Eigentlich wollte ich ja die Auftritte des Corona-Virus hier etwas sanktionieren, aber es gab in den letzten Tagen zwei Entwicklungen, die mich sehr beschäftigen und bei denen ich bei bestem Willen und Nachdenken kein Verständnis finden kann.
Fallender Mund-Nasen-Schmuck
Es war wirklich nicht als Aprilscherz gedacht. Die Masken dürfen fallen. Im Supermarkt, in der Kneipe, im Fußball Stadion. Da können sogar zehntausende Fans wieder dicht an dicht stehen und ihre Vereine anfeuern. Ein befremdliches Bild. Auch im Klassenraum dürfen die Kinder im Prinzip wieder „oben ohne“ lernen. Lehrer appellieren an die Vernunft und bitten darum, noch ein paar Tage durchzuhalten, denn schließlich sind bald Ferien. Und da appelliere und applaudiere ich gleich mit, denn Ende Mai will ich vereisen und da habe ich echt keine Lust, dass wir uns kurz vorher noch das Virus einfangen, gegen das wir uns nun zwei Jahre lang erfolgreich gewehrt haben.
Mit Herz, Hirn und Hygiene
Mitte März erhielten wir Post von der Zahnärztin der Kinder. „Bis zur letzten Minute hatte ich gehofft, dass dieser Brief nicht geschrieben werden muss“ … so beginnt ihr Schreiben und informiert anschließend, dass sie den gemäß §20 Infektionsschutzgesetz nötigen Immunitätsnachweis nicht erbringen kann und deshalb ihre Zahnarztpraxis schließt.
„In den letzten zwei Jahren waren wir mit Herz, Hirn und Hygiene uneingeschränkt für Sie da ….“ setzt sie dann fort. Ursprünglich hatte ich an dieser Stelle weitere Zitate vorgesehen, aber ich kürze das ab. Ich möchte mich nicht daran abarbeiten, es macht müde.
Sie macht ihren Laden nun also dicht, es ist ihre Entscheidung. Ja, es ist ihr gutes Recht, diesen Weg zu wählen, aber m.E. auch genauso verantwortungslos. Ihre Mitarbeiter können nicht mehr arbeiten und Patienten müssen sich anderweitig umsehen. Noch mehr ärgert mich eigentlich, dass die Ärztin seit der Verfügbarkeit von Impfstoffen, also seit über einem Jahr, anderen Menschen körpernah im Gesicht rumgefummelt hat. Meinen Kindern übrigens auch.
Ist das reiner Zufall, dass ihre Formulierung „Mit Herz, Hirn und Hygiene“ abgekürzt ein „3H“ ergibt oder will sie uns damit erklären, dass sie bereits weiter denkt, als wir, die seit Monaten treudoof dem „herkömmlichen“ 3G-Modell hinterhertrotteln? Wenn es beabsichtigt war, dann war sie immerhin bei der Wortfindung sehr kreativ oder sie hat das aus irgendeiner Community übernommen, was ich noch mehr bedenklich finde.
Ich werde nun immer mit 100 km/h an Berliner Schulen vorbei rasen, denn ich fahre seit knapp 30 Jahren unfallfrei und halte mich für einen versierten, vernünftigen und vorsichtigen Fahrer. Also bin schon bei 3V.
Schönen Sonntag