200) Aus der digitalen Mottenkiste – Teil 2

Und weiter gehts auf der Reise ins letzte Jahrtausend, in eine Zeit mit „Personal-Computern“, aber ohne Smartphone und ohne Internet fürs Volk. In 1994 und 1995 bekam ich immer PC’s unter die Finger. Die Büchsen standen im Büro herum und ich hatte den Eindruck, dass viele nicht so richtig wussten, was man mit denen anstellen konnte. Aber die Azubis und Studenten in der Firma spielten an allem herum, veränderten Einstellungen und reizten die Kisten aus bis an ihr Limit.

Ein paar Eindrücke:

  • Die Rechner mit denen ich zu tun hatte, hatten „schon“ 486-er Prozessoren. Die mittelgroßen 5 1/4“-Disketten konnte man zwar nicht mehr reinschieben, dafür aber die kleinen 3 1/2“-Varianten mit sage und schreibe 1,44 MB Speicherkapazität. Da musste man schon kreativ werden beim Speichersparen. Ein durchschnittliches Handy-Foto heute hat schon locker 3 MB.
  • Die Festplatten hatten ungefähr 120 MB (!), der Arbeitsspeicher 4 oder 8 MB. Auf diesen Kisten lief Windows 3.11 und noch die entsprechenden Programme wie WinWord 2.0 und Excel 3.0. War ein Update nötig schob man nach und nach bis zu 30 Disketten in den gierigen Schlund. „Bitte legen Sie Disc 23/30 ein“. Und wehe eine von denen ging mal verlogen oder kaputt. Updates liefen nicht „so nebenbei“, nein man glotzte ewig auf den Prozentbalken und rauchte nebenbei Zigaretten. Ja, im Großraum-Büro! Benötigte man Hilfe von der „DV-Abteilung“ tat man besser dran, ein paar Flaschen Cola zu besorgen, denn diese Sitzungen konnten gut und gern 2-3 Stunden dauern und der Kollege musste ja bei Laune gehalten werden.
  • Vieren-Scanner wurden per Diskette verteilt und waren damit schon grundsätzlich veraltet. Allerdings konnte man sich Viren ja auch nur über fremde Disketten einfangen. Plug & Play gab‘s noch nicht, wollte man einen Drucker anschließen, musste der nötige Treiber per … na was wohl … ja per Diskette installiert werden.
  • Die Monitore waren echte Trümmer, aber mit 14 Zoll schon recht „komfortabel“. Anfänglich noch schwarz/weiß, gab es sie dann auch mit Farbe. Schon schöner irgendwie, aber die Laserdrucker druckten ja nur schwarz/weiß, im besten Falle grau. Torten-Diagramme in Excel färbte man nicht ein, nein man musste sie mit Schraffuren versehen, um die Tortenteile besser drucken zu können.
  • Powerpoint-Präsentationen druckte man auf schweineteuren Folien aus und nahm sie in einem Dicken A4-Ordner mit zum nächsten Meeting. Dort legte man die Kunstwerke dann auf einen Overhead-Projektor und fuchtelte während der Präsentation mit einem Zeigestock herum.
  • Excel hatte nur ca. 64.000 Zeilen, man gab den Zellen keine Farben sondern Muster. Mit Excel 4.0 konnten wir schon Makros schreiben, mit Excel 5.0 kam erst der Auto-Filter (wenn ich richtig erinnere), ohne den wir doch heute aufgeschmissen wären.
  • Einen Windows Desktop gab es nicht, man hatte keine Oberfläche, die man zumüllen konnte. Es gab einen Datei-Manager und einen Programm-Manager. Dateinamen durften nur 8 Stellen lang sein, die Dateiendung musste beim Speichern zwingend mit eingegeben werden, die Programme konnten das  noch nicht von allein.
  • Irgendwann kam dann das „Netzwerk“ hinzu. Ein Druckserver konnte schon mal mehrere Stunden flach liegen, irgendwann fing der große Drucker dann wie von Geisterhand an zu drucken. Dann konnte man via X.400 bald elektronische Nachrichten verschicken, incl. Anhang! Das dauerte gern mal ein paar Stunden, viele Nachrichten gingen verloren.

Und dann, eines Tages, erschien ein neues Icon auf dem Rechner. Es nannte sich Netscape Navigator. Mehr dazu im nächsten Beitrag 😉 … dann erzählt der Märchen-Onkel hier von seinen ersten Ausflügen ins Internet.

<— Aus der digitalen Mottenkiste – Teil 1

–> Aus der digitalen Mottenkiste – Teil 3

23 Kommentare zu „200) Aus der digitalen Mottenkiste – Teil 2

  1. Ha, Folien — ich lach mich schlapp. Ich habe mal Einmachfolie benutzt, weil Folien nicht aufzutreiben waren. Immerhin hatte ich mir von den 15 DM Begrüßungsgeld in Westberlin 2 Folienstifte gekauft (und für meinen Sohn ein Plüschtier). ***hahaha***
    Als ich meinem ersten PC eine 120 MB Festplatte verpasste, erklärten mich alle für verrückt und fragten, wann ich die je vollschreiben würde.

      1. Ja, vielleicht mache ich das wirklich. Du hast da eine echt staubige Kiste bei mir angerappelt. Aber ich warte erstmal ab, bis Deine Serie fertig ist. Außerdem müsste ich ja erstmal sortieren…
        Aber ich freue mich auf Deine nächsten Beiträge dazu.

  2. Wahnsinn, wie rasant sich alles verändert hat… 1990 sagte ich noch, mit einem PC werde ich mich in meinem Berufsleben nicht mehr befassen. 2004 war ich mit Blackberry, Laptop und Freisprecheinrichtung im Auto und Office unterwegs.

    1. Ich wollte nicht studieren, weil man uns beim Tag der offenen Tür an der Uni damit gedroht hatte, eventuell auch mal an Rechnern arbeiten zu müssen. Das war noch in Ostberlin, wenige Monate vor dem Mauerfall.

  3. Unglaublich, woran Du Dich noch erinnerst! Jetzt beim Durchlesen zaubert das bei mir massenweise „ja genau“ und so manches Schmunzeln hervor. Ich weiß noch, wie sehr unser ganzes Büro den Kollegen beneidete, der den ersten 1GB PC bekam (weil er durch seinen mehrmonatigen beruflichen Aufenthalt im Ausland eine Wahnsinns-Funktionsstufen-Vorhersage verpasst bekam und somit entsprechend gepusht werden musste ;-)). Was für eine digitale Reise, die wir da alle in den letzten Jahren angetreten haben…. wenn man da Lust zu hatte/hat, war/ist das echt spannend.

    1. Hi Sabine, ja, umso mehr man drüber nachdenkt, umso mehr kommt wieder in den eigenen Arbeitsspeicher ;-).
      Meine berufliche Laufbahn begann in diesem digitalen Frühling und irgendwie lebe ich ja immernoch davon

    1. Ah ha, die tanzende Büro-Klammer, die immer dann ins Geschehen sprang, wenn man sie nicht brauchte. Ach und zum Polylux. Die meisten Nachbarn hier kommen aus dem Süden, da muss ich mich mit der Wortwahl etwas anpassen 😉
      Freundschaft!

      1. Alles klar!
        Druschba. Die Zugezogenen könnten sich ja langsam auch anpassen. Ich treff immer wieder Leute, die Dreiviertel 3 nicht verstehen und das nach 10 Jahren! 😉

      2. Eigenartige Menschen … aber Dreiviertel 3 … ist doch klar wie Kloßbrühe … also Dreiviertel Liter davon zumindest

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