697) Wehr darf, wehr pflicht, wer hat noch nicht?

Da der Reiner für seinen >Beitrag so einen tollen Titel gefunden hatte, will ich natürlich gleich nachziehen. Herr >Sinnlos Reisen schreibt wohl auch gerade was, wie ich so gehört habe, ich verlinke es dann hier.

Das Thema Wehrpflicht war hier auf dem Blog nur selten zu Gast. Das liegt daran, dass der Fall für mich abgeschlossen schien und bis vor, sagen wir mal, zwei Jahren auch gar keine Rolle mehr spielte.

Nun ändert sich das wieder, denn der Stammhalter kommt in das relevante Alter, die politische Großwetterlage ist angespannt, die Deutsche Regierung will schrittweise zurück zur Wehrpflicht … und weiß nicht so Recht, wie sie das anstellen soll.

Mit dem Thema Wehrpflicht kann man in Windeseile ein familiäres Abendessen sprengen und da werden noch ein paar Essen folgen. Aber ich kann die Argumente verstehen, schließlich war ich auch damit konfrontiert und habe noch „gedient“, zwar nicht dem Militär, aber anderweitig und ausreichend.

Im Frühherbst 1995 wurde ich gemustert, habe dann 1996 mit einer grandiosen  Schriftsammlung den Kriegsdienst verweigert und mich dann auf 7 Jahre Katastrophenschutz im Sanitätsdienst verpflichtet (vorher mal 10 Jahre). Das war ein Modell, bei dem man seinen Dienst am Abend und Wochenende ableisten konnte, waren aber trotzdem noch 200 Stunden im Jahr für mich. Zudem war ich örtlich gebunden, was meinem Job-Start etwas im Weg stand. Wehrdienst und Zivildienst wurden dann Stück für Stück gekürzt und somit auch die Dienstzeit für mich. Zum Ende überzeugte ich den Verein, doch unbedingt eine Website haben zu müssen, die … natürlich nur ich … aufsetzen könnte. Also brachte ich den Verein ins Internet und konnte dafür ein paar Stunden schreiben. Was für ein Glück

Anfang 2003 kam der ersehnte Brief: „Da Sie … mehr als 6 Jahre Dienst geleistet haben … endet ihre Pflicht gemäß Paragraph 14 Abs. 4 Satz 1 ZDG Zivildienst zu leisten“. Erleichterung.

Zwei Fragen beschäftigen mich in diesen Tagen:

  1. Was würde ich machen, wenn ich heute noch mal als junger Mensch entscheiden müsste?
  2. Was würde ich tun, wenn das Kreiswehrersatzamt heute Männer im wehrfähigen Alter zusammentrommeln würde?

Frage 1: Ich würde wieder versuchen, den Dienst an der Waffe zu verweigern, würde aber vielleicht doch eher den kompakteren Zivildienst machen, denn eine Verpflichtung auf 7 Jahre ist halt schon ein ganz schöner Happen … und in 7 Jahren passiert eine ganze Menge … aber gut … egal … „hätte hätte Panzerkette.“

Frage 2: Die Frage hat es schon mehr in sich. Angenommen, es erfolgen Aufrufe an die deutsche Bevölkerung, dass ausgebildete Soldaten, Sanitäter, Kat-Schützer und Menschen mit ähnlich nützlichen Profilen sich doch bitte dannunddann einfinden mögen. Zunächst freiwillig.

Tja … was tun?
Schwierig.

Heute komme ich zu keiner Antwort

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10 Kommentare zu „697) Wehr darf, wehr pflicht, wer hat noch nicht?

  1. Interessantes Thema, scheint mir. Die Gewissensfrage ist echt schwierig zu beantworten, zumal heute ja wieder ein Einsatz nicht ausgeschlossen werden kann. Ich täte mich heute schwer mit einer Entscheidung. Mein Beitrag dauert übrigens noch etwas. Erst kommen die Amerika- Beiträge.😃

  2. Dass Du das Thema auch mit dem Blick auf die Familie anschneidest, finde ich klasse. Und dass die Frage des „Dienstes“ offen bleibt, nachvollziehbar. Vor 50 Jahren war die Welt eine ganz andere. Wir hatten damals eine andere Vorstellung von Friedenspolitik (Willy Brandt, Ost-West-Dialog etc.). Wehr- bzw. Ersatzdienst waren aus meiner damaligen Sicht vor allem Beiträge für den Dienst an der Gesellschaft. Und die gab uns damals noch was zurück – ich zum Beispiel konnte nur deshalb studieren, weil der Staat mir das ermöglichte!

