Heute hatte ich einen Brief von der République Française im Briefkasten. Der Brief war schwer und sah sehr offiziell aus. Oh, Oh. Wenn man nach dem Urlaub solche Post aus dem Urlaubsland bekommt, heißt das meist nichts Gutes.
Sofort erinnerte ich mich an die vielen Blitzer, die entlang der Land-und Nationalstraßen standen. Ich war mir eigentlich sicher, alle rechtzeitig entdeckt zu haben. Aber nun ja. Bei 2.500 Kilometern im Land ist das doch eigentlich eine gute Leistung. Well spotted mein Lieber! Augen und Reaktionsvermögen sind intakt!
Also nahm ich es eher locker, zerlegte den Brief in seine Teile und dokumentierte meine User Experience.
1) Ein zweiseitiger grüner Bogen informierte mich in perfektem Deutsch über meinen Verstoß. Ortsangaben, KFZ-Daten, Geschwindigkeit und Typ-Bezeichnung des Kontrollgeräts.
Im unteren Teil wurden drei Optionen gelistet, welches Bußgeld ich gerne zahlen möchte.
- Betrag 45 EUR wenn ich es innerhalb 46 Tagen zahle
- Betrag 68 EUR wenn ich es zwischen 47 und 76 Tagen zahle
- Betrag 180 EUR wenn ich erst nach 76 Tagen zahle
Oh, das ist aber nett, immerhin habe ich die Wahl!
2) Bei einem weiteren zweiseitigen Bogen in orange, ging es um die eigentliche Zahlungsabwicklung
Auch hier zeigt sich die französische Behörde sehr kundenorientiert:
- Per Bankkarte
- Per Smartphone
- Per Überweisung
- Vor Ort in einem Tabakgeschäft —> eigentlich mein Favorit, wenn ich ehrlich bin 😉
- Vor Ort in einem Schalter der öffentlichen Finanzen —> ach nee, danke, lieber nicht
Ansonsten viel Kleingedrucktes und ein Papier-Überweisungsträger auf der Rückseite.
3) Und dann noch ein blauer Bogen, auch zweiseitig. Hier konnte ich Befreiung von der Zahlung beantragen, und zwar aus folgenden Gründen …
- Wegen Diebstahl, Beseitigung, Entwendung oder Veräußerung
- Wegen Verleihung oder Vermietung
- Anderer Grund
Den Grund: „C’est une banalité“ suchte ich vergebens.
Und nun zur Auflösung:
Ich bin 97 km/h auf einer 90-er Strecke gefahren, veranschlagt wurden 92 km/h, also 2 km/h drüber. Bußgeld: 45 EUR … recht happig, oder?
Aber ich nehme es positiv. Für die 45 EUR kriegt man auch eine Menge geboten. Sechs Seiten Papier mit hohem Farbanteil, sehr gutes Deutsch, digitale Zahlungsmethoden, viele QR-Codes zum Zeitvertreib, ein farbiges Emblem und sogar einen Rückumschlag. Das ist doch mal gar nicht so schlecht oder? Allerdings möchte ich anregen, dass ich für diesen Preis auch gern ein Foto für unser Urlaubsalbum hätte. Und dass der Rückumschlag doch künftig bitte frankiert sein sollte, dann könnte ich den noch für andere Zwecke nutzen. Alles in allem ein „User Satisfaction Index“ von 84,44% würde ich sagen, da gibt es also durchaus noch „Room for Improvement“, oder?
Aber jetzt, wo ich hier fasst fertig bin … da fällt mir doch glatt … ein kleingedrucktes Datum … unter der Typ-Bezeichnung des Messgeräts auf. Da steht: „Datum der letzten Überprüfung: 04/02/2021“. Hah! Anfechtbar! Formfehler! Gerät nicht geeicht! Wahrscheinlich war ich müde und bin sogar nur 85 km/h gefahren und dieser blöde Apparat hat irgendeinen Unsinn gemessen.
Soll ich Widerspruch einlegen? Soll ich es wagen? Soll ich … na ?
Aber, ich warte mal lieber noch, vielleicht kommen ja noch mehr solcher dicker Briefe in den nächsten Tagen … ;-), da lege ich mich jetzt mal besser nicht mit „La Grande Nation“ an.