302) Fabrik der Welt

Spätestens seit Anfang Corona, sollte der Begriff „Lieferkette“ in den deutschen Wohnzimmern angekommen sein. Das Wort ist erst einmal gar nicht problematisch, denn bestellt und geliefert wird schon seit Jahrhunderten. Neu, und sicher auch diskussionswürdig, sind die Lieferketten und damit auch Abhängigkeiten aus Fernost.

Dass unsere geliebten Apfel-Smartphones nicht im Silicon Valley zusammengeschraubt werden und dass ein 43“ Zoll Flat-TV für 399 € vermutlich nicht aus dem Stuttgarter Tal stammt, kann man sich auch denken. Aber auch ganz besonders der Kleinkram kommt mittlerweile in großen Mengen aus Asien. Und der wird dann gar nicht mehr „exklusiv“ für uns verpackt und in einen See-Container gepackt, nur weil wir hier aufs Knöpfchen drücken. Nein, das Zeug ist schon hier im Land, weil einfach pausenlos geliefert wird. In „Kette“ halt.

Und wenn man, so wie ich, einen kleinen Spleen hat, der Produktverpackungen lesenswert findet, dann stellt man schnell fest, dass die „Made“ nicht mehr „in“ dem kuscheligen „Germany“ sitzt, sondern bereits weit weg am Band steht.

Hier zum Beispiel die Rückseite der Verpackung von FFP2-Masken:
Hergestellt in Changsonggang/China, Importiert via Paris/Frankreich, Überwachungsstelle in Barcelona/Spanien.

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Oder hier, auch Masken oder Corona-Schnelltests, ich weiß es gar nicht mehr:
Produziert in Guangzhou/China, Consulting in Ludwigsburg/Deutschland, dazwischen irgendwie noch Liverpool/UK geschaltet.

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Und hier ein paar Ersatzteile für den Saugroboter:
Hergestellt in Dongguan/China, repräsentiert durch eine Consulting-Bude in Paris/Frankreich.

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Man kann nur erahnen, welche „Wertsch(r)öpfung“ die zwischengeschalteten Consulting-Buden alle beitragen.

Ich habe mir das mal etwas über den Kartendienst der Datenkrake angeschaut:

Dongguan und Guangzhou liegen beide in der Provinz Guangdong. Ungefähr hier: https://www.google.de/maps/place/Guangdong,+China/@22.736784,108.9927994,6z/data=!4m5!3m4!1s0x315285f132af5c3f:0x2ed41c6f09259f29!8m2!3d23.1317099!4d113.26627

Die Provinz Guangdong ist das ehemalige „Kanton“, was man vielleicht von der gleichnamigen Knusper-Ente des „China-Palast“ um die Ecke kennt. Laut Wiki hatte die Stadt Dongguan in 2017 bereits 7,3 Millionen Einwohner, dürfte also mittlerweile locker 2 mal die Einwohnerzahl Berlins toppen. Guangzhou ist laut Wiki die Hauptstadt der Provinz, zählte 2011 bereits 18 Millionen Einwohner im administrativen Stadtgebiet und wird auch als „Fabrik der Welt“ bezeichnet.

Die ganze Provinz Guangdog zählt laut Wiki ca. 126 Mio Einwohner. Alter Schwede. Das ist knapp an Deutschland und Frankreich dran. Zusammen. Nur in einer Provinz, in diesem kleinen Flecken auf der Erde … nördlich von Hongkong und Macau.

„Fabrik der Welt“ … gruselig.

Sollten da mal die Lichter ausgehen … oh oh

Nachtrag 28.03.22 20:15 Uhr: Wenn ich es gerade richtig verstanden habe, geht Shanghai mit 26 Millionen Einwohnern in einen Lockdown

3 Kommentare zu „302) Fabrik der Welt

  1. Für mich ist auch unvorstellbar, wie viele Menschen dort auf einem für unsere Vorstellungen recht kleinem Gebiet leben. Ich würde wohl permanent Platzangst haben…
    Lieferketten, Globalisierung… Wenn immer nur nach dem Profit geschaut wird, ist wohl nichts Anderes zu erwarten ***grummel***
    Als ich nach meiner Fotokugel geschaut habe, habe ich mir bei jeder in Frage kommenden Option angeschaut, wo sie herkommt. Im Grunde das gleiche Bild, das Du in Deinem Beitrag beschrieben hast. Aber dann habe ich doch eine aus „nicht Asien“ gefunden. Aber man muss schon suchen – und in der Regel einen höheren Preis in Kauf nehmen.
    Aber ob die derzeitige Art der Diversifizierung der Öl-/Gaslieferung so das non plus ultra sind? Ich weiß keine Lösung(en), aber immerhin wird versucht, etwas zu ändern.

    1. Danke Belana Hermine, Klar kann man suchen und sich selber informieren, aber ich finde, der Gesetzgeber könnte da auch etwas mehr unterstützen. Also ich zum Beispiel die Ersatzteile für den Staubsauger bestellt habe, war mir gar nicht klar, woher die kommen. Das könnte man ja deutlicher drauf schreiben, aber das will man vermutlich auch nicht, denn dann würden deutsche Mittelsmänner:Innen nicht mehr dran verdienen …

      1. Oh, ich wollte nicht ausdrücken, dass ich das gut finde. Da wird immer gesagt, dass die Verbraucher/innen eine Verantwortung/Marktmacht haben, aber es wird in der Tat nur wenig getan, damit sie diese auch wahrnehmen können. Nur der Hinweis darauf, dass es geht, reicht wirklich nicht.

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