47) E-Sharing-Wahn

Dass ich so meine Probleme mit den unzähligen bunten Leih-Rädern in der Stadt habe, hatte ich schon mal hier in >Bikesharing geschrieben. Mittlerweile kann ich denen ja wenigstens noch etwas ökologisches und sportliches abgewinnen, ABER nur wenn sie an Stationen gebunden sind. Wenn die Dinger einfach irgendwo abgestellt oder in die Büsche geschmissen werden, bleiben sie mir ein Dorn im Auge. Nix zu machen!

Aber nun wird‘s ja immer bunter:

In jeder Nacht werden neue bunte E-Tretroller in den Straßen abgestellt. Man spricht mittlerweile von 5.000-6.000 Stück in der Stadt, Tendenz steigend. Über diese Roller wurde schon vor ihrer Zulassung heftig gestritten, als es um Geschwindigkeit, Helmpflicht und Nutzungsrechte ging. Darum geht es mir aber heute nicht. Mir fehlt z.B. die Diskussion, welche konventionellen Verkehrsmittel denn dadurch weniger wurden. Haben denn all diese Spaß-E-Tretroller-Fahrer ihre Autos oder Mopeds verschrottet? Glaube ich wohl kaum. Da das Fahren der Dinger vermutlich auch noch Spaß macht und sie überall zu haben sind, wird künstlich Verkehr geschaffen, der sonst nie da war. Diese Wegstrecken wurden früher mit der Bahn oder eben zu Fuß erledigt. Die zweite Frage, die mich beschäftigt ist, wie denn die Dinger geladen und gewartet werden? Werden sie mit Diesel-LKW durch die halbe Stadt gefahren und morgens wieder aufgestellt? Das wäre eine schlechte Öko-Bilanz. Mal ganz zu schweigen davon, mit welchem Strom sie geladen werden und wie die vielen Heinzelmännchen bezahlt werden. Weiß hier jemand mehr?

Und nun kommt noch mehr oben drauf. In den letzten Tagen wurden zig Elektro-Autos in den Straßen abgestellt. Zum Beispiel 1.500 VW e-Golf ! Was soll denn der Mist nun wieder? Wenn man e-Tretroller und Fahrräder in die Büsche schmeißt, sieht das zwar übel aus, aber sie nehmen wenigstens keine Park-Plätze weg. Mit den E-Cars werden nun noch mehr Autos in die Stadt gespült und geparkt. Sollten es nicht eigentlich weniger Autos werden? Was soll der Schwachsinn? Auch hier die Fragen. Wie und wo werden die aufgeladen? Wieviele werden nachts irgendwo durch Waschanlagen geschoben, die Wasser und Chemie verbrauchen. All die Kunststoffe, Reifen und Metalle, die nötig waren, um die Autos zu produzieren. Und auch noch einmal die Frage, wieviele konventionelle Autos dafür aus dem Verkehr gezogen wurden. Weiß das jemand?

Wenn ich nur mal die Zahlen hier im Beitrag addiere, handelt es sich ungefähr um zusätzliche 7.500 Batterien! Für den Moment. Die müssen alles aus seltenen Rohstoffen hergestellt, nach Deutschland gebracht und später wieder entsorgt werden. Mir wird da echt schwindelig. Was hier im grünen Antlitz daher kommt, ist doch ökologisch eine Mega-Augenwischerei oder denke ich zu einfach? Kann mal bitte jemand aufklären?

Was soll das nur werden, wenn es irgendwann mal an jeder Ecke E-Hoverboards zum Leihen gibt? Und noch E-Segways, E-Dreiräder und E-Rollschuhe und E-Inliner und E-Skateboards und E-Tuk-Tuks und E-Rollatoren und E-Bobby-Cars und …

Wir müllen unsere Stadt mit stehendem Schrott zu und verfetten zunehmend, weil keiner mehr nur noch einen Meter läuft. Na großartig. Gut gemacht!

Anmerkung: Ich finde E-Autos sehr interessant und könnte mich selber mit einem E-Auto oder Hybriden anfreunden. Aber das was hier passiert, wirkt total planlos. Oder ist da echt ein Plan dahinter? Autos auf den Markt spülen, damit Menschen ihre alten Autos abgeben und am Ende weniger Autos auf dem Markt sind als vorher. Hääääh??? Is‘n das für eine Rechnung?

PS: mein Sohn klärte mich gerade auf, dass ein durchschnittlicher E-Tretroller in Paris ungefähr 78 Tage alt wird, häufig landen sie in der Seine. Bingo!

29) Acoustic Vehicle Alerting System

Neulich mussten wir mit den Kids eine Tiefgarage zu Fuß über die Ausfahrt verlassen. Das ist auch gar kein Drama, wenn man die Augen und Ohren offen hält. Gesagt, getan. Wir laufen wir also im Entenmarsch die Ausfahrt schräg hinauf in Richtung Schranke.

Leise nehmen meine Ohren ein Motorgeräusch wahr und ich rufe nach vorn: „Kinder’s, da kommt bald ein Auto. Lauft mal noch die paar Meter hoch und dann wartet ihr rechts neben der Schranke“. Aber ich fühle etwas direkt hinter mir und drehe mich um. Ein kleiner Elektro-Flitzer ist mir schon auf den Fersen. Wo kommt der denn auf einmal her?

Gestern las ich in der Zeitung über sogenannte Acoustic Vehicle Alerting Systems (AVAS). Also akustische Systeme, die das wegfallende Motor-Geräusch der E-Autos in den langsamen Geschwindigkeiten ersetzen sollen. Klingt vernünftig. Es gibt ein paar Vorgaben an die Hersteller, aber ansonsten setzt man auf Kreativität und Erfindergeist der Ingenieure und Sound-Tüftler.

Vielleicht wird es also ein sonores Brummen, ein Schnurren, Gluckern oder eher ein Pfeifen?

Oder aber sie machen sogar ein Business draus? Ich kann es schon hören:

  • Bei Volvo läuft ABBA, bei Renault trällert Charles Aznavour und bei Dodge hört man die US-Amerikanische National-Hymne
  • Über das AVAS der Mietwagen-Anbieter und Car-Sharing-Dienstleister schallt Werbung auf die Straße, die Fahrt wird dann noch billiger, wenn der Sound auch nach innen strahlt
  • Aus den Elektro-Mobilen des Ordnungsamts, werden die lokal geltenden Park-Bestimmungen, Tarife und Ordnungsstrafen vorgelesen
  • Junge Fahranfänger dürfen sich über eine App einen ganz eigenen Sound komponieren, Passanten können das Motor-Ersatz-Geräusch dann auch gern like‘n.
  • Filmfreaks können Zitate aus Blockbustern verwenden. Manchmal droht also der Terminator mit „I‘ll be back“, Rocky ruft immer noch nach seiner „Adrian“ und E.T. will nun wirklich langsam mal „nach Haus.“
    Manche Zitate stehen natürlich auf dem Index. Ist auch besser so.

Noch andere Vorschläge für diesen Patchwork-Klangteppich zur Elektromobilität?

Frühere Beiträge zur neuen Mobilität: