537) Top Gun zum Nutella

Der Stammhalter und ich hatten uns für heute auf ein spätes Frühstück vereinbart. Die Damen waren bereits ausgeflogen, wir wollten den Tag etwas ruhiger angehen.

Im Ferienhaus auf Peloponnes herrschte fast absolute Stille, nur die Kaffeemaschine und der Toaster gaben Töne von sich. Draußen Hund, Hahn, Vogel und in der Ferne eine Baumaschine mit Rückwärts-Pieper.

So saßen wir uns maulfaul am Küchentisch gegenüber, zwischen uns ein Glas Nutella®*, eine Packung Salami, eine Packung Käse und Sriracha-Sauce. Reduced to the max.

Und dann geschah es. Es dauerte maximal 10 Sekunden.

1, Knurps, mhm, lecker Brot
2, Ein Messer versinkt im Nutella
3, Schlürf, mhm, lecker Kaffee
4, Ein Lärm kommt von rechts
5, Wir blicken auf
6, Er: „Was ist d…?
7, Ich: „Jagdflieger“
8, Er: „Häh“?
9, Ein Lärm geht nach links
10, ein Messer taucht aus dem Nutella auf

„Ich dachte schon, …“ begann er sichtlich verstört

„Sei froh, dass du das nicht mehr kennst. Früher, ja früher, in Brandenburg, in Mecklenburg über unseren Köpfen, …“ begann ich altklug daher zu reden … „da war das Gang und Gebe“ … „bloß gut dass das alles vorbei ist“ … brach meinen Vortrag dann aber ab. 

Ich kam ins Zweifeln. Ist es denn vorbei? Oder geht nicht gerade wieder so viel los, was endlich überwunden schien?

*Nutella ist natürlich ein eingetragenes Warenzeichen der Firma Ferrero, ich kriege kein Geld dafür und auch keine kostenlosen Exemplarlieferungen … obwohl das eigentlich durchaus mal an der Zeit wäre. 😉

404) Panzerkunde

Bislang hatte sich Deutschland ja bei der Lieferung schwerer Waffen für die Ukraine noch stark zurückgehalten, beziehungsweise sie nur über Drittstaaten eingefädelt. Trotzdem habe ich in den letzten Monaten schon den halben Zoo der Verteidigungsgeräte kennengelernt. 

Da gibt es wohl Luchse, Wiesel und Geparden, aber die Fachsimpeleien in der Öffentlichkeit hielten sich noch in Grenzen. Seit 5. Januar ist nun aber absehbar, dass wir auch schweres Gerät liefern werden (… wenn wir noch etwas brauchbares finden) und auch aus großen Rohren geschossen werden kann. Militärisch, sprachlich und medial. 

Durch die pazifistische Erziehung meiner Eltern (danke an dieser Stelle noch mal) und meiner Verweigerung zum Wehrdienst bin ich auf dem Themengebiet der Waffen nicht sonderlich „ausgebildet“. Nachdem ich mich ja nun zwei Jahre lang zum Virologen weitergebildet habe und noch ein Zusatzstudium in Energieversorgung absolviert habe, muss ich nun wohl noch mal in „Waffentechnik“ nachsitzen, um am Stammtisch halbwegs sattelfest zu sein.

Bei den Tagesthemen gestern bekam ich meine erste Unterrichtseinheit in Panzerkunde und habe den Unterschied zwischen Späh-, Schützen und Kampfpanzer verstanden. Auch ein Patriot-Abwehrsystem durfte ich sehen, Anfassen war aber nicht erlaubt. Fr. Major wurde zugeschaltet, sie gab einen Überblick über die aktuelle Situation und das belastete Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich. Dann stiegen wir endlich tiefer ins Thema und ich bekam mehr Fachwissen über Marder, Bradley und Iris-T.

Im geschätzten Heute-Journal folgte dann die zweite Panzerrunde und da ging es dann mit mit AMX-10 RC noch mal tiefer ins Detail. Gastdozent war dort mal wieder Prof. Masala. Er rundete mein Skill-Set mit Panzerhaubitze 2000, Main Battle Tanks, Leclercs und Abrams ab.

So jetzt fühle ich mich für bombastischen Small Talk bewaffnet … gewappnet und da ich nun das Einmaleins der Waffentechnik beherrsche, kann ich nun einen „Leo 1“ von einem „Leo 2“ unterscheiden, wenn die Ketten irgendwann wieder über die Karl-Marx-Allee rumpeln.

„Das waren die Nachrichten für heute, hier geht‘s jetzt weiter mit dem Wetter, wir sind morgen wieder für sie da bei noch ´ner Runde Panzerkunde.“

Frühere Beiträge zum Thema:

284) Vom Rüsten

Schreibt einen Brief an Reagan
Ganze Klasse, sie schreiben alle
Geht um Pershing, um Cruise Missile
Frieden schaffen, ohne Waffen!

Muss zum Winken, alle winken
Im Oktober marschiert die NVA
Panzer auf der Karl-Marx-Allee
Raketen auf‘m Strausberger Platz

Winkt wieder, Gorbi in der Stadt
Mauer niedergerissen
Ceaușescu erschossen
Zeichen auf Entspannung

Steht vor der US-Botschaft
Geht um Öl, um Kuwait und Irak
Jugoslawen kommen in den Kiez
Ihm egal, hat anderes im Kopf

Soll nun zum Bund, ran an die Waffe
Alle müssen da hin, gehört sich so
Verweigert es, macht was anderes
Keine Waffen, keine Waffen!

Sieht Europa, wächst gen Osten
Neue Sterne auf blauem Grund
Grenzen fallen, Schranken öffnen
Es sieht gut aus, da kann was werden!

Liebe Leser,
Klingt alles etwas wirr und reimt sich nicht, ich weiß. Aber genau so ist es.
Man spricht nun wieder über Truppenstärken, Waffensysteme und Deutsche Infanterie. Mehr Geld soll in die Rüstung fließen, ein „Paradigmenwechsel in der deutsche Außen-und Sicherheitspolitik“.

Ich hatte gehofft, wir würden endlich etwas Anderes diskutieren können.