Ich habe eine Woche lang gezögert, mich an die 50. Ausgabe meiner Corona-Lektionen zu setzen. Irgendwie dachte ich, die Fünfzig ist eine bedeutende, eine runde Zahl, da muss etwas Besonderes her, aber nach den Entwicklungen der letzten Tage, gibt’s nun erst einmal einen gemischten Gefühls-Salat, gefolgt von herzhafter Maßnahmen-Suppe.
Das verstärkte Gefühl der Unsicherheit aus dem Frühjahr ist zurück. Ständig überschlagen sich Daten und neue Meldungen. Kaum habe ich mal einen halben Tag keine Nachrichten gehört, habe ich das Gefühl, drei Wochen im Urlaub gewesen zu sein. Man kommt kaum noch hinterher, das alles zu verarbeiten.
Ging es letztes Wochenende noch darum, wessen Postleitzahl denn nun gelb, orange oder rot gefärbt ist und ob man mit dieser Bürde ein Hotel nicht nur betreten, sondern auch dort übernachten darf, ist das alles schon wieder Schnee von gestern. Kurz nach Rückkehr vom Sachsen-Kurztrip sind die Beherbungsverbote nun gekippt. Und in Berliner Lokalen dürfen des Nächstens wieder Gläser gekippt werden. Na vielen Dank auch.
Auch das Gefühl, in verschiedenen Realitäten zu leben, ist wieder da. Auf der Rückfahrt hörten wir „Die Pest“ von Albert Camus. Eindrucksvolles Werk. Während wir so über die Autobahn gurkten, schaute ich mehrfach aufs Auto-Radio, um mich zu vergewissern, ob da wirklich mein Hörbuch lief oder nicht vielleicht doch ein Nachrichtensender. Es war das Hörbuch. Ein Roman. Alles gut. Einen Tag später diskutiert man hier nun die Rechtsgrundlage für eine Abriegelung einzelner Berliner Stadtbezirke. Kein Roman. Somit ist nun auch das Gefühl des enger werdenden Kragens zurück.
Gestern mahnt die Kanzlerin per Video, auf alle unnötigen Reisen und Feiern zu verzichten, Kontakte zu reduzieren und am Wohnort zu bleiben. Und sie sagt deutlich, dass es nun an uns allen ist, diesen Eintopf wieder auszulöffeln. Sonst fällt der Weihnachtsbraten aus.
In diesem Sinne. Dann nimmt sich jetzt mal bitte jeder zwei große Löffel und dann wünsche ich uns allen Guten Appetit!
Danke für diese sehr pointierte Zusammenfassung dessen, was ich gerade nur mehr oder weniger sprachlos beobachten kann….
Danke fürs Lesen und für den Kommentar. Mal sehen, wo uns das noch hinführt.
na ja, aber DEN Verlauf haben uns die Politiker und Wissenschaftler eindringlich voraus gesagt. Leider haben doch Teile der Bevölkerung, seien es Reisewütige, Konsumenten, Barbesucher oder auch Reiseunternehmen und Hotellerie die Politik ständig unter Druck gebracht und letztlich das Aufweichen, Zurücknehmen, Entschärfen der Maßnahmen erzwungen. Also nun löffelt mal alle zügig, denn das ist kein Computerspiel, das ich abschalten kann, wenn´s brenzlig wird. .-.. und ob diese Leute den Appell von A.M. überhaupt gehört und begriffen haben?
Schön kommentiert, danke!