448) OZG … OMG … und Bundes-Push Up

In Folge 339 hatten die geschätzten Jungs von „Lage der Nation“ mal wieder das Onlinezugangsgesetz zu Gast. Der Name des Gesetzes allein ist schon der Hammer, man muss ihn mehrfach lesen, um zu dechiffrieren worum es gehen könnte. „Die Interaktion zwischen Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen mit der Verwaltung soll in Zukunft deutlich schneller, effizienter und nutzerfreundlicher werden.“ so steht es auf der Website des BMI. Das klingt doch erst einmal gut.

„Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) verpflichtet daher Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten.“ … so lautet das dort weiter und aufmerksame Leser werden bereits zwei Worte identifiziert haben, die Fragezeichen generieren. Nummer 1 ist wohl „verpflichtet“ und Nummer 2 dann offensichtlich „2022“. Das Gesetz wurde in 2017 verabschiedet.

„Mit Blick auf 2022 wird der Erfolg der Digitalisierungsprogramme nicht nur daran gemessen werden, ob alle Verwaltungsleistungen online verfügbar sind, sondern vor allem daran, wie hoch Akzeptanz und Nutzung bei Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen sind. Mit der Umsetzung des OZG findet hier ein Paradigmenwechsel statt: Das OZG-Zielbild stellt die Nutzerinnen und Nutzer in den Mittelpunkt.“ Au weia. Aber wer die Latte so hoch hängt, der kann nur scheitern. Schönen Gruß an die Herren de Maizière, Seehofer und die oberdigitale „Dorothee“ aus den Bergen.  Latte zweifelsfrei gerissen würde ich mal sagen.

Aber ich will ja nicht nur meckern. Vor ein paar Tagen flog mir ein Anschreiben unterzeichnet mit „Ihre Personalausweisbehörde“ in den Kasten. Wieder so ein gruseliges Wort. Man möchte mir die Online-Ausweisfunktion vorstellen. Ich kann damit Steuererklärungen absenden, Renteninformationen einsehen, Punkte in Flensburg sammeln, Führungszeugnisse beantragen, SIM-Karten freischalten und Bankkonten eröffnen. Brauche ich alles nicht oder sauer-selten, aber trotzdem ist das ein Schritt in die richtige Richtung. Und für ein Schreiben einer Behörde, war es ausnahmsweise mal gut (nicht sehr gut) geschrieben und leicht verständlich. Gerne weiter so.

Allerdings lässt mich da auch vieles resignieren. Als Frau Merkel das Internet als „Neuland“ entdeckt hat, war es bereits 2013, also schon wieder 10 Jahre her. Als ich das erste Mal einen Web Browser namens Netscape auf meinem Rechner entdeckt hat, war 1997, 26 Jahre her. Die erste Chip-Karte händigte mir mein Brötchengeber Anfang der 2000-er aus und damit konnte ich dann Gebäude betreten, mich an IT-Systemen anmelden, Bestellungen auslösen und in der Kantine zahlen. Das ist 23 Jahre her! 

Aber in der Verwaltung geht es so elend zäh voran und ich sage mal eines voraus: Bis Deutschland den Online-Ausweis verteilt hat, wird man feststellen, dass den kaum einer gebrauchen kann, weil die Menschen eh keine PCs mit Kartenlesen mehr haben sondern halt nur auf ihren Smart Devices unterwegs sind, wo so ein Online-Ausweis herzlich wenig bringt.

Aber dann wird bestimmt das nächste Großprojekt ausgeschrieben. Die „Bundes-TAN“ oder der Bundes-Push-Up … ähm sorry … Bundes-Push-App natürlich.

Keine Atempause … Geschichte wird gemacht … es geht voran!

443) Termin beim Amt – Vol 3

Nach aufregender >Terminvereinbarung und >gründlicher Vorbereitung, trat ich heute meine „Reise“ zum Bürgeramt Lichtenrade an. Ihr wollt vielleicht wissen, wie die Geschichte ausgegangen ist?  

Nun zunächst konnte ich erst 3 Minuten später das Headset absetzen als geplant, dadurch musste ich im leichten Trab zur Tram eilen. Die Bahn fuhr bereits in der Haltestelle ein, weshalb ein galanter Sprung über die Absperrung nötig war. Bitte nicht nachmachen liebe Kinder. Da kann auch mal mächtig peinlich … oder tötlich enden. Dann fuhr ich zum Nordbahnhof. Ja, hier fährt man zum Nordbahnhof wenn man in den Süden will. Isso. Nich‘ fragen.

Just follow the signs and go … south … auch wenn es nach Westen zeigt.

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Am Nordbahnhof stand ich kurz vorm Herzinfarkt, weil die Daten der BVG-App nicht zur Anzeige  passten. Und zur Situation auf dem Bahnsteig. Denn der war gähnend leer. Habe ich ich etwa meine Bahn verpasst? Warum wird die Nächste erst für in 15 Minuten angezeigt. Aber nein, es war nur die müde Anzeige, die erst 1 Minute vor Einfahrt dieses Zuges, diesen auch ankündigen wollte. Uff.

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Wir durchfuhren die Innenstadt und ab „Südkreuz“ wurde es deutlich grüner. Auch die Namen der Stationen klangen schon südlicher. Wir hielten in „Priesterweg“ und „Atillastraße“. Dann klangen die Stationen zunehmend ländlicher … und kleiner: Marienfelde, Buckower Chaussee, Schichauweg. Was kommt wohl als Nächstes? Der Irgendwaspfad? Immer mehr Menschen stiegen aus, ich hielt durch bis Endstation.

Ich verliess das Bahnhofsgebäude und erwartete eigentlich eine Hinweistafel a la „Most southern point of Berlin“ oder so, aber nix. Mehrere Menschen kamen mir auf meiner rechten Seite entgegen. Was‘n hier los? Bin ich vielleicht schon weiter südlich als gedacht? Zum Glück immer noch griechisch. Yammas!

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Ein paar Meter folgte ich dem Navi, die Gebäude wurden 2-3-stöckig und bald stand ich vor einem „Bürgerzentrum“. Dort suchte man eine 520 EUR-Kraft für Passbild-Arbeiten, mit PC-Kenntnissen. Mhm, ick weiß nich‘ … nee danke.

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Das war anscheinend der falsche Eingang, denn ich musste ja ins „Bürgeramt“, welches als „Bürgerbüro“ hintenrum über den Parkplatz ausgeschildert war. Enttäuschung. Also wenn, dann will ich schon auf einem „Amt“ empfangen werden, nicht in einem „Büro“. Der Warteraum gab sich gewohnt karg und lebte von den Word/PowerPoint – Bastelkünsten der Belegschaft.

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Der Verwaltungsakt dauerte keine 5 Minuten. Die Dame an Platz 6 druckte einen Antrag aus, ich unterschrieb, patschte meine Zeigefinger auf den Scanner, dann ihre Tee-Sammlung betrachten, Zahlen bitte, dann Katzenkalender betrachten, Dokument abholen in 4 Wochen, ohne Termin, vorn am Tresen …  Wiedersehen.

Ich kapiere zwar nicht warum ich für zwei Finger-Scans und Unterschrift alles in allem drei Stunden durch die Stadt gurken muss, aber gut, es ist vollbracht. Ich will nich‘ meckern sondern dem Bezirksbürgermeister von Lichtenrade aufrichtig danken. Noch in der S-Bahn bat ich ChatGPT um Hilfe:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Ihnen meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Als Bürger von Prenzlauer Berg hatte ich das Privileg, das Bürgeramt in Lichtenrade nutzen zu dürfen, und ich bin zutiefst dankbar für diese Möglichkeit.

Die Dienstleistungen, die im Bürgeramt von Lichtenrade angeboten werden, haben mir in vielerlei Hinsicht geholfen. Die freundlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben stets mit Professionalität und Hilfsbereitschaft mein Anliegen bearbeitet. Ihre Kompetenz und Effizienz haben es mir ermöglicht, meine Angelegenheiten schnell und unkompliziert zu erledigen.

Durch das Bürgeramt habe ich einen Ort gefunden, an dem ich mich als Teil der Gemeinschaft von Lichtenrade fühlen kann. Ich schätze die Bequemlichkeit, alle notwendigen Formalitäten an einem Ort erledigen zu können, und bin dankbar für die Unterstützung, die ich dort erfahren habe.

Bitte übermitteln Sie meinen herzlichen Dank an das gesamte Team des Bürgeramtes von Lichtenrade. Ihre Arbeit ist von unschätzbarem Wert für unsere Gemeinde, und ich bin Ihnen zutiefst dankbar, dass Sie einen Ort geschaffen haben, an dem Bürgerinnen und Bürger wie ich ihre Anliegen effektiv und angenehm erledigen können.

Mit freundlichen Grüßen,
[Dein Name]

Was für ein Schleimer … 😉

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66) Digitale Verwaltung?

Kürzlich habe ich an der Windschutzscheibe meines Diesels eine neue grüne „Anwohnerparkvignette“ angebracht. Wie immer, endete das mit einem Tobsuchtsanfall, da der alte Aufkleber nicht so einfach abging, sondern unter meinen Fingern zerbröselte.

Solche Kleinigkeiten, eignen sich eigentlich hervorragend für meine Kategorie „Kleinigkeiten mit Schlechte-Laune-Potenzial“. Aber es ist keine Kleinigkeit mehr, also muss es in die Kategorie, wo es um Metropolen-Egoismus und behördliche Unfähigkeiten geht!

Alle zwei Jahre muss ich so einen blöden Aufkleber bestellen, ein Verwaltungsakt, der so digital ist, wie eine Postkutsche im Cyberspace. 

Aber der Reihe nach:

  • In 2013, musste man das Formular noch mit der Hand ausfüllen, aber man konnte es schon per e-mail ans Amt schicken. Wow! Ein paar Tage später erhielt ich einen zweiseitigen Gebührenbescheid über 20,40 EUR und kurz danach hatte ich trotz dieses altertümlichen Prozesses eine handbeschriebene Vignette im Kasten. Inklusive behördlicher Aufklärung über noch mal zwei Seiten. Wahrscheinlich war der Verwaltungsakt teurer als die Parkgebühr, aber es hat alles in allem nur 6 Tage gedauert. Gar nicht so übel eigentlich.
  • In 2015, konnte man das Formular „schon“ per Tastatur ausfüllen. Wahnsinn oder? Zur Erinnerung, dass war das Jahr wo das iPhone S6 auf den Markt kam.
  • In 2017 und 2019 war das Procedere unauffällig ähnlich und endete immer mit einer Menge Papier und der Vignette per Post.
  • In 2021 folgte nun die absolute Innovation. Ein Online-Formular. Boah! Ein furchtbares Exemplar, aber immerhin online. Und ich konnte sogar per Kreditkarte zahlen. Den Antrag abgesetzt habe ich am 12.09.2021, die Kohle wurde bereits am 13.09.2021 eingezogen, die handbeschriftete Vignette lag dann bei mir im Kasten am 27.09.2021. Inklusive zweiseitiger Aufklärung. Was sonst. Alles in allem … 14 Tage. What?

Aber was hat sich nun verändert:

  • Zwei Seiten Papier gespart?
  • Einmal Porto vermieden?
  • Kohle automatisch eingezogen?
  • Eine Kassenstelle reduziert?

… und ich, was habe ich davon? 

Ich kriege nach nun nach 14 Tagen eine handbeschriftete Vignette in meinen Briefkasten.

Nee, Leute … also irgendwie … habe ich mir digitale Verwaltung anders vorgestellt.