586) Schülerticket: Gratis fahren, Kilometer rennen

Man kann ja dieser Tage nicht nur ARD-Brennpunkte schauen, Umfragen und Pressekonferenzen verfolgen. Unsere Regierung taumelt, sortiert sich neu und wie Robert Habeck schon richtig gesagt hat, sind ja all die Baustellen nicht verschwunden, nur weil ein paar Akteure demnächst etwas anderes tun.

Ganz genau. Hier ein Beispiel, fernab von Weltwirtschaftslage, Klima und Krieg. Willkommen im Alltag. CC an Kai Wegner, Berlins regierender Bürgermeister.

Schüler dürfen in Berlin kostenlos Bahn fahren. Eine Errungenschaft von SPD, Grünen und Linken übrigens. Ja, kann man in diesen Tagen durchaus mal erwähnen.

Also fährt der Stammhalter mit den Öffi‘s, wird kontrolliert und rausgezogen, denn das Schülerticket scheint abgelaufen. Auf dem Küchentisch liegt ein halber Meter Bong-Rolle zur weiteren Bearbeitung. Die hiesige „Ministerin für Familie, Kultur und Außenbeziehungen“ nimmt sich dem Thema dankenswerterweise an, ich bin ja froh, dass Minister/Innen noch dabei bleiben, auch wenn es unbequem wird.

Hier ein kurzer Abriss:

1. Vorbereitung: Die Ministerin besorgte ein Passfoto, scannte den Schülerausweis und suchte einen Brief von 2019 mit den Angaben zur Kundennummer, Vertragsnummer und der Trägerkartennummer heraus.

2. Besuch im S-Bahn-Kundencenter (Dienstag, 17:30 Uhr): Am Ostbahnhof erfuhr sie, dass die Trägerkarte abgelaufen sei, da kein aktuelles Foto hinterlegt war und angeblich eine neue Karte per Post verschickt worden sein sollte, was jedoch nie geschah. Sie konnte dort gegen ein neues Passfoto und 10 Euro eine neue Karte direkt mitnehmen, nachdem sie eine Verlustmeldung für die alte Karte ausfüllte.

3. Die Ministerin bemühte sich, die Strafe von 10 Euro (statt 60 Euro) im S-Bahn-Kundencenter begleichen, wurde jedoch darauf hingewiesen, dass dies bei der BVG zu zahlen sei, da die Kontrolle in einem BVG-Fahrzeug stattfand. Der Mitarbeiter verwies sie auf das BVG-Kundencenter an der Jannowitzbrücke, welches jedoch bereits geschlossen war, und empfahl das Kundencenter am Alexanderplatz.

4. Nach 20 Minuten Wartezeit am BVG-Kundencenter Alexanderplatz stellte sich heraus, dass sie nun doch zur Jannowitzbrücke musste, was an diesem Tag nicht mehr möglich war.

5. Mittwochmorgen (8 Uhr): Vor dem BVG-Kundencenter Jannowitzbrücke angekommen, erfuhr die Ministiern, dass es erst um 9:30 Uhr öffnet.

6. Mittwochabend (17:05 Uhr): Sie versuchte es erneut, kam aber nach Schließzeit (17:00 Uhr) an. Selber Schuld oder?

7. Donnerstagmittag (12:30 Uhr): Beim erneuten Besuch des Kundencenters wurde sie informiert, dass sie sich zum BVG-Kundencenter für erhöhtes Beförderungsentgelt („Schwarzfahrer“ sagt man wohl nicht mehr) auf der Rückseite des Gebäudes begeben müsse.

8. Im BVG-Kundencenter für erhöhtes Beförderungsentgelt konnte sie nach 10 Minuten Wartezeit die Strafe reduzieren lassen und interessanten Streitgesprächen lauschen. Ein Antrag und der Schülerausweis reichten aus, um die Strafe auf 7 Euro zu senken.

Fazit: Obwohl das Schülerticket kostenfrei ist und ja schon bezahlt ist, führte das abgelaufene Trägerdokument dazu, dass eine Strafe fällig wurde. Von den zusätzlichen Kosten durch die Verwaltung des Missgeschickes und das Kilometergeld der Ministerin mal ganz abgesehen.

PS: habe den Tatsachenbericht durch ChatGPT waschen und kürzen lassen, wenn ich das hätte umschreiben müssen, wäre ich wohl durchgedreht.


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15 Kommentare zu „586) Schülerticket: Gratis fahren, Kilometer rennen

  1. Wieder mal ein grossartiger Beweis deutscher Burokratie. Wenn man das liesst sollte man gleich nach Luxemburg auswandern. Da kontrolliert Niemand Fahrkarten und alle fahren kostenlos.

  2. Autsch, laut „Glücksatlas“ sind die Berliner die Unglücklichsten in Deutschland, gefolgt vom Saarland. Ich ahne warum 🙂 Stell Dir einfach vor, die Berliner Behörden sind ein Dschungel und Du bist Tarzan.

    1. Ich hab ja schon öfter darüber nachgedacht, wirklich mal in die Verwaltung zu wechseln. Aber ich glaube nach sechs Wochen spätestens, schmeiß ich wieder hin.

  3. Als ich Schüler war, hatte ich auch einen Schülerausweis (auch mit Passbild), kaufte monatlich eine Monatsmarke für 6 Ostmark, klebte sie auf die Rückseite des Ausweises und gut war´s. Ohne Fahrschein erwischt zu werden kostete übrigens auch was: immerhin 20 Ostmark, mein monatliches Taschengeld…. und Mutter und Vater haben sich um solchen Kram nicht gekümmert.

    aber zurück:

    auch Herr Wegner ist mit dem Willen zur Entbürokratisierung angetreten, da kannte er das von der Bürgerseite, jetzt merkt er selbst, wie schwer es ist, diesen Moloch wieder zurückzuschneiden.

    1. Ja, der Herr Wegener hat große Töne gespuckt. Das gewisse Prozesse eine gewisse Bürokratie hinter sich ziehen das kann ich ja noch verstehen. Aber der Junge sieht aus wie ein Schüler, riecht wie ein Schüler hat einen Berliner Schülerausweis wie ein Schüler und sein Ticket ist vom Senat bezahlt.
      Warum soll er Überhaupt ein Ticket dabei haben?

  4. hast ja recht. Klar, ein jungenhaft aussehender Nicht-Mehr-Schüler (ebenso Mädchen und diverse) könnte dann unentdeckt gratis fahren. Die Öffies würden nicht abrechenbare Transportleistungen erbringen. Aber der ganze Verwaltungskram kostet ja auch etliche Euros. Die Gesamtbilanz wäre schon interessant.

    1. Der Sohn hat einen Schülerausweis, der ihn mit Bild und Schulstempel als Schüler ausweist. Reicht das nicht? Welchen Mehrwert bringt ein Dauerticket, welches bereits von Senat bezahlt ist.

      Solch ein Mistrauen seitens der Behörden lässt solche Bürokratie-Monster entstehen.

      1. Ich muss da immer an den Film „Asterix erobert Rom“ denken, wo die beiden da von Tür zu Tür rennen, um eine dämliche Bescheinigung zu kriegen

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