58) New Work Teil 1-10 (Epiblog)

Was zum Henker soll denn nun schon wieder ein Epiblog sein? Na ja, ein Epilog ist eine nachträgliche Betrachtung eines literarischen Werkes. Da meine Beiträge der Reihe „New Work“ vermutlich keine literarischen Werke sind, sondern nur Blog-Beiträge folgt nun eben ein Epiblog. Logisch, oder etwa nicht?

Will das denn einer lesen? Mir eigentlich herzlich egal. Ich will etwas erläutern, also schreibe ich das auf, ich habe ja hier Hausrecht 😉

Als ich Teil 1 der Reihe schrieb, kam der Beitrag eher unvermittelt. Die Familie kontaktierte mich umgehend und fragte, ob bei mir alles okay sei. Andere sagten, das sei doch alles so düster und dystopisch. Ja, nach Ponyhof klang das alles nicht und laut Statistik waren es auch nicht gerade Best-Seller. Mir hat das Schreiben aber viel Spaß gemacht, auch wenn es durchaus anspruchsvoll war, einer Story über 3,5 Jahre zu folgen. Ich mag die Reihe und das ist ja die Hauptsache.

Was hat mich dazu bewegt?

Ich würde sagen, es waren drei Impulse:

  • 2017 nahm ich an dem Xing-Event „Next Work“ in Berlin teil. Viele Redner und Workshops zerbrachen sich den Kopf über die Zukunft der Arbeit und ein betagter Frithjof Bergmann sprach zum Publikum. Die Teilnehmer hingen an seinen Lippen, seine Nachrichten waren eigentlich nicht gut, aber die Menge klatschte und verlangt eine Verlängerung der Redezeit, währen sie auf ihren Handy daddelten.
  • In 2018 erwartete mein Brötchengeber, dass ich immer mehr Aufgaben nach Indien und ins osteuropäische Ausland übergebe. Mich quasi teilweise selber auflöse und in die Irrelevanz treibe. Tolle Erfahrung kann ich nur sagen.
  • Bevor COVID in 2020 die Offices lahmlegte, arbeitete ich schon viel zu Hause, ja, mit vielen Online-Meetings, aber noch ohne größeren Kamera-Einsatz und die ganze Meeting-Software drumherum. Die unzähligen Lieferdienste mit schlechtbezahlten Indern gab’s auch noch nicht so stark.

Tja, und so entstanden halt über die Zeit zehn Beiträge, die von extremer Heimarbeit, über Holo-Digitalisierung und Effizienzwahn bis hin zur „Almost Manless Company“ gehen und zum Ende sogar zur Folge haben, dass sich IT-Experten auf einer Click-Plattform verdingen müssen, bis sie dann ihren Job an eine … KI … übergeben. Uuups … cliffhanger … das war eigentlich als mögliche Fortsetzung gedacht.

Ich möchte hier noch mal alle zehn Teile verlinken mit einem kurzen Einblick und zeitliche Einordnung. Keine Angst vor dem Wort „Teil“, so lang sind die alle nicht, kann man locker durchlesen, sind keine Eschbachs oder Schätzings. Schönen Gruß bei der Gelegenheit.

Die ersten 5 Beiträge habe ich vor COVID geschrieben, als wir noch keine Ahnung hatten, wie lange uns das Biest zu Hause festhält.

—> New Work – Teil 1
Beschreibt einen typischen Morgen von Noah und anderer Human-Ressourcen seiner Art, die in Micro-Flats leben und arbeiten und das alles höchst effizient. Natürlich.

—> New Work – Teil 2
Eine Thermophore rollt mehrfach täglich heran und versorgt ihn mit Nahrung und ein spezieller Fitness-Gürtel ist ihm verordnet worden, um halbwegs in Form zu bleiben.

—> New Work – Teil 3
Australier und Japaner besuchen Noah via Holo-Konferenz und die effizienzgetriebene Assistentin In der Zimmerdecke füllt jeden freien Zeitraum mit neuen Aufgaben.

—> New Work – Teil 4
Noah arbeitet entlang des Verlaufs der Sonne und wird von administrativen Scheiß seiner Firma genervt. Seinen Frust spiegelt sich direkt in seinem Social Credits Konto wieder und er bekommt Besuch aus Mexiko.

—> New Work – Teil 5
Noah wirft leistungssteigernde Mittel ein und quält sich mit Social Media Aktivitäten seiner Firma und seiner Kollegen. Er bekommt Besuch aus den USA und wird noch abends in seiner Freizeit mit fachlichem Lesestoff gequält.

Dann kam COVID in mein Leben und ich steckte 2,5 Jahre im Höhlen-Office fest:

—> New Work – Teil 6
Und COVID fand auch Einzug in Noah‘s Micro-Flat, rein virtuell natürlich. Aber trotzdem mit Maske und Antivirus-Software … zum Piepen.

—> New Work – Teil 7
Da passiert es dann. Der CEO verkündet die Freisetzung aller Mitarbeiter und träumte von der „allmost manless company“

—> New Work – Teil 8
Noah verliert seinen Job und konvertiert zwangsweise zum Freelancer und Clickworker. Tragisch

—> New Work – Teil 9
Er besucht die Plattform zur Vermittlung der Arbeitspakete und sieht sich heftiger Konkurrenz aus anderen Altersschichten und Nah-/Fern-Ost konfrontiert

—> New Work – Teil 10
Er kämpft mit der Plattform und kriegt immer mehr Zweifel, ob nicht alles ein abgekartetes Spiel sein könnte, nur um die Preise zu drücken oder die Menschen nur zu beschäftigen.

Und dann lernt Noah einen neuen Spieler auf dem Feld kennen …

War schön … und Noah kommt bestimmt bald wieder …

4) New Work – Teil 1

Gong. „Guten Morgen Noah, es ist Dienstag 06:00 Uhr, wir haben den 19. November, du musst aufstehen“, säuselt eine Frauenstimme…

5) New Work – Teil 2

Fortsetzung … Gong. “Noah, Dein Frühstück steht an der Tür bereit“, spricht die Stimme aus der Zimmerdecke. Er verlässt das Bad…

6) New Work – Teil 3

<— zum Teil 2 hier klicken Fortsetzung Gong. „Noah, ich übertrage das Dossier für die anstehende Holo-Con mit Australien auf…

7) New Work – Teil 4

Fortsetzung … Gong. „Noah, Deine Entscheidung bitte“, spricht die Stimme wieder fordernd aus der Zimmerdecke. Noah schaut seit zwei Minuten…

8) New Work – Teil 5

Fortsetzung … „Ende der Konferenz einleiten!“, kann er am Rand seiner Holo-Con-Brille lesen. Schon knapp 90 Minuten spricht er bereits…

15) New Work – Teil 6

Fortsetzung … Gong: „Guten Morgen Noah, es ist 5:30 Uhr“, klingt es aus der Zimmerdecke und beginnt sofort mit dem…

16) New Work – Teil 7

Fortsetzung … Gong: „Noah, es ist 07:55 Uhr“, spricht es aus der Zimmer-Decke. „Das geplante Meeting 08:00 Uhr ist abgesagt,…

25) New Work – Teil 8

Fortsetzung … Eine „Almost Manless Company“. Mit diesem Begriff verschwand der CEO aus der Holo-Con und somit auch aus Noahs…

31) New Work – Teil 9

Fortsetzung … Der Rechner seines ehemaligen Arbeitgebers fuhr herunter und sollte nie mehr erwachen. Zumindest nicht unter Noahs Fingern. Mit dem…

57) New Work – Teil 10

Fortsetzung … Noah sitzt noch immer vor der Aufgabenvermittlungsplattform, scrollt über all die sich gegenseitig unterbietenden Angebote der asiatischen Co-Worker.…

57) New Work – Teil 10

Fortsetzung …

Noah sitzt noch immer vor der Aufgabenvermittlungsplattform, scrollt über all die sich gegenseitig unterbietenden Angebote der asiatischen Co-Worker. Wie soll er da nur jemals mithalten? Die Asiaten rufen Dumping-Preise in indischer Rupie oder chinesischen Yuan auf. Für die und ihre Familien mag das ja reichen, aber Noahs Micro-Flat schlägt deutlich ins Haushaltsbudget. Jeden Monat. Das Apartment kann er mit solch Hungerlöhnen je Gig nicht finanzieren.

