74) Postkarte von Malta 3

Alle guten Dinge sind drei heisst es doch so schön. Oder eben „L-affarijiet tajbin kollha jiġu fi tlieta“.
Alter Angeber!

Zunächst ging es nach Mdina. Die ehemalige Hauptstadt ist nur 20 Auto-Minuten von Valletta entfernt und zählt ca. 250 Einwohner. Ja 250. Da kennt nun wirklich jeder jeden. Die Häuser hinter den Stadtmauern sind tip-top gepflegt und erscheinen in sandfarbigem Kalkstein. Und auch da gab‘s wieder einige Skurillitäten zu entdecken.

Bei der Aufzählung der Bauwerke dort wurde mir kurz schwindelig, nicht nur der Sprache wegen, sondern allein die Anzahl der Kirchen lässt auf eine dünne Versorgung mit Netflix und Amazon Prime damals schließen. Dabei diente das Haupttor der Anlage als Kulisse für die erste Staffel von „The Games of Thrones“. Gefährliches Halbwissen … nie gesehen.

Der heilige Paul war hier anscheinend eine große Nummer. Eine Kathedrale und ein Plätzchen sind nach ihm benannt.

Die Gassen sind nicht wirklich Autofreundlich. Selbst bei 56-er Breite (Zoll? Ellen? Klafter? Ruten?) kommt man da selbst mit einem schlanken Q7 nicht durch. Sehr ignorant und Teutonen-feindlich muss ich sagen.

Was hier klingt wir ein jecker Joghurtbecher mit Piep-und Bezahl-Modus ist ein weiser Rat, besonders an die jungen Generation, den man nicht oft genug betonen kann. „Die Türen bitte leise schließen!“ Seit der Bronzezeit also immer noch ein aktuelles Thema. Ja, ist denn das so schwer!

Bei 250 Einwohnern und der kleinen Fläche der Stadt, da muss man die öffentlichen Gebäude multi-funktional gestalten. An dieser Ecke also Stadtpark, Sonnenseite, Schattenseite, Blumenladen, Bankfiliale und Gefängnis.

Jetzt bin ich nicht bibelfest genug, um dieses Bild zu erklären, aber die Menschen waren schon damals ihrer Zeit voraus. Ein Bilderrahmen aus Obst. Voll vegan.

Fast jede Tür hat auffällige Klopfer, den hier fand ich besonders interessant. Keine Ahnung was der Schmied da geraucht hat, aber es muss ein harter Arbeitstag gewesen sein.

Am Freitag ging es nach Birgu. Da die blöde Autokorrektur ständig „Birgit“ draus machen will, kann man mittlerweile wohl auch Vittoriosa sagen. Schöne Altstadt samt gigantischer Festung.

Kaum hatten wir die Halbinsel betreten, präsentierte uns Air Malta dieses moderne Fluggerät hier.

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Dann hatten wir etwas Probleme unser Boot zu finden. Sweetheart, weißt du noch wo wir gestern unsere Nussschale abgestellt haben?

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War es eins von denen da?

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Nee, viel zu klein. Vielleicht da hinten?6B07ECFE-A4AA-4D95-A283-CC21083C966F

Ach na was für ein Glück, wir haben es gefunden. Ist ja mit seinen 75 Metern auch schnell zu übersehen. Für die 100 Mille hätte man es auch besser kenntlich machen können.

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Vom Fort St. Angelo hat man einen gigantischen Blick über die Buchten und man kann sich ungefähr ausmalen, welche Schlachten hier geführt wurden.

So liebe Lesenden. Das soll es gewesen sein. Hat Spaß gemacht hier und kann ich für ein paar Tage echt empfehlen.

Saħħa sagt man wohl zum Abschied, was auch Gesundheit bedeutet.
Klingt aber wie die Torte aus Wien.
Dann also Saħħa!

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72) Postkarte von Malta 1

Zwei Wochen Oktoberferien, meine Güte. Und das noch kurz vor Weihnachten. Muss das sein? Obwohl das Wetter in Berlin ja auch noch recht „dufte“ sein soll, haben wir uns schon vor längerer Zeit für Malta entschieden. Und zwar richtig. Bei Malta scheiden sich die Geister, aber ich find‘s gut bislang.

Überschaubar, einfach, preiswert, warm, nicht weit weg. Ein bisschen „shabby“ hier und da, aber sehr sympathisch. Ein Mittelding zwischen Süditalien, Griechenland, Nordafrika mit einer Note indischen Currys. Hier die ersten Eindrücke von Sliema, Marsaxlokk und St. Julians. Wie immer bei dieser Reihe, geht es nicht um Hochglanz-Fotos, sondern um Entdeckungen am Wegesrand. So sind meine >Postkarten einst gestartet und so bleiben sie auch.

Fangen wir mal mit der Architektur an. Platzt ist knapp in Malta. Also baut man schmal und holt oben wieder etwas Fläche raus, in dem man Erker/Wintergärten drannagelt. Manches Haus ist so schlank gebaut, da kann man sich den Grundriss denken.

Sliema und St Julians

Malta ist Mitglied der EU, man zahlt mit Euro und auch andere Trends wurden hier ans steinige Land gespült. Im Radio läuft Werbung für LIDL und Carglass, die Roller-Pest ist angekommen und auch Vorhängeschlösser finden zahlreich Verwendung.

Aber auf dem Level will man nicht stehenbleiben. An manchen Ecken wirkt es, als wolle man es mit Dubai oder Singapur aufnehmen, aber es täuscht, so hoch sind die Dinger gar nicht. In Sliema wird so einiges gebaut, manche Gebäude haben es aber auch nötig.

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Marsaxlokk

In Marsaxlokk (20 Auto-Minuten von Sliema) ticken die Uhren noch anders. Kleines Fischerstädtchen mit Fischmarktgewusel am Sonntag. Und auch hier macht sich die Insellage bemerkbar, es gibt nicht immer alle Farben im Bootsfachgeschäft zu kaufen. Also werden die Boote mit dem bemalt, was gerade da ist und sind dann irgendwann … bunt 😉

St. Peter’s Pool

Eine halbe Stunde Fußmarsch von Marsaxlokk gibt es den St. Peter‘s Pool, eine Badestelle. Wir waren da nicht im Wasser, aber es war interessant, das Treiben zu beobachten. Mutige Sprünge vom erodierenden Felsrand, mitten hinein in einen Müllteppich. Lecker. Mund auf Leute, so kriegen wir unsere Meere wieder sauber! Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Ansonsten gabs natürlich Mädels, die sich von ihren Typen ablichten ließen. Auf einem Stein drapiert, Bauch rein, Brust raus und Botox-Duckface in die Kamera. Sorry konnte ich nicht fotografieren, sonst hätte mich der Typ vermöbelt. Dafür kriegt ihr eine Extraportion kleinteiligen Kunststoff frei Haus.

Menschen

Im Auto nach Marsaxlokk quatschte ich mit Stefano. Hier eine Wiedergabe des Gespräches aus dem Kopf:
Der Radiosender im Auto rauscht, Stefano wechselt die Soundquelle aufs Handy. Nun klingt Italienisch aus den Lautsprechern und schon kommen wir ins Gespräch. Er ist in Sizilien aufgewachsen, hatte später dann eine Firma mit 12 LKW in Turin. Wenn ein Fahrer ausfiel, musste er selber hinters Lenkrad. So hat es ihn auch nach Berlin verschlagen und andere deutsche Städte. Seit 9 Jahren lebt er auf Malta, wegen der besseren „Economy“. Er fährt gern Auto, und das muss man auch, wenn man in dem Job arbeiteten will. Das letzte Mal, dass er zu Hasue in Italien war, war vor Covid. Stattdessen kommt seine Mutter ab und zu nach Malta. Er schmunzelt über die Diskussionen vom europäischen Festland, aber Energieversorgung ist hier nicht das große Thema. Der Sprit ist günstig, die Strecken sind kurz, das Speed Limit liegt bei 80 km/h und Heizungen haben die normalen Wohnungen eh nicht. Im Januar und Februar gehts dann mal runter auf 7-8 °C und dann nutzen sie das Warmgebläse der Aircondition und ab März wird’s wieder schön.

What nice, isn‘t it?

284) Vom Rüsten

Schreibt einen Brief an Reagan
Ganze Klasse, sie schreiben alle
Geht um Pershing, um Cruise Missile
Frieden schaffen, ohne Waffen!

Muss zum Winken, alle winken
Im Oktober marschiert die NVA
Panzer auf der Karl-Marx-Allee
Raketen auf‘m Strausberger Platz

Winkt wieder, Gorbi in der Stadt
Mauer niedergerissen
Ceaușescu erschossen
Zeichen auf Entspannung

Steht vor der US-Botschaft
Geht um Öl, um Kuwait und Irak
Jugoslawen kommen in den Kiez
Ihm egal, hat anderes im Kopf

Soll nun zum Bund, ran an die Waffe
Alle müssen da hin, gehört sich so
Verweigert es, macht was anderes
Keine Waffen, keine Waffen!

Sieht Europa, wächst gen Osten
Neue Sterne auf blauem Grund
Grenzen fallen, Schranken öffnen
Es sieht gut aus, da kann was werden!

Liebe Leser,
Klingt alles etwas wirr und reimt sich nicht, ich weiß. Aber genau so ist es.
Man spricht nun wieder über Truppenstärken, Waffensysteme und Deutsche Infanterie. Mehr Geld soll in die Rüstung fließen, ein „Paradigmenwechsel in der deutsche Außen-und Sicherheitspolitik“.

Ich hatte gehofft, wir würden endlich etwas Anderes diskutieren können.

53) Postkarte aus BZ-GR-ZI

BZ, GR, ZI ?? Was soll’n das sein? Belize, Griechenland und Zi … Zimbabwe … Zypern … ?

