29) Postkarte aus Berlin: Denk mal

Berlin hat einiges an Denkmälern zu bieten. Die neueren sind zwar schwer an Material und  Schuld, aber in ihrer Bauweise, für meinen Geschmack, etwas zu schlicht. Metall-Stehlen, Beton-Klötze, Loch in der Erde mit Glasplatte drüber. Mhm, ich finde die vom Design eher langweilig und mir fehlt irgendwie der Mensch darin. Da hatte man doch früher noch etwas mehr zu bieten.

Ein kleiner Auszug, sortiert nach Größe

Etwas zurückgezogen im Park erinnert der Friedhof der Märzgefallenen an die Märzrevolution von 1848. Nach der November-Revolution von 1918 bekam der Friedhof gleich noch einen zweiten Zweck. Kann man nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Friedhof_der_Märzgefallenen. Wer nicht drauf eingestellt ist, erschrickt am Denkmal des „Roten Matrosen“, weil dieser Matrose aus dem Busch schaut.

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Nicht viel größer, aber viel höher, wurde der Kopf von Friedrich II auf eine Säule gestellt. Laut Wikipedia handelt es sich um einen Nachguss der 1848 entstandenen Büste. Gut, dass sie so weit oben steht, sonst wäre sie schon geklaut worden.

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Deutlich dramatischer zeigt sich das Denkmal für die Spanienkämpfer ein paar Meter weiter. Auch wenn das Halten des Schwertes uns heute einen Tennisarm oder Mausarm bescheren würde, macht das schon etwas her.

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Mit deutlich mehr Material, wurde in den 80-er Jahren ein Denkmal für Ernst-Thälmann errichtet. Ein stark polarisierende Figur, aber ein imposantes Bauwerk. Leider zu viel Graffiti, im April hat er wieder Geburtstag und dann wird er wieder geputzt. —> Graffiti-Teddy

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Dann das „Denkmal der polnischen Soldaten und deutschen Antifaschisten“. Das ist noch mal wuchtiger und erscheint im 70-er Jahre Monumental-Chic. An der Seite sind Soldaten abgebildet und auf der Rückseite trägt es sogar noch ein DDR-Wappen. Erstaunlich eigentlich.

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Mit militärischem Gerät russischer Bauart lädt das „Sowjetische Ehrenmal im Tiergarten“ zum Nachdenken ein. Fährt man mal etwas verträumt den 17. Juni hinunter kann man schon mal zusammenzucken, wenn man im Augenwinkel Panzer sieht.

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Wer es mal richtig „dicke“ sehen will, sollte mal nach Treptow fahren. Zu unserem anderen Sowjetischen Ehrenmal. Ein riesiger russischer Soldat hält ein Kind auf dem Arm und zu seinen Füßen zerbröselt er mit dem Schwert das Hakenkreuz. Zwei weitere russische Soldaten verneigen sich vor den Opfern der Sowjets. All die Zitate Stalins ringsherum lassen sich zwar nur schwer verdauen, aber beeindruckend ist die Anlage trotzdem.

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Der große Lenin aus ukrainischem Granit hat die politische Wende nicht überstanden. An ihm biss man sich Anfang der 90-er Jahre die diamantenen Säge-Zähne aus und verscharrte die Steine in im Märkischen Sand. Immerhin hatte er es in den Spielfilm Good Bye Lenin geschafft.

<— Weitere Postkarten

30) Friedensglocke

Auf meiner Jogging-Tour komme ich meistens an der Friedensglocke im Volkspark Friedrichshain vorbei. Diese Glocke und der Pavillon drumherum wurden Ende der 80-er Jahre errichtet und erinnern an die Atombombenabwürfe in Japan.

Und wie auch andere Denkmäler in der Stadt, hat es die Friedensglocke in diesen Zeiten echt nicht leicht:

  • Anfänglich war noch ein schwingender Stamm installiert (… wie heißt so etwas doch gleich?), mit dem man die Glocke anstoßen konnte. Das klang dann durch den ganzen Park. Wirklich beeindruckend. Dieser Stamm wurde dann aber bald wieder abgebaut, vermutlich hatten irgendwelche Krawallos zu oft damit geläutet. 
  • Dann hatten sich andere Idioten großen Äste, Stämme und Steine aus dem Park besorgt und auf die Glocke eingedroschen, um sie zum Klingen zu bringen. Was für ein Spaß, nicht war? Das bekam der Anlage auch nicht gut.
  • Kriminelle hatten 2012 sogar große Kupferteile vom Dach geklaut, um diese zu versilbern. Da erging es dem Pavillon ähnlich wie z.B. dem großen nackten Athleten aus Bronze, am anderen Ende des Parks, dem schon vor Jahren der Speer geklaut wurde.
  • In den letzten Jahren hat das Bauwerk dann weiter gelitten, obwohl sich ein kleiner Verein für die Pflege und Erhaltung engagiert hat. Die Anlage wurde mehrfach bemalt, besprayed, als Bier-Lager und Schlafmöglichkeit genutzt.
  • Vor kurzem war die Friedensglocke nun ein paar Wochen eingezäunt. Für Bauarbeiten. Das Baugerüst ist jetzt wieder abgebaut und die Anlage scheint erst einmal wieder in Ordnung zu sein. Eine Info-Tafel erinnert aber an den Diebstahl des Kupfers und stellt klar, dass stattdessen nur kupferfarbene Ersatzstoffe verarbeitet wurden. 

Also wenn das so weiter geht, ist bald nichts mehr von Pavillon und Glocke übrig. Irgendwann muss man überlegen, ob man da nur noch einen Stein aufstellt mit der Inschrift: 

„Dieser Stein ist ein Mahnmal für ein anderes Mahnmal, was ursprünglich mal hier stand, um an die Atombombenabwürfe in Japan zu gedenken.“ 

Ist das nicht krank?

PS1: Am 6. August gedenkt man nun wieder den Angriffen auf Hiroshima und Nagasaki. Ich hoffe, dass die Glocke bis dahin verschont bleibt und jemand diesen Stamm aus dem Rathaus mitbringt, um die Glocke wieder läuten zu hören.

PS2: Wenn jemand der Leser mir bitte sagen könnte, wie so ein waagerecht schwingender  „Stamm“ heißt …?

Frühere Beiträge zum Umgang mit Denkmälern: