689) Plastik

Auch wenn ich gerade fernab der Heimat bin, kriege ich natürlich mit, dass gerade eine Plastik-Konferenz in Genf stattfand und … mal wieder … keine nennenswerten Ergebnisse verhandelt werden konnten. Das ist enttäuschend, gäbe es doch so viele Baustellen. Gerade hier in Malaysia (stellvertretend) sieht man auch so viel Plastik im Alltag. Und das obwohl das Land da schon Fortschritte gemacht hat, man findet Mülltonnen in den Städten, Plastik-Tüten dämmen sie an den Kassen ein und sie klären das Volk auf. Gut.

ABER: jegliche Getränke, seien es Säfte, Wasser, Soft-Drinks oder Bier, verkaufen die Supermärkte und auch die beliebten 24h-Shops hier in Plastik-Flaschen oder Dosen, im allerbesten Falle noch in Tetra-Paks. Da sammelt sich bei vier Reisenden jeden Tage eine Menge Zeug an, welches ich zu Hause im Pfandautomaten oder der gelben Tonne entsorgen würde, es hier aber an einem Rücknahme-System noch fehlt. Kauft man eine Tüte Chips, gibt‘s mehr Tüte als Chips. Der Rest ist Luft, so wie es in Europa auch mal war. Zudem ist das Essen „auswärts“ so preiswert, dass vieles „to go“, also in Plastik verpackt und zu Hause gegessen wird.

Und das landet dann in Flüssen, Gräben, Brachen und Mangroven-Wäldern. Nicht ganz so krass wie in Indien, aber es ist schon ein bizarres Bild, wenn Arbeiter in Arbeitsschutzkleidung die Straßengräben mit Rasenmähern bearbeiten, die Plastikflaschen dort aber liegen lassen, im worst case sogar noch kleiner häckseln.

Wie soll das jemals wieder verschwinden? Auf größeren Gewässern, da kann man sich ja noch schwimmende Müll-Sauger vorstellen, aber wie soll das jemals aus all den verwinkelten Ecken gefummelt werden? Per Drone? Mag vielleicht an Straßenrändern, auf Wiesen und Flächen noch gehen.

Aber in Gräben, Wäldern, Dschungeln? Da müssen wohl Menschen und ihre Hände ran. Für gefundenes Plastik muss ein ordentlicher Rücknahmepreis pro Kilo definiert werden, dann wird sich etwas tun. Natürlich ist Plastik-Sammler nun auch nicht gerade der Traum-Job, schafft aber Arbeit und befreit immerhin mal von noch „greifbarem“ Plastik.

Und das ganze kleinteilige Zeug? Wie soll das jemals wieder neutralisiert werden? Mittels Bakterien vielleicht? Dann muss man aufpassen, dass einem nicht die Brille vom Kopf oder die  Kopfhörer von den Ohren gefressen werden.

Ansonsten können wir wunderbar auf die Asiaten schimpfen, weil „wir“ ja die leeren Pullen dem Flaschenautomaten in den Hals schieben und unsere Schraubverschlüsse kaum noch abgehen … aber Vorsicht … nur weil bei uns der Müll nicht so sichtbar ist, heißt das nicht, dass bei uns alles „im Reinen“ ist. Wir haben halt mittlerweile eine gute Infrastruktur, die Stadtreinigung holt das Zeug meist noch vor dem Aufstehen ab und nicht selten landet der Europäische Müll dann … im Ausland … auch in Malaysia.

505) Philantrophen der nächsten Generation

Ach ja, wie heißt es so schön … „Weihnachten, Fest der Liebe, der Gemeinschaft und Barmherzigkeit“? Mich reizt es in den Fingern, nach weiteren Wortspielen zu suchen. Fest der Diebe, … Fest der Triebe, … Fest der Hiebe, der Gemeinheit und Warmfüßigkeit …  ich lass das mal besser.

Gestern standen der Stammhalter und ich in der Straßenbahn, und es bot sich ein interessantes Schauspiel. Da wir direkt hinter dem Fahrer waren, hatten wir die ganze Bahn im Blick. Da saßen sieben Jungs alle so um die 15/16 Jahre alt und zockten auf ihren Handys. Das taten sie in einer Lautstärke, dass mir die Ohren klingelten. Aber wir hatten es nicht mehr weit, also war mir das egal. An einer Station stieg ein … tja, wie sagt man das … Mittelloser, … Obdachloser?, … Bettler … ein, der sich auf die gewohnte Art vorstellte. „Guten Tag, mein Name ist „Sowieso“, ich bin obdachlos … etwas Kleingeld … vielleicht Essen … vielen Dank. Die Jungs übertönten seine Vorstellung, aber einer der Boys stand dann auf und drückte dem Mann eine leere Pfandflasche in die Hand. Der Mann bedankte sich. Zwei weitere Jungs zogen nach und überreichten ihre leeren Flaschen.

Also was war das denn gerade?

  • Haben die Jungs den Mann immerhin wahrgenommen und unterstützt? Ich habe schließlich nichts gegeben. 
  • Oder sind es einfach nur faule Säcke, die es nicht nötig haben, ihre Pullen in Pfandgeld zu verwandeln?

Wer weiß. 

Auf dem Heimweg berichtete der Stammhalter, dass die Jungs alle schweineteure Klamotten trugen und endete einer Bemerkung so ähnlich wie …

„Wie sich der Mann da wohl gefühlt haben muss.“

Wir wissen es nicht.

