211) Corona-Lektionen 90

Draußen ist Hochsommer, die Stadt stöhnt bei 36°C. Das Virus stöhnt auch. Sehr gut. Soll es stöhnen, soll aus austrocknen und uns bitte seine buckelige Variantenschaft vom Hals halten.

Ein paar Gedanken aus der letzten Woche:

Einzelhandel:
Letztes Wochenende war ich mit dem Stammhalter im nächsten Shopping-Center. Aber so richtig prickelnd war das nicht. Knapp ein Drittel der Läden war gar nicht mehr da bzw. durch eigenartige Dienstleistungen besetzt. Bei der Schwedischen Klamotten-Schleuder standen sie ewig an, in der Fress-Etage informierten Schilder, dass der Sohn zwar sitzen und schlemmen darf, ich aber nur, wenn ich meinen Impfstatus nachweisen könnte. Konnte ich aber nicht, das gelbe Heft der Freiheit lag zu Hause. Schilder sind geduldig. Also besorgte ich mir was zu futtern und setzte mich dem Junior gegenüber an den kleinen Tisch. Nur wir zwei. Unbedenklich für das nationale Infektionsgeschehen. Notfalls würde ich mich auf meine Fürsorgepflicht berufen, wenn irgendjemand etwas wollte. Wollte aber keiner.

Selbsttests
Als die Selbsttests endlich in die Supermärkte kamen, waren die Dinger nur an der Kasse zu haben, für knappe 5 EUR pro Kit. Zwei Packungen gab’s pro Einkauf, wenn es sie überhaupt gab. Diese Bückware der Neuzeit vermittelte Hoffnung auf rückkehrende Freiheiten. Der Begriff Selbsttest tauchte zum ersten Mal am 27.03.21 bei mir aufm Blog in Corona-Lektionen 76 auf und wir bestellten auch ein paar Kits, um für die anstehende Veränderung in der Pandemie gewappnet zu sein. Vor ein paar Tagen vernahm ich die Radio-Werbung einer Drogerie-Kette. „Corona-Selbsttests für nur 80 CENT, weil uns ihre Gesundheit am Herzen liegt. Keine Mengenbeschränkungen. So lange Vorrat reicht.  Aha. Und was ist  mit den 4,20 EUR Differenz die wir pro Stück hingelatzt haben? Lagen die euch auch am Herzen? Egal. Besser so also anders herum

Nähe:
Die kleine Omma wurde 101 und durfte dazu sogar das Heim verlassen. Ja, in die Öffentlichkeit! Ja, sogar zum Italiener, Open Air natürlich. Eine schöne Gelegenheit, die Familie nach langer Zeit mal wieder auf einem Haufen zu sehen. Und man merkt dabei auch deutlich, dass wir mittlerweile alle einen kleinen Corona-Dachschaden haben. Zunächst begrüßt man sich unsicher. Umarmen? Oder vielleicht doch besser Faust, oder Ellbogen? Tischplatte klopfen? „Ich mach’ mal so“? Was ist nun angemessen, was ist der neue Standard? Was geht, was besser noch nicht? Und kaum hatten wir uns gesetzt, folgten die Corona-Dialoge. „Na, schon geimpft? Wie ist es euch so ergangen? Homeoffice, Kurzarbeitergeld, Homeschooling, Impfausweis … trallalala … “ … das ganze Programm also noch einmal.

Bin gespannt, über was wir nächsten Sommer so reden.

Schönen Sonntag
T.

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209) Corona-Lektionen 89

Die Radtour fällt buchstäblich ins Wasser, aber das verschafft mir etwas Zeit für einen weiteren Beitrag über das blöde Virus und was es so mit uns macht.

Ein paar Gedanken der letzten Tage

Freiheiten
Eine Einschränkung fällt nach der anderen. Kaum ist eine Lockerung zu mir durchgedrungen, überlege ich, was ich damit nun anstelle. Aber da ist die Information schon wieder veraltet und es geht schon wieder etwas mehr. Ich find es echt krass, wie sehr wir in 7 Monaten gelernt haben zu verzichten und bin mit den neuen Freiheiten auch leicht überfordert. Aber Stück für Stück entdecken wir sie zurück. Zum Beispiel letzten Dienstag mit Freunden beim Griechen. Es gab Wein, Gyros und Tsatsiki in ordentlichen Mengen. Es fühlt sich noch sehr ungewohnt an und ich hatte das Gefühl, das nun besonders genießen zu müssen, denn wer weiß was im Herbst wieder auf uns wartet.

3G
Auch wenn wir sonst gern über das mobile Netz in Deutschland schimpfen und uns bereits auf 5G freuen, scheint 3G dieser Tage völlig ausreichend. Getestet, Geimpft oder Genesen. Aber selbst das ist gar nicht mehr unbedingt notwendig. Ich wollte heute endlich mal wieder in den Baumarkt (letztes Mal Mitte November !), checkte aber vorher noch mal die Regeln dort. „Dieser Markt hat ohne Test und Einkaufstermin für alle Kunden geöffnet. Wir freuen uns auf ihren Besuch.“, stand auf der Homepage. Und Tatsache, die Türen standen offen, die Gänge waren luftig leer und die Abteilungen waren noch an ihren alten Plätzen. So wie „damals“ in 2020. Zum Glück haben sie während des Lockdowns nicht noch umgeräumt, dann wäre ich völlig verloren gewesen.

Events
Auch Veranstaltungen scheinen wieder möglich. Nun bin ich ja wahrlich kein großer Fußball-Fan, aber als gestern die Italiener im Stadion ihre Nationalhymne schmetterten, stand mir PiPi in den Augen.

Stringiamoci a coorte,
Siam pronti alla morte,
Siam pronti alla morte,
L’Italia chiamò

Puhhh, was für Zeilen. Die geballte Kraft der Stimme, die vielen Menschen im Stadion und aber natürlich auch das Wissen, wie der blödes Virus dort gewütet hat. 

PS: Vor einem Jahr habe ich >Corona-Lektionen 32 zum Thema „New Normal“ geschrieben. Passt bestens in die aktuelle Zeit.

Also, genießt die Möglichkeiten, aber übertreibt‘s nicht gleich wieder!

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118) Corona-Lektionen 32

In welcher Homeoffice-Woche sind wir denn jetzt eigentlich? In Nummer 12 oder schon 13? Habe den Überblick verloren. Ich zähle noch einmal nach. Wir gehen nun in die 14. Woche!

Zwei Gedankengänge der letzten Tage:

Normalität 1: Viel wird derzeit geschrieben und besprochen, was uns wohl in der „neuen Normalität“, dem „New Normal“, erwarten wird. Der Begriff klingt verheißungsvoll, irgendwie nach Reform, oder? Als würde demnächst ein weißhaariger Mann mit Bart auf einen Hügel klettern und uns den Weg weisen, wie wir alle ab Stichtag X leben werden. Und so als würde diese neue Normalität dann eine Weile anhalten, bis sie dann mal wieder überarbeitet wird, wenn ein Grund dazu besteht. Ein neuer Virus, die Polkappen-Schmelze oder der Umwelt-Kollaps vielleicht? Der Begriff „Normalität“ scheint uns Orientierung zu geben, uns zu beruhigen, irgendwie unser Leben zu ordnen. Ist aber eigentlich auch Augenwischerei. Denn Normalität ändert sich doch täglich! Etwas wirkt auf uns ein, oder wir wirken auf andere. Das alles verändert den Status Quo. Und weil das so ist, brauchen wir auch nicht auf das „New Normal“ warten.

Normalität 2: Gemäß der großen Suchmaschine ist Normalität „ … das Selbstverständliche in einer Gesellschaft, das nicht mehr erklärt und über das nicht mehr entschieden werden muss. Dieses Selbstverständliche betrifft soziale Normen und konkrete Verhaltensweisen von Menschen …“! Na bitte. Da steht’s doch. Und wie kommt es dazu? Normalität wird diktiert (z.B. durch Politik, Organisationen oder Gesetze) und sie wird bestimmt durch unser aller Handeln. Letzteres können wir direkt beeinflussen und können was draus machen. Sollten wir auch. Sonst machen es nämlich andere! Wie wollen wir künftig konsumieren, wie wollen wir uns ernähren, wir wollen reisen, wie wollen wir arbeiten? Da haben wir durchaus Einfluss und sollten uns nicht unmündig vor die Karren anderer spannen lassen.

Frohes Nachdenken!

T.

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104) Corona-Lektionen 24

Die Neunte Family-Homeoffice-Woche liegt vor uns. Der Sohn darf morgen wieder in die Schule, zeitweise zumindest. Die lange Liste der Hygiene-Maßnahmen sorgt für Enttäuschung und zeigt eindrücklich, dass da noch lange nichts „normal“ ist. Aber was ist schon „normal“?

Durch Corona ist kein Stein auf dem anderen geblieben:

  • Vormals fast undenkbare Veränderungen sind in Deutschland auf einmal möglich geworden. Nehmen wir nur mal flächendeckendes Home-Office, Video-Konferenz mit Lehrern und Kartenzahlung.
  • Relikte alter Zeiten, die wir schon überwunden glaubten, machen nun eine zweite Karriere. Die Warteschlange ist zurück, Drive In-Konzepte gibts nicht mehr nur beim Fast Food sondern auch für die Beichte. Religionen entdecken Auto-Kinos für sich.
  • Bei den großen Herausforderungen, die bislang unerreichbar schienen, hat es bereits kurzfristige Veränderungen gegeben. Der Verkehr hat abgenommen, in Großstädten wird die Luft besser und es wird viel weniger geflogen.
  • Schlechte Angewohnheiten, von den wir doch eigentlich ablassen wollten, festigen sich nun erst recht. Der Versandhandel und Individualverkehr boomt, „To Go“-Konzepte sind die einzige Überlebenschance für die Gastronomie. Verpackung inklusive.
  • Und wir konnten alle mal schnuppern, wie es sich denn so anfühlt, wenn Grundrechte  eingeschränkt, Versammlungen, Demonstrationen, Soziales Miteinander verboten werden. Für manche Deutsche war das gar nicht so neu. Uns eint nun aber die neue Erfahrung, wenn staatlicherseits eine partielle Bedeckung des Gesichtes gefordert ist.

Und weil das ja mal nur die eher „kleineren“ Veränderungen der letzten Wochen sind, wird uns doch allen klar, dass es kein „back to normal“ geben kann. Und wer sagt eigentlich, was das neue „normal“ ist?

Aber das wird ein neuer Beitrag 😉

Schönen Sonntag
T.

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