Ein Gong aus der Zimmerdecke, reißt ihn aus seinen Gedanken.

„Noah, die Frist für die Abgabe der Gebote für diesen Tag endet in 20 Minuten. Ich wiederhole, Abgabe ist bis 10:00 Uhr, ansonsten behält sich der Betreiber der Plattform vor, deinen Account zu sanktionieren.“

Ein Zweifel nagt unaufhörlich an ihm: Was ist, wenn all diese Gebote nur fake sind? Künstlich generiert, nur um ihn zu einem günstigeren Preis für dieses Arbeitspaket zu zwingen, als die seiner Ex-Kollegen, die auch auf diese Arbeitsplattform migriert worden? Alle diese Mitbieter treten schließlich nur mit einem Nick Name auf und haben ein paar Sterne hinter ihrem Profil-Bild. Von keinem sind Kontaktdaten zu sehen oder irgendwelche Referenzen. Kann er davon ausgehen, dass das alles nur Verarsche ist? Ist er vielleicht ganz allein auf der Plattform? Wurde vielleicht jedem Ex-Kollegen eine eigene Plattform zugewiesen, in der ein Wettbewerb suggeriert wird? Wenn ja, dann könnte er ja pokern. 

Und gibt es diese Arbeitspakete überhaupt, um die sich alle zu reißen scheinen? Oder ist das alles nur ein großer Bluff, um die Leute irgendwie zu beschäftigen, damit sie nicht reihenweise aus den Fenstern springen, wenn sie ihre Jobs in die Büro-Türmen der Stadt oder den angemieteten Micro-Flats verlieren? Den Gedanken verdrängt er besser schnell wieder.

Noah weiß nicht weiter, er klickt eines der Arbeitspakete an, nur mal um zu sehen, was es enthält und wie solch ein Auftrag auf der Plattform abgewickelt wird. Er nimmt den dritten Auftrag von oben. Die Aufgabe ist klar beschrieben, jeder Bieter soll bitte konkrete Solution Approaches beschreiben, mehrere Seiten sind gefordert und zwar so detailliert, dass sich die Auftraggeber ein Bild der Kompetenz des Bieters machen können und … (den Rest denkt er sich) … die Ideen einfach kopieren und selber umsetzen können. 

Gong. „Noah, die Abgabe muss in 10 … 9 … 8 … 7 … 6 … „

„Leck mich“, brüllt er durch den Raum, „das ist doch in der kurzen Zeit kaum zu …“

Gong. „Noah, die Frist für die Abgabe deines Gebotes wurde überschritten. Gemäß den Geschäftsbedingungen wird dein Account nun sanktioniert, ich warte auf weitere Anweisungen.“

Was für eine Scheiße, brummt Noah. Busfahrer suchen sie, Kofferträger und Altenpfleger. Kann ich alles nicht und vor allen Dingen nicht über Nacht.

Gong. „Noah, der Betreiber der Plattform hat nach Auswertung deines Social-Credit-Kontos ein abweichendes Verfahren vorgeschlagen.“ Du bist vorgesehen für die Position …“ (die Übermittlung hakt) „… Trainer/Supervisor.In. Es ist ein längerfristiges Assignment.“

Noah, glaubt nicht richtig zu hören. Trainer? Längerfristig? Also das wäre ja großartig, spricht er in den Raum. Ich mach’ das. Sofort. Ich bin dabei. Habe ich schon gemacht. Mit wem habe ich es zu tun? Wen soll ich ausbilden? Wie heißt die Person?

Gong. „Noah, es ist keine Person, im eigentlichen Sinne.“
Es ist eine künstliche …“

… Fortsetzung folgt … vermutlich …
diese hier hat ja auch zwei Jahre auf sich warten lassen

<— Zum Anfang der Serie

<— New Work – Teil 9