152) Corona-Lektionen 55

Einleitung … Einleitung …? Nee, heute nich‘. Eher Verleitung … Fehlleitung … Irrleitung … und so. Schluss mit Wortspielen, wir steigen gleich ein.

Meinungsfreiheit
Für das Geschehen letzten Mittwoch, im Berliner Regierungsviertel und im Bundestag, fehlen mir immer noch die Worte. Da krakeelten Gegner der Anti-Corona-Maßnahmen zusammen mit Spinnern und Rechtsextremen und ließen sich dabei durch mitgebrachte Kinder vom Einsatz der polizeilichen Wasserwerfer schützen. Wie feige ist das denn! Und wer waren die überhaupt? Waren das wirklich die Leittragenden, deren Geschäft oder Existenz bedroht ist? Waren das die Kleinkünstler, Freiberufler, Kneipiers oder Kino-Betreiber, denen es aktuell wirklich nicht gut geht? Ich habe da so meine Zweifel. Vor die Kamera schafften es eigentlich nur zwei Gruppen von Teilnehmern. Die ach so „normal“ wirkenden Mitbürger, die aber nur dummes Zeug labern, dass man am liebsten abschalten würde. Und die gefährlichen Scharfmacher, die sich „geschickt“ am Vokabular dunkelster deutscher Vergangenheit bedienen und auch geschichtliche Ereignisse völlig verdrehen und für sich instrumentalisieren. Das ist so widerlich und einfach zu durchschauen. Wenn man nur hinhört. Also hört in! Auch wenn es schwerfällt.

Nachstehend ein Foto von einem Flugblatt, dass ich im Kiez gefunden habe. Ich habe eine Weile überlegt, ob ich diesem Blödsinn hier eine Bühne geben sollte oder besser nicht. Ich habe mich dafür entschieden, nicht weil ich das irgendwie gutheiße, sondern eher um vorzuführen, wie billig da Stimmung gemacht wird. Bloß gut, dass der Wisch gleich neben dem orangen Mülleimer hängt. Denn da gehört er hin.

Apropos Bühne
Ich hatte Gelegenheit, die jüngsten Auftritte von Grebe, Sträter, Böhmermann und Co. zu sehen. Schön, dass die wieder auf der Bühne sind, auch wenn ich das nur aus der Video-Tube genießen konnte. Aber bei all dem Geblöke da draußen, tun deren scharfsinnige Formulierungen und ihr intelligenter Humor echt gut. Da macht es durchaus Freude zuzuhören!

Einen schönen Sonntag!
T.

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146) Corona-Lektionen 51

Gerade erst die 50. Ausgabe der Corona-Lektionen veröffentlicht, war ich ich etwas unschlüssig, ob und wie ich das infektiöse Thema weiter behandeln will. Eigentlich habe ich genug davon, aber anscheinend wird uns dieses miese Virus ja nun noch eine Weile beschäftigen. Also mache ich erst einmal weiter.

Heute geht es mir mal um Kommunikation:

Maske:
Zunächst heiß begehrt und nicht zu kriegen, trägt dieses kleine Stück Stoff nun zu soviel Unfrieden bei. Aber warum eigentlich? Im Frühjahr hatte man relativ bald erkannt und auch kommuniziert, dass Masken nicht für den Selbstschutz taugen, wohl aber für den Fremdschutz. Und diese Erkenntnis und ehrliche Kundgabe dessen, war bereits die erste Sabotage dieser Maßnahme. Zumindest in unseren egoistischen Breiten. Was wäre eigentlich geschehen, wenn man glaubhaft kommuniziert hätte, die Maske diene vornehmlich dem Selbstschutz? Ich werfe mal die steile These ins Netz, dass es deutlich weniger Maskenmuffel gäbe, da Selbstschutz unserem Naturell viel näher ist, als der Schutz der anderen. 

Regeln:
Der Staat, die Landesregierung oder die Gemeinde. All sie erlassen Regeln (…meistens Verbote…) und machen dabei nicht immer die beste Figur. Schon klar. Aber vieles fokussiert dann nur noch auf diese Regeln und es entlädt sich viel Frust gegenüber dem Überbringer der schlechten Nachrichten. Die Menschen beschäftigen sich eher damit, wo noch etwas „erlaubt ist“ und was „noch so geht“. Manche sehen in jeder Regel ihre ganze Freiheit bedroht. Andere wiederum folgen den Regeln bis auf jeden Buchstaben und auch dort setzt der Verstand zeitweise aus. Denn wenn etwas aktuell nicht verboten ist, heißt es doch nicht automatisch, dass Vernunft und Selbstverantwortung abgemeldet sind, oder?
Muss man zum Junggesellenabschied nach Malle fliegen, nur weil es eben noch erlaubt ist? Muss man um 22:50 Uhr drei Saalrunden ordern, nur weil es bis 23:00 Uhr noch möglich ist? 
Auch hier scheint der eigene kurzzeitige Vorteil viel erstrebenswerter, als das Wohl Anderer.

Wortwahl:
Interessant ist auch, welche Begriffe sich so langsam im Alltag einschleichen und wie sie instrumentalisiert werden.

Nehmen wir den „Corona-Gegner“. Dieser Mensch trägt das Attribut, „gegen“ Corona zu sein, im Namen, protestiert aber gegen die Corona-Maßnahmen. Während ich, der die Maßnahmen mitträgt, nun dafür in die Schublade der „Corona-Befürworter“ gehöre. What? Ich „befürworte“ Corona? Das wäre ja ganz was neues.

In den Nachrichten sprach man gestern von „Corona-Beschränkungen“. Das klingt nach “Beschränkung“ des Virus, also irgendwie gut. Es meint aber die Beschränkungen im Alltag, die das Ziel haben, die Infektionen zu beschränken. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Ich glaube, keiner würde gegen die „Beschränkung von Corona“ demonstrieren. Und auf einer „Corona-Demo“? Da demonstriert doch auch nicht Corona. Oder vielleicht erst recht da??

Nun mal sehen, was heute Mittag final beschlossen wird. Die ersten Veröffentlichungen klingen schon recht knackig. Behaltet die Nerven und tragt zur Beruhigung der Lage bei!

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145) Corona-Lektionen 50

Ich habe eine Woche lang gezögert, mich an die 50. Ausgabe meiner Corona-Lektionen zu setzen. Irgendwie dachte ich, die Fünfzig ist eine bedeutende, eine runde Zahl, da muss etwas Besonderes her, aber nach den Entwicklungen der letzten Tage, gibt’s nun erst einmal einen gemischten Gefühls-Salat, gefolgt von herzhafter Maßnahmen-Suppe.

Das verstärkte Gefühl der Unsicherheit aus dem Frühjahr ist zurück. Ständig überschlagen sich Daten und neue Meldungen. Kaum habe ich mal einen halben Tag keine Nachrichten gehört, habe ich das Gefühl, drei Wochen im Urlaub gewesen zu sein. Man kommt kaum noch hinterher, das alles zu verarbeiten.

Ging es letztes Wochenende noch darum, wessen Postleitzahl denn nun gelb, orange oder rot gefärbt ist und ob man mit dieser Bürde ein Hotel nicht nur betreten, sondern auch dort übernachten darf, ist das alles schon wieder Schnee von gestern. Kurz nach Rückkehr vom Sachsen-Kurztrip sind die Beherbungsverbote nun gekippt. Und in Berliner Lokalen dürfen des Nächstens wieder Gläser gekippt werden. Na vielen Dank auch.

Auch das Gefühl, in verschiedenen Realitäten zu leben, ist wieder da. Auf der Rückfahrt hörten wir „Die Pest“ von Albert Camus. Eindrucksvolles Werk. Während wir so über die Autobahn gurkten, schaute ich mehrfach aufs Auto-Radio, um mich zu vergewissern, ob da wirklich mein Hörbuch lief oder nicht vielleicht doch ein Nachrichtensender. Es war das Hörbuch. Ein Roman. Alles gut. Einen Tag später diskutiert man hier nun die Rechtsgrundlage für eine Abriegelung einzelner Berliner Stadtbezirke. Kein Roman. Somit ist nun auch das Gefühl des enger werdenden Kragens zurück.

Gestern mahnt die Kanzlerin per Video, auf alle unnötigen Reisen und Feiern zu verzichten, Kontakte zu reduzieren und am Wohnort zu bleiben. Und sie sagt deutlich, dass es nun an uns allen ist, diesen Eintopf wieder auszulöffeln. Sonst fällt der Weihnachtsbraten aus.

In diesem Sinne. Dann nimmt sich jetzt mal bitte jeder zwei große Löffel und dann wünsche ich uns allen Guten Appetit!

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