306) Brauch‘ ick‘ nich‘ – Vol 3

Kaum war >Brauch‘ ick‘ nich – Vol 2 veröffentlicht, flog mir schon die nächste Zeitungsbeilage ins Haus über die ich mich hätte lustig machen können. Aber ich habe die erst einmal beiseitegelegt, denn mein Blog hier soll sich ja schließlich nicht zu einer Verbrauchersendung entwickeln. Beim Blick in die Nachrichten ist mir aber heute irgendwie nach leichter Unterhaltung.

Schon auf Seite 2 gehts los:
„Noch kraftvoller. Noch ausdauernder (und schöner).“ „Elegantes 2-in-1-Design: Extra schlank, extra flach und ergonomisch. Empfohlen auch von „Aktion Gesunder Rücken““ … und weiter … „ das Powerpaket liegt leicht in der Hand und lächelt sich spielend manövrieren…“.

Um was geht’s denn hier eigentlich?
Um die grinsende Brünette, die da durch Küche und Flur wirbelt?

Ach, du schnittiges Powerpaket, du.
Aber jetzt kapiere ich. Es geht um den Staubsauger.

Und dann Seite 10:
„Praktischer Beistelltisch mit bequemen Transportgriff“. „Mühelos, mit einer Hand transportieren Sie Naschwerk und Kaffee oder Drinks und Snacks von der Küche zu Terrasse“.

Mhm, sieht aus wie ein kleiner Couchtisch mit Marterpfahl in der Mitte.
Du Hasi-Mausi, kannst du mir bitte etwas Naschwerk auf die Ost-Terrasse bringen? Vielleicht auf unserem schicken neuen Tablett-Tisch aus Amerikanischer Weißeiche? Ich hocke hier in einem Call, aus dem ich nicht rauskomme. Daaaaaaankööööö!

Seite 13:
„Serviettenring, Eierbecher und Teelicht zugleich.“ „Handgefertigt aus massivem Eichenholz. Mit individueller Maserung. Jeder Ring ein Unikat“. „Designed und gefertigt in Deutschland im wunderschönen Schwarzwald.“

Du, Schaaaa-aaatz, machst du uns ein Frühstücksei?
Nein, meine Liebe, du wolltest ein romantisches Teelicht haben. Jetzt muss du halt warten, bis das abgebrannt ist!

Seite 16:
„Diese ist 6 cm dick mit einem weichen Vlies aus 100% Polyester gepolstert. So liegen sie stundenlang bequem …“.

Eine Dame im hellblauen Bikini räkelt sich tiefenentspannt auf einer Liege am heimischen Teich. Ich sollte mal weiter blättern.

Seite 17:
„Dekorativ. Nachhaltig. Und um Nu verlegt. Die Medaillon-Trittplatten aus recycelten Autoreifen.“ „Die runden Trittplatten mit dem klassischen Relief-Dekor wirken wie aus Eisen gegossen …“, „ … und passen sich leichten Bodenunebenheiten flexibel an.“

Na klar und schon lege ich mir zerbröselnde Autoreifen in den Garten, die aussehen wie Berliner Gulli-Deckel oder was?

Seite 20:
Oh, ein Photo eines Mannes. Wie hat der das denn in den Katalog geschafft?

Seite 24:
„Ruck-Zuck akkurate Rasenkanten. Ohne Bücken. Ohne Kraftaufwand. Mühen Sie sich nicht länger mit Kantenscheren and anstrengendem Bücken. Die zeitsparende und rückenschonende Alternative ist dieser komfortable Kantenschneider mit Fußtritt.“

Also das ist ja der Knaller. Da läufst du also wie ein Olympiasieger auf geschliffenen Schlittschuhen durch deinen Garten und „kappst mühelos Kanten und wucherndem Wurzelwerk“. Geil. Musst du nur beim Gartenschlauch und Springseil der Tochter aufpas … uuuups.. 😉

Seite 26:
„Die schönere Fliegenklatsche: Gnadenlos zu Plagegeistern. Schonend zu Ihrer Einrichtung“. „Dicke Brummer, aggressive Wespen und gemeine Stechmücken: mit dieser Fliegenklatsche machen Sie nervenden Plagegeistern den Garaus.“ “Lautlos, mit gezieltem Schwung saust der 8mm dicke perforierte Filz auf das lästige Insekt. Und Sie müssen sich keine Sorgen über Kratzer an ihren wertvollen Möbeln, Bildern und Sammelobjekten machen“.

Och da bestelle ich doch mal gleich 20 Exemplare, für jeden Salon eine Klatsche.
Habt Ihr auch schon eine Klatsche??

Brauch‘ ick‘ allet‘ nich‘!

—> 353) Brauch‘ ick nich‘ – Vol 4

63) Kein Schwein schreibt mich an

Gar nicht so einfach, etwas infektionsfreies zu schreiben dieser Tage. Aber ich habe mich dran gemacht. Nicht ganz frei von C_r_na, aber deutlich reduziert. Das Radler der Blog-Beiträge, quasi. Aber lest selbst.

Kein Schwein ruft mich an

„Kein Schwein ruft mich aaaan“, sang Max Raabe im Stile der 1920-er Jahre.
„Kein Schwein schreibt mich aaaan“ … so könnte ich in den 2020-er Jahren singen, wenn ich in den Briefkasten schaue. 

Denn da herrscht gähnende Leere:

  • Keine Postkarte von Freunden oder Familie. Woher auch, denn die Postkarte würde vermutlich aus dem Nachbarbezirk kommen und da war ich ja schon.
  • Nicht einmal eine Rechnung liegt drin, denn die kann ich ja „bequem online“ einsehen. Ich kann mich mit Passwörtern herumschlagen und mir einen Kopf machen, ob, wie und wo ich den Misst nun ablege. Von wegen bequem.
  • Na gut, der Bürgermeister wird sicher noch mal schreiben. Wegen AHA, Lüften, App und Impfung. Irgendwann. Vielleicht auch später.
  • Und Bundestagswahl ist ja nächstes Jahr auch…

Die einzigen Briefe, die mich erreichen, sind eher enttäuschend:

  • Erhöhung der Versicherungsbeiträge für die Familienkutsche
  • Brief an den Nachbarn, dessen Nachname sehr ähnlich ist
  • Zustellung einer Briefsendung bei der zuständigen Post-Filiale. Oah. Nööö!

Aber es gibt noch treue „Briefe-Schicker“:

  • Der lokale Optiker schickt mir ein Brillenputztuch zum Geburtstag.
  • Die persönliche Spaß-Kassen-Beraterin Frau Glanz, schickt mir auch eine jährliche Karte.
  • Und dann nicht zu vergessen, natürlich die Spendenaufrufe der Hilfsorganisationen zu Weihnachten. 

Ach was waren das noch für Zeiten als … 

  • Nach langem Warten einen Brief der Ferienlager-Liebe eintraf. Mit Herzchen verziert.
  • Der Automobil-Club wenigstens noch Mitgliederzeitungen verschickte und für Treppenlifte warb.
  • Der Bezirk einen Wegweiser für Ämter, Vereine, Begegnungsstätten und Kleinanzeigen in die Kästen warf.

Was soll ich nur machen?

  • Soll ich den Kasten einfach abbauen?
  • Vielleicht durch ein cooles Bild ersetzen oder durch einen Blumentopf? 
  • Oder muss ich möglicherweise doch noch den „Keine Werbung und kostenlose Zeitungen“-Aufkleber wieder abnehmen?

Mhm. Vorschläge?

58) Zeitung

Ich mag den Geruch von Zeitung. Warum eigentlich? Ist es die Druckerschwärze? Sind es die Erinnerungen an die Zeit, in der ich für ein paar Mark das Berliner Abendblatt in hunderten Briefkästen verteilte? Egal. Soll ja auch nur eine Einleitung sein.

Am Wochenende gönne ich mir gern so ein Old School Raschel-Werk, oft komme ich aber erst am Sonntag dazu, einen Blick hineinzuwerfen, auch wenn die Nachrichten damit den Stand von Freitagnachmittag haben. Hübsch gefaltet liegt der Papierstapel nun vor mir. Jeder mag so seine eigene Lesestrategie haben. Manche blättern von vorn nach hinten, manche von hinten nach vorn, andere suchen erst einmal die Bianca in der Mitte und entscheiden dann, wie es weiter geht.

Ich demontiere meine Zeitung …

  • Als erstes entnehme ich den Immobilien-Teil. Den kriegen die Kinder sofort als Mal-Unterlage. Mir bringt der nichts, weil wir glücklicherweise ein Dach über dem Kopf haben, weil mich nicht interessiert ob in Spandau 50 Town-Houses hochgezogen werden, weil ich den grinsenden Immo-Makler mit Fiffi auf Arm und Kopf schon Millionen Male gesehen habe.
  • Die große Theater-und Bühnen-Beilage für die nächsten sechs Monate kriegen die Kids gleich noch mit dazu. Das Bunt-Papier von Teppichland, Küchenstudio und Polsterwelt fliegt sofort in die Altpapier-Kiste. Schade um‘s Papier und die Farbe. Wieviele dieser Beilagen werden nicht einmal „aufgefaltet“, sondern landen direkt wieder in der blauen Tonne? Muss das für den Designer nicht super-frustrierend sein?
  • Der Berlin-Teil scheint mir da ganz interessant, jedoch ist auch die Hälfte des Abschnitts mit dem Fernsehprogramm bedruckt, zusätzlich eingerahmt von gigantischen „#wirbleibenzuhause“ oder „#berlinengegencorona“-Initiativen der Bundes-und Landesregierung. Reflexartig forme ich mit den Armen ein Spitzdach über meinem Kopf. Mit dem Feuilleton konnte ich noch nie etwas anfangen. Vielleicht noch eine Mal-Unterlage für die Kids?
  • Der Service-Teil ist heute nicht so der Knaller. Reisen in Corona-Zeiten, Fremdsprachen in Corona-Zeiten, Homeoffice-Ausstattung in Corona-Zeiten, Autofahren in Corona-Zeiten, …. ich kann es nicht mehr hören. Dann noch eine Anzeige des Job-Centers. Die sind für mich da. Und gemeinsam schaffen wir das! Aber deren „Liegenschaften“ sind geschlossen, ich solle den eService nutzen. Verstanden. Zu guter Letzt der Börsenteil (Aktien sind doof) und  das Kreuzworträtsel (sollte ich jemals dafür Zeit haben). Nein, Danke. Mal-Unterlage!
  • Und weiter gehts mit Europa-Wetter (brauche ich nicht, is‘ ja von Freitag und Reisen darf ich eh nicht), Traueranzeigen (da kenne ich zum Glück keinen), Fußball in Corona-Zeiten (der Ball ruht … was sonst). Auch Mal-Unterlage. Drei Viertel der Zeitung habe ich nun bereits zur Mal-Unterlage erklärt. Können die Kinder überhaupt jemals so viel malen?

Aber es gibt Hoffnung: Kolumnen, Essays, Leserbriefe und das Magazin liegen noch vor mir. Das Beste zum Schluss. Eigenartig oder? Wie so‘n Blog. Riecht nur besser 😉