63) Einweg, Mehrweg, Mann weg

Seitdem uns immer intensiver vermittelt wird, dass wir ein Klima haben, achtet die Familie mehr auf die Wahl der Flaschen für Brause, Saft und Wasser. Naiverweise dachte ich ja lange Zeit, Pfandflasche = Gut = Mehrweg. Falsch gedacht. Auch bei den Pfandflaschen gibt es feine Unterschiede. 

Und so wird das frühere „Ich gehe mal schnell Saft holen“ zum Tagesausflug mit Verpackungskunde:

  • Im Saft-Regal ganz unten steht die „Hausmarke“, 1 Liter für freundliche 0,79 EUR. Aber die Flasche ist aus Plastik und ohne Pfand. Also besser nicht.
  • Gleich nebenan steht „Region, Apfelsaft BB“, 0,75 Liter für saftige 2,29 EUR. Ist zwar eine Glasflasche, aber ohne Pfand und mir dann mit 3,05 EUR pro Liter doch zu „saftig“.
  • Eine Etage drüber sehe ich „Direktsaft, Natürtrüb“, 1 Liter für 1,99 EUR. Aber es ist ein Tetra-Pak. Ist ein Tetra-Pak nun besser oder schlechter als eine Plastik-Pfand-Flasche? Dazu müsste ich mal googlen, aber beim Krämer ist das Netz zu schwach.
  • Ein paar Meter weiter im selben Gang steht dann noch „Klarer Apfelsaft“ im Regal. Ganz oben. 1 Liter für 1,59 EUR, Glas, Mehrweg + 0,15 EUR Pfand. Gleich daneben die trübe Variante, gleicher Preis.
  • Im nächsten Gang finde ich „Apfelsaft Mild 100%“, 0,33 Liter für 0,49 EUR. Aber alles in Plastik und viel zu kleines Packmaß, da brauche ich ja fünf Hände. Dafür ist er aber „Vegan“ und hat 100% Fruchtgehalt.
  • Weiter hinten im Laden gibt‘s noch eine Bio-Ecke. Da steht „Apfelsaft Natürtrüb“, Glas, Mehrweg, 0,75 Liter für 1,15 EUR + Pfand 0,15 EUR. Macht 1,64 EUR pro Liter. 

Ich brabbele und schimpfe vor mich hin, warum das alles auf dem Rücken der Konsumenten abgeladen wird.

Mir kommt die Idee für eine App, die mir aus den Faktoren Verpackungsmaterial (Plastik, Glas, Tetra-Pak), Recycling (Einweg, Mehrweg, Nixweg) und den Sozial-und Klimapolitischen Konditionen (Bio, Region, Vegan und Fair) und meiner Geldbörse den optimalen Apfelsaft auswählt. Die App müsste zusätzlich noch …

Eine Chat-Nachricht quält sich durchs schwache Netz. „Wo bleibst du?“

41) Leergutautomaten

Es gibt da solch Ungetüme, die mich einmal pro Woche an den Rand des Wahnsinns treiben. Diese Apparate stinken zum Himmel, gelten gemeinhin als Keimschleuder und sind zudem noch widerspenstig, bockig und dämlich. Dort wo wir unseren wöchentlichen Einkauf erledigen, stehen gleich vier dieser zeitfressenden Monster nebeneinander. Leider sieht man ihnen ihre Tages-Laune nicht von außen an, man hat also kaum Chance, sich für oder gegen einen der Pfand-Automaten entscheiden. Zunächst fordert ein Display dazu auf, die Flaschen mit dem Boden zuerst in den grün leuchtenden Schlund einzuwerfen. Damit kann ich ja noch leben, selbst wenn einem dabei häufig irgendwelche Flüssigkeits-Reste in den Ärmel laufen. Die ersten zwei, drei Flaschen schluckt der Automat bereitwillig. Es scheint so, als hätten die Techniker bei der letzten Wartung das Zickigkeits-Level etwas herunter gedreht. Aber der Schein trügt und der Automat fällt wieder in sein gewohntes Verhaltensmuster. Er unterbricht den Vorgang, sein Schlund leuchtet rot auf und auf dem Display erscheinen wahlweise folgende Meldungen:

Gebinde nicht vollständig entleert!
Erstens habe ich die Pulle ja soeben erst in meinen Jacken-Ärmel entleert und zweitens, was ist das überhaupt für ein antiquierter Begriff? „Gebinde“. Meine Kids wissen gar nicht, was das heißen soll. Geschweige all die fremdsprachigen Benutzer, die dem Automaten ihre Falschen in den Hals werfen.

Flasche gehört nicht zum Sortiment!
Und ob, du dumme Maschine! Die habe ich ja erstes letzten Samstag hier im Markt gekauft. Ich kaufe ja schon kaum Flaschen bei anderen Märkten, um genau diesen Ärger mit euch zu vermeiden. Ich probiere es wieder und wieder, aber das Förderband schiebt die Flasche stur zurück. Mir reichts! Ich werfe die Flasche wie einen Dart-Pfeil an dem Scanner vorbei. Dafür gibt es zwar kein Geld zurück, aber ich habe nun auch nicht ewig Zeit.

Bitte kontaktieren Sie einen unserer Mitarbeiter!
Das ist die Höchststrafe und eigentlich schon ein Widerspruch an sich. Wenn es hier noch irgendwo Mitarbeiter geben würde, dann müsste ich mich ja nicht jeden Samstag mit euren nervenden Flaschenpfand-Maschinen herumärgern und meine Zeit mit ihnen verplempern.

 

Was waren das für Zeiten, als unsere Flaschen noch von Menschen entgegen genommen wurden.  Und wie geschickt und schnell die dabei waren…

Frühere Beiträge zu nervigen Automaten und Self-Service: