Wer kennt sie nicht, diese kostenlosen Zeitungen, die vollgepackt mit Werbung ungewollt im Briefkasten landen. Um genau diesen Blödsinn nicht noch zu fördern, ziert seit Jahren ein Aufkleber unseren Briefkasten, der freundlich darum bittet, den Einwurf zu unterlassen. Das war dem Zeitungsträger neulich aber anscheinend egal und so lag irgendwann so ein Exemplar auf dem Küchentisch. Skeptisch hob ich das gefaltete Papier und staunte nicht schlecht. Ganz schön schwer. Ich stopfte das Ding hochkant in die Küchenwaage, die mir stolze 260 Gramm bescheinigte. Mein lieber Scholli. Dann bemühte ich die Datenkrake und das Internet-Lexikon um eine Auskunft und erfuhr, dass dieses Blatt in einer Auflage von 1,3 Mio erscheint. Jetzt muss man kein Mathe-Ass sein um auszurechnen, dass das ein Gewicht von in Summe 338 Tonnen (!!) ergibt. Das sind ungefähr 225 Mittelklassewagen, die da transportiert und getragen werden! Jede Woche.
Dann wollte ich wissen, wieviel Papier das eigentlich ist. Ich zählte die Seiten der Zeitung und die Seiten der Werbebeilage. Dann nahm ich die Maße der einzelne Bögen, rechnete rauf und runter und kam letztlich auf ca. 11 m2 Druckseiten in Summe pro Zeitung. Multipliziert mit den 1,3 Mio Exemplaren ergibt das ca. 14,3 km2 Druckfläche! Aber das war immer noch schwer zu greifen.
Also wollte ich wissen, welche Strecke man erreichen kann, wenn man all die Papierbögen der Länge nach aneinander legt. Also halbierte ich die Druckseiten und multiplizierte mal Seitenlänge und kam dabei auf … Stirnrunzeln. Da kann doch nicht sein! Ich konsultierte die schlaue Tochter. Aber mit dem selben Ergebnis. Wir checkten noch einmal die Umrechnung der Maßeinheiten. Es stimmt wohl. Würde man diesen Papierstapel auseinandernehmen und an den kurzen Seiten zusammenlegen, schafft man … ich wage es kaum zu schreiben … eine Strecke von 32.000 Kilometern. Jetzt ist es niedergeschrieben und ich dokumentiere mich damit hier vielleicht als Mathe-Trottel. Hoffentlich habe ich mich doch einfach um 3 Nullen vertan. Aber rechnet selbst. Die Daten findet ihr unten.
Aber mal weg von der Papier-Menge.
Jetzt mal angenommen, der Verlag druckt nur so viele Exemplare, wie er auch loswerden kann. Berlin hat ca. 3 Mio Haushalte, das würde bedeuten, dass 2/3 einen „Bitte keine Werbung“-Aufkleber am Kasten haben. Demnach werden also ca. 1 Mio Exemplare zugestellt, der Rest landet vielleicht beim Friseur oder Zahnarzt. Ich würde mal wetten, dass die Hälfte nie angeschaut wird, sondern direkt im Müll landet. Und das jede Woche. Is’ doch bekloppt, oder?
Theater, Kinos und Stadien sind geschlossen. Netflix wurde schon im März „leergeschaut“, also habt ihr Zeit für eine Mathe-Aufgabe. Nehmt doch mal bitte einen Taschenrechner und dann geht‘s los.
Hier die Daten:
-16 Seiten Zeitung, jede Seite jeweils 28cm x 40cm
-138 Seiten Werbebeilage, jede Seite im Mittel 22cm x 29cm
Bin gespannt auf euer Ergebnis!
Na ja, auf reichlich 30.000 km komme ich auch. Das Papiergedöns versteht man ja schnell, aber auch das ganze neue vermutlich Digital-saubere verbruzelt auch ne Menge Ressourcen. Kürzlich habe ich aufgeschnappt (nicht geprüft), dass das ganze Internet im Betrieb soviel Energie verbraucht, wie die weltweite Fliegerei.
Also Achtung: jeder klick kostet Energie!
Schön, dass Deine Tochter mitgerechnet hat; Sie hat die Chance zur Veränderung, so wie wir sie gehabt haben.
Na da bin ich ja erst einmal froh, nicht voll daneben gelegen zu haben. Und ja, das ganze online-gedöns kostet auch Energie. Aber da klicke ich ja meistens „aktiv“ irgendwo drauf, die Zeitung fliegt ungewollt ins Haus und dann in den Müll. Und dann kostet es noch einmal Energie sie wieder zu verwerten … zu … Zeitung … oder Klopapiiiiiiieerr…
Viel gravierender als den recht reduzierten Informationsgehalt solcher Blätter finde ich den Anteil an Werbeprospekten, der meist mehr als doppelt so hoch ist wie das Wochenblatt und immer in Hochglanz daher kommt. Das haben sich die Fachleute ganz schlau ausgedacht, denn ein Aufkleber „Bitte keine Werbung“ kann auf diese Weise einfach umgangen werden, denn das Wochenblatt zählt nicht als Werbung, auch wenn der Anteil mehr als 50% besteht. Und dann denken sie, der Verbraucher merkt das nicht.
Liebe Grüße, Kerstin
ja genau, der Informationsgehalt ist äußerst dünn. Bislang konnten wir uns mit dem Zusatz „… und keine kostenlosen Wochenzeitungen“ davor schützen. Ich will die auch gar nicht verteufeln, wer sie haben will so sie haben. Was mich stört ist diese massenhafte Produktion, die vermutlich nur selten echte interessierte Leser trifft. Das ist ein riesige Industrie die natürlich auch Arbeitsplätze bringt, aber letztlich ist es doch … heiße Luft, oder??
Ich glaube deinen Rechnungskünsten! Da könnte man ja einige Male den Weg von Berlin nach Chennai mit Zeitungspapier auslegen. Google Map wollte jedoch keine Route ausspucken 😉! Jetzt könntest du noch die Bäume berechnen, die zur Papierherstellung gefällt werden.
Liebe Grüße aus Südindien Irène
Ich habe es ja selbst nicht geglaubt … aber ja.. ich könnte locker auf Zeitung mehrmals nach Chennai marschieren und zurück. Und wenn der Wahnsinn hier ein Ende hat, dann komme ich nach Chennai. Aber eher mit dem Flieger 😉 und ich bringe eine Zeitung mit.
Wenn du die Zeitung zum Umwickeln von Käse oder Schokolade brauchst, dann ist es in Ordnung 😜!
Mach ick‘, ,versprochen