Ich bin’s noch mal mit einem weiteren Beitrag zur Hörversion des Buches „Deutschland 2050“ von Nick Reimer und Toralf Staud. Besonders das Interview mit Herrn Staud am Ende des Buches hallt in mir nach. Seit dem kreisen mir so viele Gedanken durch den Kopf.
Eine kleine Auswahl:
Alles anders
Verhältnisse die bislang als erstrebenswert oder gut investiert galten, wie z.B. Dachgeschoss, Südbalkon und bodentiefe Fenster, abgesenkte Bordsteinkanten, Verzicht auf Straßengräben und Vermeiden von Klimaanlagen müssen umgedacht werden. Bisherige Bauvorschriften, Material-Standards, Normen und Bepflanzung gehen von einem Deutschland mit kühleren Temperaturen und regelmäßigem Regen (… nicht Wolkenbrüchen …) aus. Und wir können nicht einfach so auf den Süd-Europa-Modus umschalten, weil es immer noch empfindlich kalt werden kann.
Neue Energien
Alternative Energien sind natürlich sehr sexy, nur leider extrem wetteranfällig. Wir sollten nicht nur diskutieren, „ob“ und „wo“ man sie aufstellt oder eben nicht, sondern eher wie man sie schützt. Nach Sturm-und Hagelschäden an Windrad und Solardach, können wir nicht mal eben den konventionellen Strom dazuschalten, weil es den dann einfach nicht mehr gibt. Wie soll der deutsche Elektro-SUV dann zum Discounter kommen?
Latenz
Man geht davon aus, dass ein Klima mindestens 30 Jahre braucht, um auf eine Veränderung zu reagieren. Das heißt, wir erleben gerade das Klima, was wir vor 30 Jahren verbockt haben. Anfang der Neunziger Jahre, mit 5,3 Milliarden Menschen, einer Zeit von eher regionaler Wirtschaft, weniger Transport und noch ungekannter Computer-Technik. Unser Lebensstil von heute wird sich in 2050 revanchieren, der von 2000 bereits 2030, also in circa neun Jahren. Mit gut 8 Milliarden Menschen auf der Kugel wohlgemerkt.
Kosten
Man ist sich einig, dass „Klimaschutz heute“ zig-mal billiger ist, als „Klima-Schäden später“. Sagt sich so leicht und ist ja auch logisch. Aber wo sind diese Investments? Und wer zahlt die? Und wann sind die Vorhaben jemals beplant und auch implementiert? Wir müssten ja bereits heute massiv etwas unternehmen, damit die Effekte aus dem Buch in 2050 auch nur im „Best Case“ eintreten.
Momentum
Wie soll sich die ganze Welt, oder selbst auch nur ein Staatenbund jemals einig werden, wann, wie, wo und was zu tun ist, um dagegenzusteuern. Und wie sollen die Menschen mitgenommen werden, die heute bei jedem Verzicht nach „Freiheit“ und „Grundrechten“ schreien und ja größtenteils noch nach Wachstum, Wohlstand und Selbstverwirklichung streben. Und wer stellt sich dann vor‘s Volk und verkündet die unbequeme Wahrheit?
Schwerst ratlos.
Dieselben Fragen stelle ich mir auch. Vermehrt im Angesicht dessen, was wir gerade beobachten. Und leider ebenfalls ohne Antworten zu finde oder auch nur den Ansatz einer Ahnung von Antwort zu haben…
Danke Belana Hermine fürs Lesen und den Kommentar. Wenn wir uns bei diesen Mega-Themen so zickig anstellen wie bei Corona
MD hat das Hörbuch besorgt, sodass wir gestern Abend mit dem Hören angefangen haben.
Ahh cool, sind 11 Stunden glaube ich, sollte man in Häppchen hören, manches wiederholt sich auch etwas … ich fand’s trotzdem gut and erhellend 😉
Viel Spaß
In der Tat. Die Happen dürfen nicht zu groß sein, sonst kriegt man sie nicht verdaut 😦
Das mit dem Klima war gruselig. Da habe es in dem Buch „Das Ministerium der Zukunft“ ein sehr prosaisch ausgemaltes Szenario als Schreckenseinstieg in das Buch. Das mit den Mücken hatte ich schonmal gelesen, aber natürlich nicht so detailliert für Deutschland. Natürlich will ich schon wissen, wie es in dem Buch weitergeht, aber ein bisschen fürchte ich mich doch vor dem ganzen Grusel, der da so zusammengetragen ist…
Das Schlimme ist, dass man bei einem solchen Szenario in eine Art Schreckstarre verfallen könnte. Gar nichts tun, hat eh keinen Sinn. Aber das finde ich falsch, auch wenn unsere kleinen Taten nicht viel bringen, ein bisschen doch. Und vielleicht sollte man Parteien wählen, die nicht lapidar sagen: Jede Generation hat ihre Herausforderungen, früher war’s der 2. WK und die junge Generation heute muss eben sehen, wie sie mit dem Klimawandel klar kommt. Bei solchen Meinungen, so viel Unsolidarität, könnte ich schreien.
Oh ja, könnte man schnell den Kopf in den Sand stecken, aber ich finde auch, dass der Vergleich zu Herausforderungen der Vergangenheit hinkt. Beispielsweise die großen Kriege, die waren mit Sieg oder Niederlage beendet. Sofort. Auf die Sekunde. Natürlich gab es danach ein leid, aber im Prinzip ging es denn aufwärts. Wenn wir bei Klima morgen entscheiden, alles besser zu machen, dann gehts trotzdem erst mal 30 Jahre abwärts … Stichwort Latenz. Das ist schon gruselig
Wahrscheinlich trägt genau das dazu bei, dass so wenig getan wird. Man kann keine schnellen Erfolge vorweisen. Viele denken gar nicht in so langfristigen Bahnen. Ich meine, die Politiker, die das heute beschließen, sind dann lange pensioniert, wenn irgendwann jemand profitiert.