen, dass das Produkt der Europäische Garantie-Regelung des japanischen Unternehmens unterliegt. Zusätzlich finde ich auf der Rückseite ungefähr 30 Service-Adressen, an die ich mich in ganz Europa wenden kann. Das schafft Vertrauen. Ein paar leere Formularfelder rufen zu Stempel, Unterschrift und Kaufdatum auf. Leider hat die aber keiner ausgefüllt. Wozu sind die dann gut? Dann folgt noch ein sehr kleiner Zettel in 22 Sprachen. Darin erklärt der Hersteller, dass das Radio der europäischen Richtlinie 2014/53/EU für Funkanlagen entspricht. Gut so. Zudem schmückt ein fettes CE-Logo den Kopf das Papiers. Dann finden wir noch ein weiteres Faltblatt, wieder in 24 Sprachen. Es enthält Sicherheitshinweise in Schriftgröße 6 pt und die Klarstellung, das Akkus und Batterien innerhalb der Europäischen Union nur an ausgewiesenen Sammelstellen entsorgt werden dürfen. Zum Schluss kommen noch einmal sechs Hefte ans Tageslicht. Alle sehen gleich aus, sind in China gedruckt und geben Hinweise zu den ersten Schritten bei der Inbetriebnahme. Wieder in zig Sprachen. Ich werfe den ganzen Papierkram in die Küchenwaage und wiege es mal. Nur so aus Interesse. Die Waage ermittelt stolze 120 g Gewicht. Nur fürs Papier! Dann stelle ich auch noch das Radio in die Waage und notiere 740 g. Ohne Ladegerät allerdings. Tja und nun braucht es etwas Mathematik und einen Taschenrechner. Das macht ungefähr 14% Papieranteil am Gesamtgewicht! Nun das ist…wie soll man sagen…verrückt? Für ein Küchen-Radio? Da mag der Europäische Verbraucher-Schutz-Minister zwar sehr fleißig gewesen sein, sein Kollege vom Ressort Umwelt kann doch eigentlich nur mit dem Kopf schütteln und heulen. All die Papiere wurden von hiesigen Juristen geschrieben, irgendwo übersetzt, von indischen Layoutern in druckbare Form gebracht, von Chinesen gedruckt und dann per Container-Schiff zurück in die EU gebracht. Man stelle sich vor, dass Schiffe, LKWs und Zusteller-Fahrzeuge mal eben eben 14% weniger Gewicht transportieren müssten. Wäre das nicht immerhin mal ein Anfang? Dann könnte ich vielleicht unseren Familien-Diesel noch ein paar Monate länger fahren.

Frühere Beiträge zu Radio, Smartphone und natürlich Diesel: