169) Corona-Lektionen 65

Berlin hat schon wieder Ferien. 
Oahhhh großartig!
Dann können wir endlich mal nicht wegfahren. 
Fantastisch, das wird sicher gut!
Wir könnten ja mal den Stadtpark entdecken. 
Toll! Ja, das ist ja mal ganz was Neues.
Stattdessen können wir ja auch mal zu Hause bleiben.
Wunderbar! Als täten wir das nicht schon seit Monaten. 

Homeoffice wird Homework
Da ich meinen Resturlaub nicht im Berliner Schmuddelwetter abbummeln wollte, entschloss ich mich für ein Job-Rotation-Programm. Also tauschte ich Laptop gegen Pinsel und verwirklichte mich die letzten Tage als Maler und Tapezierer. Zu Hause. Wo sonst. So stand ich drei Tage auf der Leiter und ließ die Farbrolle und Gedanken kreisen. Besser jetzt im Februar als dann im Sommer, wenn wir uns vermutlich alle wieder an der Ostsee die Ellbogen in die Rippen rammen. Wenn … , … ach lassen wir das.

Lesen 1
Beim Abdecken von Möbeln konnte ich die Zeitungen der letzten Tage ganz gut einsetzen. Bei den Anzeigen blieb meine Aufmerksamkeit einen Moment hängen. Die ganze Rubrik „Reisemarkt“ bot nur zwei Anzeigen. Im Schwarzwald hat man noch Betten, im Spreewald bietet die „Waldhütte“ neu ausgestattete Zimmer und Bäder. Hunde sind erlaubt. Bin mir nicht sicher, ob die wirklich Gäste suchen, vermutlich haben die ein Jahresvertrag mit der Zeitung und kriegen die Annonce nun nicht mehr raus. Die Traueranzeigen dafür, belegen neuerdings eine ganze Seite. Das war „früher“ nicht so oder täuscht das? 

Lesen 2
An den Abenden konnte ich ein Buch beenden, dass schon länger darauf wartete. Es ist schwere Kost, zu der ich in den letzten Wochen nicht immer Appetit hatte. Aber es war ein wichtiges Buch und es hat mich schwer berührt. Seweryna Szmaglewska, eine politische Gefangene aus Polen, verbrachte zwischen 1942 bis 1945 schwere Jahre im KZ Auschwitz-Birkenau und schrieb kurz nach der Befreiung ihre Erlebnisse auf. 450 Seiten Lageralltag in all seiner Brutalität und ausweglosen Monotonie. Dagegen ist unser Alltag aktuell das reine Vergnügen. Eigentlich halte ich mich ja hier mit Literatur-Empfehlungen zurück, aber dieses Buch sollte zum Standard-Werk für Heranwachsende werden. Ich behaupte mal, da lernt die Jugend mehr als bei Goethes „Faust“ oder Shakespeares „Romeo und Julia“.

Und sonst so? Morgen geht’s wieder auf die Leiter.

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143) Corona-Lektionen 48

Vor dem Rathaus Berlin Schöneberg rief John F. Kennedy einst „Ich bin ein Berliner!“ und wurde von den Menschen bejubelt und gefeiert. Ab heute sagt man das besser nicht, denn dann kommen die anderen Länderchefs im Antlitz des berühmten Türstehers Hakan, zeigen mit dem Finger zwischen unsere Augen und sagen „Du kommst hier net rein“. Noch nicht einmal abgefahren, fühlt man sich schon als Flüchtling (… böse, sorry).

Waren vor ein paar Tagen nur einzelne Berliner Stadtbezirke mit roter Ampel geschmückt und damit von der Beherbung in anderen Destinationen ausgeschlossen, ist die Ampel nun für ganz Berlin rot. Na wunderbar.

Wer nächste Woche eigentlich noch einmal andere Tapeten in Deutschland sehen wollte, braucht nicht einmal anfangen, die Koffer zu packen. Die üblichen Fragen wie „Was nehmen wir mit?“ oder „Was ziehen wir an?“ sind heute bereits beantwortet: „Nüscht und Schlunzhose“. Auch die Frage „Wo fahren wir nun eigentlich hin“, die hat sich schon erledigt. Nach Hause. Mal wieder. Im Ideal-Fall geht‘s für ein, zwei Tagestrips ins Umland. Vielleicht aber besser mit einem Mietwagen. Wegen dem Kfz-Kennzeichen. Aber aufpassen, dass man auch nicht M- oder F- erwischt. Ganz praktisch dieser Tage wäre eher NVP oder OVP … aber da gibt‘s keine Mietwagen … aber ich schweife ab.

Bleibt mehr Zeit für Literatur also: H. hat neulich das Buch „Der Wal und das Ende der Welt“ von John Ironmonger empfohlen. Ich höre es derzeit als Hörbuch und gerade in diesen pandemischen Tagen, mit Blick auf die Adventszeit, kann ich es nur empfehlen. Eigentlich  schon in 2015 veröffentlicht, aber erst im März 2020 (…hört hört) ins Deutsche übersetzt, ist es aktueller denn je. Und macht Hoffnung.

Worum es geht? Sag‘ ich nich‘.

Selber lesen oder hören 😉

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120) Zeit 1

Vor ein paar Tagen habe ich mir ein neues Hörbuch gekauft. Ein Jugendbuch. Ein Buch, dass schon auf einigen Blogs angesprochen wurde, mir sagte der Titel aber gar nichts. Bildungslücke? Einfach übersehen? Oder bisher keine Zeit gehabt? Vermutlich Letzteres.

Also fix heruntergeladen und beim Joggen angehört. Es begann aber „sehr gemächlich“, der Sprecher strahlte eine Gelassenheit aus, die in mir sehr schnell Unruhe entfachte. Sehr bald schaltete ich in der Hörbuch-App auf Tempo 1 1/4 und konnte dem Stoff immer noch gut folgen. Ein Amphitheater vor den Toren der Stadt, spielende Kinder, Phantasie-Spiel und so weiter. Mhm… passiert da noch etwas? Kann ich mit meiner Zeit nicht etwas Besseres anstellen? Ich überlegte abzubrechen, hörte aber weiter. Bis zum Kapitel 19, als die „grauen Herren“ die Bühne betraten. Und da hörte ich dann genauer hin, denn es ging um die Zeit. Ich muss sagen, ich gehöre auch zu den „von der Zeit getriebenen“. Vermutlich hört mein Umfeld folgende Sätze mehrfach am Tag von mir und rollt die Augen:

  • Ist noch Zeit?
  • Lass dir ruhig Zeit!
  • Los jetzt, wir müssen gehen!
  • Dafür habe ich nun echt keine Zeit!
  • Ich weiß nicht, was ich zuerst machen soll!
  • Das mache ich, wenn ich irgendwann mal Zeit habe!
  • Wann geht es los? Wie lange dauert das? Wann ist Schluss?
  • Und so weiter ….

Nun bin ich bei Kapitel 61 angekommen. Keine Ahnung was noch kommt. Aber ich freue mich drauf und frage mich, ob ich auch so einer von den „grauen Herren“ bin.

Wie das Buch heißt? Na, ich denke die eingefleischten Bücherwürmer haben es schon erraten, oder? Es ist nicht Pipi, auch nicht Lala und nicht Mini.

Es ist Momo 😉

Lesen, wer‘s noch nicht getan hat!

Oder hören … beim Joggen … auf Englisch. Dann ist‘s gleich dreimal produktiv 😉