    1. Ja, schwierig … mein best buddy, hat bis 1990 noch für einen ganz anderen Staat gedient … und dann schwuppdiwupp in die BW eingeliedert … neue Abzeichen, andere Klamotten fertig …

  3. Beim Thema Wehrpflicht gibt es sicherlich viele Fragen und nur wenige gute politische Antworten. Am besten ist und bleibt hier der Volksentscheid. In Oesterreich hat man das gemacht und in der Schweiz ohnehin. In Deutschland koennte man das machen wenn die Politiker es denn wollten. Irgendwie erinnert mich das an das Thema Rente ueber das jeder mal nachdenken sollte. Seit ewiger Zeit wird davon gesprochen aber nichts positives ist da geschehen. Schon wieder muss ich mich da an Oesterreich erinnern. Die haben es geschafft fuer Rentengerechtigkeit zu sorgen als alle Berufstaetigen zur Einzahlung in die Pensionskasse gezwungen wurden. Beim Thema Wehrpflicht und Wehrgerechtigkeit ist auf jeden Fall der Gerechtigkeitssinn der Bevoelkerung gefragt. Nur wer einen Wehrdienst fuer notwendig haelt wird sich auch daran beteiligen wollen. Wenn es eine Wehrpflicht geben sollte ist eine Motivition der Beteiligten unerlaesslich sonst laufen diese beim ersten Feindkontakt zum Feind ueber denn einen schlimmeren Feind als wie ihren Vorgesetzten koennen sie sich nicht vorstellen.

    1. Da sprichst du einen wichtigen Punkt an, denn Social Media Kampagnen, Rekrutierungs-Programme, und Poster in der Öffentlichkeit sorgen noch nicht dafür, dass junge Männer und Frauen bei der Stange bleiben… Oder bei der Fahne

  4. Danke für Deine Gedanken zu diesem Thema. Für mich mit meinem gezeigten Geschlecht und in meinem Alter stellt sich die Frage wohl nicht (mehr). Für meinen Sohn schon eher – er hatte seinerzeit allerdings Zivildienst gemacht. Für meinen Enkel wird es wohl keine Frage mehr sein, sondern nur noch Pflicht. Davor graut mir, ehrlich gesagt, ganz schön.

    Gut fände ich sowas, wie es damals „bei uns“ gab: Zivilverteidigung = Sanitätsausbildung, Feuerlöschen, Menschenbergen etc. Irgendwie Strukturen, die sofort greifen, wenn irgendwelche Notlagen wie Überschwemmungen, Epidemien etc. auftreten. Kann ja keine/r behaupten, er/sie würde sowas nicht kennen. Insbesondere bei Corona habe ich mich gefragt, was ich tun kann, um zu helfen. Und auch beim Ahrhochwasser; da allerdings erfolglos.

    1. Ja, genau. Katastrophenschutz, so dass jeder die Grundlagen kennt und dann eingreifen und helfen kann. Egal was da vom HImmel fällt. Drohnen, Hagel, Regen, Sturm

  5. Ich finde einfach erschreckend in welcher Geschwindigkeit in dieser angeblichen Demokratie vermeintlich überlebte Feindseligkeiten und ausgedachte Bedrohungen erschaffen werden. Und mit welcher Leichtigkeit man sich am Geld des Volkes bedient. Hat man inzwischen die Bevölkerung erfolgreich so sehr verblödet dass sich niemand mehr daran erinnert wie der letzte Weltkrieg begann? ´ Nie wieder´ scheint wohl doch nur eine gern genutzte Floskel zu sein, ganz ähnlich wie ‚ Frieden schaffen ohne Waffen‘ .

    1. ja, die Geschwindigkeit erstaunt mich auch etwas, allerdings kann ich das schon verstehen, dass man nun krampfhaft nach Soldaten sucht, auch wenn ich genetisch eher ein Konfliktvermeider und Pazifist bin.

      Der letzte Weltkrieg begann mit Großmacht-Phantasien Deuschlands … das ist nun wahrlich etwas anders. Der große Bär will sein Reich zurück und da habe ich nun auch keinen Bock drauf. Schon wieder.

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