179) Corona-Lektionen 74

Eine Einleitung verkneife ich mir heute mal. Ich will direkt einsteigen

Ganz charakteristisch für die aktuelle Zeit finde ich, wie schnell sich eine Information oder ein Zustand wieder in Luft auflöst.

Halbwertzeiten
Erst war ein Impfstoff nicht verfügbar, dann wurde er geliefert, aber taugte noch nicht für die Alten. Für Erwachsene freigegeben, wurde er jedoch verschmäht und lag sogar auf Halde. Andere wollten den Stoff sofort abnehmen, waren aber noch nicht dran. Dann traten Blutgerinsel auf und die Verimpfung wurde gestoppt. Der Stopp wurde wieder aufgehoben, die Praxen sollen nun endlich einsteigen. Es fühlt sich an, als diskutieren wir das schon seit Monaten. Stimmt aber gar nicht. Der Impfstoff wurde gerade mal vor sieben Wochen zugelassen, nur die Informationsmenge, die reicht für Monate.

Letzten Sonntag schrieb ich hier noch, dass die Tochter wieder in die Schule gehen darf. Dabei hatte ich mich doch glatt geirrt. Nach Ostern soll es so weit sein und ich überlegte, ob ich die Passage im Beitrag korrigieren sollte. Aber auf was genau? Was gilt denn eigentlich gerade? Ist die Zukunft nicht bereits schon wieder Schnee von gestern?

Vor ein paar Tagen wurde „Click and Meet“ erfunden und ich spielte mit dem Gedanken, mir auch mal so einen Termin zu verschaffen. Einfach mal was anderes sehen. Aber bevor ich mich überhaupt für einen Shop entschieden habe, wird nun schon gemunkelt, dass Konzept wieder herunterzufahren. Ein harter Lockdown erwartet uns. Schon wieder? Oder noch?

Ich komme nicht mehr mit. Ich würde gern mal 12 Wochen in Narkose gehen. Ich würde vermutlich nichts verpassen.


Nostalgie, Zwiegespräche und News-Detox
Am Freitag hatte ich noch etwas Zeit bis zu den Spätnachrichten. Ich stolperte über ein Depeche Mode Konzert von 2006 und stieg ein. Wogende Menschenmenge, Licht, Jubel, Mädels auf den Schultern ihrer Kerle. Wie aus einer anderen Zeit.

Das Intro zu „Behind the Wheel“ trommelt und die Menge tobt. 
Ich wippe mit und schaue auf die Uhr. 
„Oh die Nachrichten gehen gleich los. Ich sollte mal langsam umschalten.“

„Nein …, eine kurzen Moment noch“.

Wenig später dann „World in my Eyes“. Die Leute flippen aus.
Ich auch. Und hörte mit Corona-Ohren zu.

Let me take you on a trip
Around the world and back

‚ll take you to the highest mountain
To the depths of the deepest sea

Let me show you the world …

Und dann stand mir das Wasser in den Augen

Wieder der Blick auf die Uhr. Die Nachrichten haben bereits begonnen. 
„Jetzt müsste ich aber wirklich langsam mal …“

„Gleich … warte … ein bisschen genießen noch“

Es folgt die erste Zugabe mit „Judas“, einer Ballade.

Man will survive
The harshest conditions
And stay alive
Through difficult decisions

“Oh, gleich haut es mich aus der Kurve, ich sollte jetzt wirklich besser zu den Nachrichten …, sonst …“

„Nee, warte, es geht gleich wieder bergauf“

Zum Schluss dann „Never let me down again“.

We’re flying high
We’re watching the world pass us by
Never want to come down
Never want to put my feet back down on the ground

Wie recht sie doch haben, Applaus, Abgang, Wahnsinn.


Dann schaltete ich endlich zu den Nachrichten.
So, das war das Heute-Journal, hier geht es nun weiter mit dem Wetter.


Das waren die besten Nachrichten seit Wochen 😉

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172) Corona-Lektionen 67

Ich erspare mir heute eine Einleitung. Ich gehe sofort aufs Thema dieses Beitrags:
Medien und informationelle Fremdbestimmung in diesen Zeiten.

Eigentlich halte ich mich für jemanden, der gerne Informationen aufsaugt, Nachrichten hört/schaut und auch den politischen Diskurs verfolgt. Jetzt will ich hier wirklich nicht zum Medien-Bashing aufrufen, aber das, was aktuell ins Volk getrötet wird, ist nur schwer zu ertragen. Während die einen die Pandemie nahezu komplett aus dem Programm heraushalten, diskutieren sich die anderen zu Tode. Wenn uns der Virus nicht dahinrafft, dann wohl der Informationelle Burnout. Weil aber auch wirklich jeder seinen Senf dazugeben muss. Schon schlimm genug, dass Corona die Nachrichten und Diskussionsformate beherrscht, aber auch das Programm zwischendurch wird ständig vor die Corona-Kulisse gezogen. Ich glaube, die Leute sind nicht unbedingt Corona-müde aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung, sondern eher weil sie es nicht mehr hören können. 

Und das halte ich für gefährlich, denn Menschen ziehen sich dann aus dem Geschehen zurück und machen es sich in ihrer Blase gemütlich. Oder sie gehen Hetzern auf den Leim.

Da ist zum einen die schiere Menge der Informationen. Aber auch mein Eindruck, dass das wenigste wirklich eine Relevanz hat, etwas konstruktives beiträgt oder zum aktuellen Moment passt. Nähert sich beispielsweise der Mittwoch, wo das „Corona-Kabinett“ tagt, wird sich spätestens ab Sonntag davor, das Maul zerrissen. Kaum verlässt die Kanzlerin die Pressekonferenz, regt sich schon irgendwer auf, dass beim Thema Schule kein bundesweiter Konsens herrscht. Muss es denn? Ist es denn so ein Drama, wenn Bayern da anders agiert als Berlin? Spielt das infektionstechnisch irgendeine Rolle? Nein! Aber es wird geredet und geredet. Wertvolle Zeit mit Nebensächlichkeiten vergeudet. Dann wird mal jubelnd erklärt, dass Firma x und Firma y nun gemeinsam Impfstoff produzieren. Super! Durchbruch! Rettung naht! Die Euphorie beim Hörer wärt aber nicht lange. „Das geplante Werk kann Ende 2022 mit der Fertigung beginnen“. Na großartig. Ich finde es ja gut, wenn positive Nachrichten übermittelt werden, aber ist diese Information jetzt nötig? Schürt das nicht noch mehr Zweifel und Medien-/Politik-Verdrossenheit?

Was hätte eigentlich die Nachrichten bestimmt, wenn Corona nicht in unser Leben getreten wäre? Vermutlich hätten wir übers Klima gesprochen. Ach stimmt, Klima haben wir ja auch noch. Oder über flüchtende Menschen. Ja, auch die gibt‘s noch und sie hausen in übelsten Lagern, während wir diskutieren, ob Friseure wieder öffnen und Fußpflege nicht auch zur Menschenwürde gehört. Wahrscheinlich hätten wir auch mal erörtert, wie sich Digitalisierung langfristig auf die Beschäftigung auswirkt. Digitalisierung ist etwas mehr als Homeoffice und fehlendes WLAN an den Schulen. Und wahrscheinlich hätten wir jeden Morgen irgendwelche Twitter-Ergüsse des Mannes mit den orangen Haaren erlebt. 

Na immerhin, doch noch etwas positives an Corona gefunden…

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33) Digital Detox in der Cloud

Good Morning, Your captain speaking … bla bla … flight time to Munich today will be one hour and ten minutes. Enjoy your flight!

Was, ein Inlandsflug?? Pfui! Hat der etwa keine Flugscham? Doch doch, ich schäme mich. Schon wieder. Aber dazu bald mal ein anderer Beitrag hier auf‘m Blog.

Eine Stunde und zehn Minuten Zeit nur für mich, das ist ein wahrer Luxus. Was kann ma da alles schönes anstellen?

  • Einen Blog-Beitrag verfassen?
    Logisch, das geht auch hier oben über den Wolken, aber dazu fehlt mir gerade eine Inspiration
  • Schlafen?
    Besser nicht, dann fühle ich mich in München wie gerädert und trage das den ganzen Tag mit mir herum
  • Auf dem Handy daddeln?
    Ja, kann man machen, aber ohne Netzanbindung kann ich nur alte Nachrichten lesen. Das Vergnügen ist irgendwie endlich
  • Magazine auf dem Tablet schauen?
    Hätte ich zwar offline dabei, aber um 06:45 Uhr fühle mich noch nicht ganz so aufnahmebereit für komplexere Informationen
  • Musik oder Hörbuch hören?
    Auch ´ne Idee, Musik lenkt aber von Gedanken ab und Hörbücher machen mich, zumindest im Sitzen, müde
  • Fotos aussortieren?
    Eine wunderbare Aufgabe für den Flieger, aber auf dem kleinen Bildschirm auch nicht gerade optimal. Außerdem saugt das den Akku leer
  • Im Board-Magazin blättern?
    Ist irgendwie immer dasselbe. Start Up-CEO‘s Mitte 20 geben ihren Senf ab, es werden Städte vorgestellt wo ich schon war und Prominente zeigen, welche Gadgets sie in ihren Koffern mit sich herum tragen
  • Im Shopping-Katalog blättern?
    Ganz nett zum inspirieren, aber so viele tragbare Lautsprecher, Adapter, Uhren, Mäh-Roboter, Saug-Roboter und Powerbanks kann ich niemals brauchen

Und nun?

Ich bestelle mir einen Premium-Krümel-Kaffee, packe den ganzen Medien-Kram beiseite, schaue aus dem Fenster und lasse den Gedanken freien Lauf.

Frühere Beiträge zu Fliegerei und Medien: