2) Milch im Überfluss

Meine Frau und ich stehen jeden Tag zwischen 05:30 und 05:45 auf. Wir beide genießen für uns die Ruhe des Morgens und tun was uns jeweils wichtig ist. Wir sind relativ entspannt dadurch. Um 06:30 werden die Kids geweckt und wir rufen zum Frühstück. Nacheinander finden sich die müden Gesichter in der Küche ein . Die Kids mögen Cornflakes. Also Packung auf, Cornflakes in die Schüssel und Milch-Tetra-Pak aufgedreht. Da steht sie also die offene Milch. Nicht lange. Durch ein Missgeschick kippt der 1-Liter-Karton und gluckert mit Geräusch vor sich hin. Bildet die Milch anfänglich auf dem Tisch noch einen See, ergießt sie sich bald wie ein Wasserfall ins Tal. Also aufs Parket und in die Ritzen. Panik! Alles rennt durcheinander. Das Küchenpapier ist ein toller Helfer in solchen Situationen. Leider waren nur noch ein paar Blatt Papier auf der Rolle.

19) Kleinkrieg im Sandkasten

Ein vorerst letzter Griff in die Erinnerungen, bevor wir das Feld der Jung-Familien wieder verlassen. Ein Spielplatz ist ein Platz zum Spielen. Das ergibt sich allein schon aus dem Namen. Spielen klingt nach Friede, Freude und Sandkuchen. Ich persönlich gehe da aber nicht so gern hin. Warum? Ja, weil es eben auch ein riesiger Konflikt-Herd ist. Eigentlich habe ich nichts gegen kleine Konflikte zwischen Kindern. Sie lernen dann mit so etwas umzugehen, auch wenn mal eine Träne fließt. Wenn sich der Konflikt aus der Interaktion der Kinder miteinander ergibt, sollen sie das auch irgendwie lösen. Meine Toleranz zur offenen Streitkultur zwischen den Kindern hört aber dann auf, wenn andere Eltern durch ihre antiautoritäre Erziehung oder ihren Egoismus diese Konflikte unter den Kids anzetteln. Spulen wir den Film wieder etwas zurück. Wir waren auf dem Spielplatz, meine Tochter turnt auf dem Klettergerüst herum, mein Sohn saß allein vergnügt im Sand und spielte mit seinem Buddelzeug. Er war voll in seinem Element, abgelenkt von all dem Trubel um ihn herum. Er war glücklich, mit sich allein. Eine Mutter betrat mit ihrem Sohn den Spielplatz und ihr Sohn klagte laut, dass sie gar kein Buddelzeug dabei hatten. Die Mutter begriff so langsam, dass sie ein Problem hatte und statt den Sohn in irgendeiner Form abzulenken oder zu ermutigen, etwas anderes zu unternehmen, sagte sie vorwurfsvoll. „Tja, Jonathan, das ist nun nicht meine Schuld. Dann hättest du dran denken müssen. Es ist ja nicht mein Buddel-Zeug“. Als der Wind diese Worte zu uns herüber trug, wackelte ich mit Kopf, wie ein Dackel auf der Hut-Ablage eines alten Audi A100. Die Lösung war für die Mutter ganz einfach. Sie rief über den ganzen Spielplatz: „Jonathan, dann geh‘ doch zu dem Jungen da, der hat ganz viel Buddelzeug dabei!“. Sie griff sich ihr Buch und begann zu lesen. „Cut! Stopp!“ rief der Regisseur mitten in den Film hinein. „Was soll das, wir wissen doch wie das ausgeht!“. Sie blätterte in ihrem Buch und vor meinen Augen entwickelt sich genau das, was der Regisseur vermutet hatte. Mein Sohn fühlte sich gestört und beraubt. Der Streit eskalierte. Ich schaute mir das ein paar Minuten an und griff dann ein. Jonathans Mutter las immer noch in ihrem Buch. Klar hätte ich nicht den Polizisten spielen müssen, die Jungs hätten sich auch etwas raufen und dabei ihre Hörner abstoßen können. Quasi als Einstieg auf die spätere Hackordnung. Aber musste denn das so sein? Warum hat Jonathans Mutter an ein Buch für sich gedacht, aber nicht an eine Schippe für ihren Sohn. Das könnte mir eigentlich egal sein, aber dass sie ihre Nachlässigkeit zu unseren Lasten austrägt, ist mies.

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18) Pädagogisches Frühstück

Und auch nach dem Einstand für meinen Sohn ging es munter weiter. In der Kita wurde einmal wöchentlich ein „pädagogisches Frühstück“ veranstaltet. Mein Sohn war zu der Zeit drei Jahre alt und konnte das kaum aussprechen, geschweige sich etwas darunter vorstellen. Jeden Mittwoch war ein anderes Elternhaus dran, für die Kitagruppe mit ca. 18 Kindern ein komplettes Frühstück auszurichten. Irgendwann waren auch wir an der Reihe. Ausgehend vom Appetit meiner Kinder hatte ich mir das sehr einfach vorgestellt. Ich würde einfach 18 Brötchen kaufen und ein Jumbo-Glas Nutella. Fertig. Das ließe sich schnell besorgen, würde mir nur wenig Arbeit und den Kindern eine Freude bereiten. Denkste. Es muss versteckt Eltern gegeben haben, die Einfluss auf die Ausgestaltung „unseres“ pädagogischen Frühstücks genommen haben. Und kurz darauf folgte dann die Liste der Lebensmittel, die doch bitte mitzubringen sein. Ein kurzer Auszug aus der umfangreichen Aufstellung: 18 Brötchen, 18 gekochte Eier, 3 Gläser Marmelade (zuckerfrei), 2 Packungen Wurst (laktosefrei), zwei Packungen Käse (laktosefrei), 18 Joghurts (laktosefrei), 2 Packungen Frischkäse natur (laktosefrei) usw. Ich war schon allein beim Anblick der Liste völlig überfordert. Teilte ich die Gesamte Menge durch 18 Erwachsene, war das mehr, als das was ich üblicherweise unter der Woche zum Frühstück aß. Nicht zu vergessen, dass es für die Kinder eigentlich das zweite Frühstück war, da ich annahm, dass die Eltern den Kids am frühen Morgen etwas zwischen die Kauleisten schieben. Bei uns jedenfalls war es so. Aber gut, es war „pädagogisch“ – das war natürlich etwas anderes. Also fuhren wir am Samstag in den großen Supermarkt und wollten auch gleich den Großteil der Lebensmittel für das Frühstück am Mittwoch einkaufen. Wenn es so außergewöhnliche Lebensmittel gibt, dann bestimmt dort. Konnte ja nicht so schwer sein. So stand ich dann vor den endlosen Wurst-, Käse und Quark-Regalen und die Packungen vollführten einen Tanz vor meinen Augen. Ich begann die mir vertrauten Produkte zu studieren und las die Miniaturschriften auf der Rückseite, um tödliche Laktose-Spuren zu finden. Es war mühsam und kostete Zeit. Mittlerweile hatte ich entdeckt, dass laktosefreie Produkte mit einem eigenen Label beworben wurden. Also orientiere ich mich an den Logos, um den Einkauf zügig fortzusetzen. Nur überall, wo diese Logos im Regal prangten, waren die Preise um 1/3 höher. Warum? Weil Milchzucker fehlt? Ist es wirklich so aufwändig laktosefreie Produkte zu produzieren, dass es einen deutlich höheren Preis rechtfertigt? Ich fand auch Produkte, die laktosefrei waren, aber nicht als solche ausgeschrieben sind. Soll ich jetzt alles Wurstsorten auf der Rückseite studieren? Eigentlich nicht, also packe ich wahllos ein, Hauptsache laktosefrei. Mit einem gefühlten Monats-Einkauf liefen wir zur Kasse und bekamen den Wert des pädagogischen Frühstücks umgehend auf dem 1 Meter langen Kassenbon bescheinigt. Der Einkauf war 40 EUR teurer als sonst und auch meine Uhr zeigt mir, dass wir eine halbe Stunde länger im Supermarkt verbracht hatten als sonst. Das Ende vom Lied war dann, dass wir am Mittwochnachmittag all die nicht verzehrten laktosefreien Joghurts und Frischkäse -Packungen mit nach Hause bekamen.

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17) Einstand in der Kita

Die folgende Geschichte, ist auch schon ein paar Jahre her, aber sie könnte sich genauso im „Hier und Jetzt“ abspielen. Vermutlich ist es heute noch dramatischer. Einstand in der Kita. Mhm, was macht man da zu essen? Recht einfach. Nichts Besonderes. Kuchen, Wiener, Brezeln und vielleicht etwas kleines zum Naschen. Das wollen alle Kids. Wir fragten die Erzieher, wie das denn in der Kita so gehandhabt wird. Sie antworteten, dass wir natürlich gern machen können, aber… . Da wären zunächst die „Laktose-Kinder“. Allein der Begriff, der Plural und Dominanz erschlug uns erst einmal. Es war anscheinend schon ein stehender Begriff. Bloß gut, dass es noch keine Verniedlichung dafür gab wie z.B. die Lakti’s oder die Vegani’s. Zudem durfte der Julius keinen Zucker essen und beim Tim untersuchte man das noch. Besser aber nichts riskieren. Die Eltern von Emma wollten, dass sie vegetarisch aufwächst und Paulas Eltern waren samt Kindern seit 4 Wochen Neu-Veganer. Letzteres ist zwar nicht kritisch, wir sollten es aber respektieren. Es folgten viele weitere Namen und Besonderheiten. Kein Schweinefleisch bei dem anderen Jungen, Süßigkeiten nicht gern gesehen bei den Eltern eines Mädchens, Lebensgefahr im Falle von Eiweiß bei den Zwillingen, Obst nur geschält, Obst nur in kleinen Stücken und so weiter und so weiter. Oh je! Wir wollten doch nur eine Runde schmeißen! Nun konnten wir nur noch Tüten mit Berliner Luft ausgeben, aber die ist auch nicht gerade die gesündeste. Ich habe vollstes Verständnis dafür, wenn sich ein Kind damit in Lebensgefahr begeben würde. Dann muss man wirklich vorsichtig sein. Ich habe auch mittleres Verständnis, wenn dem Kind nach dem Essen kotzübel wird. Auch ok. Wofür ich aber überhaupt kein Verständnis habe, ist, wenn Eltern ihren Ernährungstick grundlos ihren Kindern überstülpen und damit über die Kita indirekt in meine Küche tragen. Zu Hause könnt ihr machen, was ihr wollt. Es ist mir total egal, aber lasst meine Kinder damit in Ruhe. Wir versuchen, unseren Kindern halbwegs die Kulinarik zugänglich zu machen und ihr verkompliziert so etwas Schönes, wie das Essen. Wir haben uns dann für laktosefreie Reiswaffeln und zuckerfreies Wassereis entschieden, damit unser Einstand doch noch stattfinden konnte. Am nächsten Morgen sind alle Kinder wieder in der Kita erschienen, es ist keins gestorben. Ein Glück.

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16) Übereltern

Die ersten Beiträge dieser Rubrik drehten sich um ignorantes Verhalten gegenüber Familien. Soll aber keiner sagen, dass Familien nur die Leidtragenden sind. Familien können auch ein Quell von Verhalten sein, was andere auf die Palme bringt. Speziell wenn Eltern mit viel Freizeit, andere Eltern wiederum in Geiselhaft nehmen und beschäftigen. Sie packen auf die eh schon eingeplanten Beteiligungen der berufstätigen Eltern eben noch ein paar Engagements oben drauf. Ich rufe die MAZ, ein paar Videos aus dem Privat-Archiv dazu bitte:

Video: Ich hocke auf einem viel zu kleinen Stuhl in der Elternversammlung der Kita. Die Gespräche um mich herum drehen sich um Obst. Ich habe zehn Stunden gearbeitet und der Tag hallt noch nach. Termine, Offene Punkte Liste, Foliensatz, Statusbericht, und Datenanalyse. Und Obst? Unser Kind bekommt doch Obst in der persönlichen Büchse mit in die Kita! Warum reden wir jetzt über Obst? Ich habe nun wirklich andere Sorgen, als Obst! Es geht anscheinend darum, ob man nicht das ganze Obst in eine große Schüssel kippen könnte und sich die Kinder dann daraus bedienen. Das bringe Abwechslung und Interaktion untereinander in den Obst-Alltag. Ich finde das gut und bin sofort dafür, außerdem habe ich keine Lust über Obst zu sprechen, eigentlich möchte ich lieber bald nach Hause. Aber dann folgen ein paar Statements aus den Elternhäusern.

Wortmeldung 1: „Ja, aber wie ist es denn dann mit der Hygiene, wenn alle Kinder in dieselbe Schüssel greifen?“ Ich denke mir meinen Teil.

Wortmeldung 2: „Wie kann ich sicher sein, dass auch alle Eltern das Obst gründlich abwaschen?“ Auch dazu denke ich leise und mein Kopf neigt zum Schütteln.

Wortmeldung 3: „Ist denn sichergestellt, dass dann auch wirklich alle Eltern Bio-Obst mitbringen?“ Meine Augen beginnen zu rollen.

Wortmeldung 4: „Was passiert eigentlich mit den Obst-Überschüssen? Wäre ja schade, wenn die einfach im Müll landen würden.“ Ich nicke ausnahmsweise.

Wortmeldung 5: „Ich hätte da einen Vorschlag: Es könnte doch abwechselnd eine Familie Obst einkaufen und morgens in der Kita frisch zuschneiden“.

Nun denke ich nicht mehr leise. Es folgt ein klares Veto meinerseits. Wir bringen die Kids bereits um 07:15 zur Kita und werden bestimmt nicht um diese Uhrzeit für 18 Kinder Obst vor Ort in der Kita schnippeln und den vergammelten Salat am Abend wieder mit nach Hause nehmen. Niemals!
Das Obst-Thema ist abgeschlossen. Nächster Tagesordnungspunkt: „Kita-Gruppen-Fahrt“. Die Daten zur anstehenden Gruppenfahrt auf einen Bauernhof wurden bereits an alle Eltern per E-Mail versandt. Checklisten, Kontakt-Daten und der Ablauf vor Ort lagen bei. Was soll das? Es wurden doch alle wichtigen Dinge bereits verteilt, warum muss ich jetzt noch über eine Stunde über die Reise reden. Ich habe eigentlich gar keinen Bedarf. Andere schon.

Und schon folgten die besorgten Fragen der anderen Eltern, hier nur ein Auszug:
-ob denn z.B. das Wasser dort aus Flaschen oder aus der Leitung käme
-ob die Kinder dort nur duschen oder auch baden könnten
-ob auch wirklich täglich die Flaschen ausgewaschen werden.
…und ob man bitte die zwei kleinen Hunde, die es wohl auf dem Bauernhof geben würde, anleinen könne. Hunde auf einem Bauernhof? Das ist ja echt eine Zumutung!

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12) Wagenburgen

Eine weitere Form von Ignoranz, insbesondere im Berliner Prenzlauer Berg, sind Mütter die mit ihren riesigen Kinderwagen auf den Gehwegen unterwegs sind. Das allein ist natürlich nicht das Problem, denn wo sollen sie denn sonst fahren? Gerade Gehwege wurde ja eigens dafür geschaffen, dass sie von Menschen benutzt werden, warum nicht also auch von Kinderwagen und deren Besitzern. Und wenn sie dabei also einfach nur geradeaus gehen würden, hätte ich damit auch gar kein Problem. Ich könnte sie locker auf der linken Spur überholen. Schwierig wird das Ganze, wenn sich aber zwei Mütter auf einander zu laufend begegnen und sich dann auch noch kennen. Beide Mütter werfen unverzüglich einen Anker ins Berliner Pflaster hinter sich. Abrupt kommen Sie zum Stehen und beginnen ihre Begrüßungszeremonie. Leider stehen sie sich dabei nicht gegenüber, sondern bleiben auf ihrer jeweiligen Gehwegseite stehen. Der schmale gepflasterte Fußweg ist komplett in beide Richtungen blockiert und zur Talkshow befördert worden. Mein Lauffluss und andere Fußgängerströme kommen zum Erliegen. Das scheint den beiden Müttern aber herzlich egal zu sein. Schließlich haben sie sich seit gestern nicht mehr gesehen und haben viel austauschen. Andere Passanten scheinen sie dabei überhaupt nicht zu existieren. Statt sich an die Seite zu begeben, eröffnen sie das Geplapper. Manche Passanten schütteln nur den Kopf, andere äußern ihren Unmut laut. Ich habe eigentlich gar keine Zeit mich aufzuregen, sondern taxiere mögliche Wege, diesem Bollwerk auszuweichen. Am liebsten würde ich direkt durch ihr Gespräch marschieren und es somit auch etwas stören. Vielleicht würden sie durch diese Aktion etwas vom Gespräch abgelenkt und ihre Aufmerksamkeit fällt auf die vielen Cafés in der Straße, wo man gemütlich plaudern kann. Dort gibt es sogar ihr Lieblingsgetränk, Latte Macchiato. Leider ist der Platz zwischen den beiden Wagen zu schmal für meine Hüften. Ich kann also nicht mitten hindurch marschieren. Also bleibt nur der Weg außen herum. Auch wenn der Weg für mich sehr riskant ist, da die Seitenstreifen der Berliner Fußwege gerne als Latrine für die Hunde dient.  Das allein ist schon eine Episode wert. Mal sehen, vielleicht später.

9) Melkkuh Familie

Auch bei den privaten Unternehmen ist man ganz vorn dabei, wenn es darum geht, insbesondere Familien zu „melken“. Familien sind ideale Markteilnehmer. Viel Wahl haben sie eh nicht, Zeit schon gar nicht und es gibt viele Käufe an denen sie auch gar nicht vorbeikommen bzw. sogar kaufen müssen. Das ist besonders ignorant und besonders mies. Jemanden ohne sein Wissen auszunehmen ist ja das eine, jemanden aber offensichtlich übergebührend zur Kasse zu bitten, ist noch viel gemeiner. Das Thema Eintritte hatte ich oben schon thematisiert. Zwei Erwachsene in den Tierpark für 26 EUR, im Vergleich dazu eine 4-Kopf-Familie schon 39 EUR. Da wäre es günstiger, die Kids zu Hause vor die Glotze zu setzen und als Eltern für die 26 EUR nett ins Kino zu gehen, oder? Aber auch bei den Verbrauchs-Gütern kann man sich nur an den Kopf fassen. Ein Kindersitz fürs Auto für ca. 150 EUR aufwärts. Eine Pampers-Bick-Pack-Packung für günstige 45 EUR, ein Laufgitter gibt es ab 100 EUR aufwärts. Diese drei Dinge sind Investitionen, an denen keine Familie vorbeikommt. Die Kosten dafür lassen sich nur drücken, wenn man 2. oder 3. Hand kauft oder in der Qualität Abstriche macht. Oder man müsste wie im letzten Jahrtausend die vollgekackten Stoffwindeln sammeln und dann in einem großen Bottich auskochen. Soll mich aber keiner zu bekehren versuchen. Aber muss das wirklich alles sein? Stecken in den 150 EUR für den Kindersitz wirklich 150 EUR Ingenieursleistung oder entsprechender Material-Wert? Und warum gelten für Kinder-Produkte nicht die niedrigen Mehrwertsteuersätze, wie zum Beispiel für Rollstühle und Hörgeräte? Wieviel Marge ist in dem Preis für die Unternehmen enthalten? Zu welchen Selbstkosten wird das eigentlich hergestellt? Schauen wir auf die Konsum-Güter. Ein Lego-Bausatz „3in1“ gibt es für ca. 15-20 EUR. Das geht ja noch, wenn sich der Sohn dreimal damit beschäftigt und die Steine danach für weitere Bauten verwendet werden. Aber im direkten Vergleich dazu nehmen wir hier mal die „Lego Duplo Bau Basic Platte dunkel beige“, wohl gemerkt für die Kleinkinder, schlägt mit 15 EUR in die Kasse. Trotzdem ist es nur eine beige Plastik-Platte mit Noppen! Da steckt nicht viel mehr Material drin als in einem Stullenbrett. Aber Kinder wollen sie unbedingt haben, das ist der Unterschied.

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8) Anstehen oder Draufzahlen

Das Wetter war toll. Wir beschlossen, in den Berliner Tierpark zu gehen. Etwas frische Luft mit Bildung wird den Kids gefallen. Der Haken dabei? Nicht nur einer, sondern gleich zwei. Haken 1 waren die Preise. Ich addierte alle Eintritte zusammen und kam auf stolze 39 EUR. Ganz ohne Eis, Brezel oder Pommes. Haken 2 waren die vermutlich langen Warteschlangen vor den Kassen, die jedes Kind zum Nerven bringen. Also checkte ich vorher die Tierpark-Homepage, um beide Haken irgendwie kleiner werden zu lassen. Die erste gute Nachricht war, dass es auch Familientickets gab, für 35 EUR. Auch nicht gerade ein Schnäppchen, aber immerhin. Zweite gute Nachricht war, dass man Tickets online bestellen konnte. Was für ein Segen! Leider war es nach genauerem Hinschauen nicht so. Ja, man kann einzelne Karten online bestellen. Das geht ganz komfortabel. Zum Kauf von ermäßigten Gruppen-oder FaKarten, muss sich aber die komplette Gruppe vorstellen. Da dies aber online nicht geht, sind Familientickets halt online nicht zu haben. Problem gelöst. Willkommen im digitalen Zeitalter! Ähnliches erlebte ich auch beim Fernsehturm, wo die Schlangen viel länger sein können. Alle Eintritte zusammen betrugen 75 (!) EUR eine Art Familienkarte suchte ich dort vergebens. Also halt eher aufstehen und sich anstellen. Mit all den anderen müden Eltern und quengelnden Kindern. Oder halt einfach mehr zahlen. Wirklich schade. Ich kenne die Finanzierung solcher Einrichtungen nicht, könnte mir aber vorstellen, das auch Steuermittel verwendet werden. Wenn ich dann aber mit einer solchen Familien-Ignoranz konfrontiert bin, könnte ich in die Luft gehen. Aber ist das nur ein Problem bei öffentlich-rechtlichen Einrichtungen oder ist es in der Privatwirtschaft ähnlich? Schauen wir mal!

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7) Bürger-Service

Das Feld Politik und Kommune will ich bald wieder verlassen. Aber vorher möchte ich noch ein paar Aufregbarkeiten bearbeiten, wo Politik und Kommune ein paar Meter mehr auf Familien zugehen könnte. Mir geht es jetzt nicht um Geldleistungen oder materielle Förderung. Die Unterstützung von Familien kann auch ganz direkt funktionieren bei Dienstleistungen, die der Staat direkt in der Hand hat. Nehmen wir ein Beispiel: Will eine Familie ins Ausland reisen, benötigt sie in der Regel Reise-Pässe. Um diese zu beantragen, müssen alle Familienmitglieder zum Amt! Was ist das für ein Unsinn? Damit man die Fingerabdrücke der Kinder nehmen kann, um sie vorsorglich mit Terror-Akten abzugleichen? Und wenn man es ganz genau nehmen würde, müsste ich eigentlich 4 Wartemarken ziehen oder 4 separate Termine online vereinbaren, um alle Anliegen vorzubringen. Ich würde die Tür des Zimmers mit meinem Pass-Antrag verlassen und sofort wieder umdrehen, klopfen und den nächsten Antrag für eines meiner Kinder einreichen. Zusätzlich muss man die Kids gegebenenfalls tagsüber aus der Schule reißen oder nach der Schule zum Amt eilen, damit man bis 18:00 das Ganze abgeschlossen hat. Warum müssen bei solchen Formalitäten Kinder anwesend sein? Und wenn sie wirklich anwesend sein müssen, warum gibt es im Bürgeramt keinen bevorzugten Familien-Service sondern nur die üblichen Wartemarken? Wer je mit einem Kind im Wartesaal eines Amtes gewartet hat, weiß wovon ich spreche. Den Sachbearbeitern mache ich gar keinen Vorwurf, die finden meistens praktikable Lösungen. Mir geht es um die Sensibilität der Institutionen an sich und deren Ignoranz gegenüber Familien.

6) Nach grün kommt tot

Ein einschneidendes Erlebnis, ist schon länger her, passt aber wunderbar in die Schublade „Ignoranz“. An einem Sonntag unternahmen wir einen kurzen Spaziergang in den nahegelegenen Park. Dazu mussten wir, wie immer, eine 6-spurige Straße überqueren und die zwei Tram-Gleise in der Mitte. Das Vorhaben wird durch drei Ampeln geregelt – eigentlich überhaupt kein Problem. Wie warteten an der roten Fußgänger-Ampel und als nun endlich grün war, betrat meine Tochter ein paar Milli-Sekunden vor uns Eltern und Großeltern die Straße. Ich bestätige hier noch einmal, für uns war grün. In diesem Moment bretterte ein Auto über die Kreuzung. Es fehlten ungefähr noch 30 Zentimeter, dann hätten wir eine Anzeige in der Lokalzeitung schalten können. „Schulplatz unverhofft abzugeben, Kinderbett und Spielzeug gibt’s gratis dazu“. Rein rechtlich, hätten wir Eltern wahrscheinlich sogar noch unsere Aufsichtspflicht verletzt, weil wir den Übergang nicht abgesichert hatten. Tja, da kann man nichts machen. Lautes Veto! Politik und Verkehrslenkung kann mehr tun, als Verkehrsinseln und Tempo-30-Zonen zu bauen. Bei jedem Verkehrsvergehen gegen Kinder, sollte das Bußgeld verdreifacht werden. Das tut bestimmt weh und ich wette, dass ist effektiver. Diese Inseln bieten zwar Zuflucht, wenn die Kinder-Beine kürzer als der noch vor ihnen liegende Weg sind, es schützt aber kaum vor Voll-Idioten, die Gas und Bremse verwechseln und bei Dunkel-Rot über eine Kreuzung knallen. „Das kann doch mal passieren, es war ja vermutlich auch nicht mit Absicht des Auto-Fahrers geschehen, oder?“ Da habe ich so meine Zweifel! Warum ist er ohne anzuhalten einfach weitergefahren? Weil ja eben „nichts“ passiert war? Hätte er nicht anhalten können, um sich wenigsten mal zu entschuldigen? Hätte er denn gehalten, wenn meine Tochter nach einem dumpfen Knall durch die Luft geflogen wäre? Wäre das dann ein angemessener Grund, die eilige Fahrt zu unterbrechen? Nun, ja. Meine Tochter war zumindest zutiefst verunsichert, schließlich hatte sie alles richtig gemacht. Äußerlich war sie zwar nicht verletzt, aber das Ereignis wirkt nach. Traue nie einer Ampel.

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