Nein, nein. Viel näher dran, als man denkt. BZ, GR und ZI sind Landkreise in Sachsen und liegen im Dreiländereck zu PL und CZ. Klaro?

Ein paar Daten zu geografischen und klimatischen Bestimmung:

  • 50.8566°N 14.7086°O
  • 442 m ü. NHN
  • Nachts 1°C, am Tag 12°C

Und jetzt noch politisch und virologisch:

  • 35% AfD, 26% CDU. Puh … progressiv ist auch anders.
  • 7-Tage Inzidenz: 105
  • Impfquote: 55,9%
    —>Lässt sich da vielleicht ein Zusammenhang erkennen? Egal. Ich wollte euch ja ein paar Bilder schicken

Aber der Reihe nach:

Es lässt sich gut wandern, gerade für uns Flachland-Indianer. Oh, darf man das noch sagen? Hier schon! Das geht auch bei Nebel und Waschküche.

Kaum kommt die Sonne raus, sieht‘s gleich viel netter aus. Es ist nicht nur Schwarz, Grau und Blau hier, es gibt auch Rot, Gelb und Grün. Hoffnung kommt auf.

Die Typen unterwegs sehen etwas komisch aus, aber die Mädels dafür viel besser. Aber ständig muss ich den Rucksack tragen.

Um den Nonnenfelsen herum kann man das Elbsandsteingebirge quasi in kompakt erleben.

Ansonsten merkt man schnell, dass man in einer Grenzregion unterwegs ist. Einen Schritt dort lang ist man in Tschechien, einen Schritt hier lang gehts nach Deutschland, mal eben kurz über die Brücke ist man in Polen. Und alles ist offen. Für die Kids recht eindrücklich und für mich als Europäer der einzig richtige Weg.

Weiter so!

Nachtrag 17.10.21:

eigentlich wollten wir unterwegs in einer Baude einkehren. Die Familie hat einstimmig beschlossen, diesen Laden zu boykottieren und aufs Mittag zu verzichten. Stolz drauf! 

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Nachtrag 18.10.2021:

Und auch der Betreiber dieser Traditionsgaststätte hier, hält sich für oberschlau und macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt.

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78) Wortwahl: Pushback

Während wir hier im Warmen sitzen und uns vor lauter Corona-Panik in die Vegan-gefertigten Unterhosen machen, spielen sich an der EU-Außengrenze zwischen Türkei und Griechenland furchtbare Szenen ab. 

Flüchtende Menschen irren bei Wind und Wetter zwischen den Grenzanlagen hin und her. Kinder sind natürlich auch dabei. Wo sollen die auch sonst sein. Zu Hause bleiben wollten die nicht, denn das „zu Hause“ gibt es nicht mehr.

Verwendet man aber für diesen Vorgang den englischen Begriff „Push Back“, klingt das alles gar nicht mehr so schlimm, oder? Selbst im öffentlich rechtlichen Fernsehen berichtete ein Reporter vor ein paar Tagen, man habe die Flüchtlinge „zurückgepusht“.  Hört sich irgendwie weich und kuschelig an, oder? So wie Puschel, Bommel, Weichspüler oder der Name eines Haustiers. „Pusch Ultra-Soft“ oder „Pusch Sensitive“ oder „Puschel das Mehrschwein“.

Türkei und Griechenland setzen Tränengas und Rauchbombem ein. Das ist gar nichts kuschelig.

  • Vor 30 (!) Jahren erschien 1990 der Film „Der Marsch“ bei dem es um riesige Fluchtbewegungen ging, die nach Europa strömen. Aber das war ja nur ein „Sci-Fi“-Film, eine Dystopie. Nichts reales, nur ein Film. Ein Kunst-Projekt.
  • Vor 2 Jahren dann der Roman „Die Hungrigen und die Satten“. Wirklich lesenswert, hörenswert und sehr unterhaltsam. Durch seine flachgeistigen Hauptdarsteller, verkommt das ernsthafte Thema aber leider zu einer Satirik-Komödie. Die Menschen dort in Kastanies finden das aktuell bestimmt nicht lustig.
  • Nun muss man nicht mehr ins Kino gehen, kein Buch lesen. Das Drama spielt sich vor unseren Augen ab.

Klar, können nicht alle flüchtenden Menschen der Welt in die EU kommen. Das geht nicht. Schon gar nicht, wenn man mit der „EU“ eigentlich „Deutschland“ meint. Aber was sich da abspielt ist zutiefst beschämend. Soll mir keiner sagen, Europa ist durch christliche Werte geprägt. Ich lach‘ mich schlapp! Viele Regierungen sind wohl eher durch „egoistische“ oder „protektionistische“ Werte geprägt. Die EU hat 27 Mitgliedsstaaten. Der Staatenverbund finanziert deren Gehwege, Spielplätze und die heiß geliebten Auto-Bahnen.

Und die Kinder hocken da im Dreck …

Schönen Sonntag noch!