373) Mangel im Überfluss

Je nachdem wann und wo man so aufgewachsen ist, wird man mal mehr oder weniger Mangel erfahren haben. Es fehlte einfach an ausreichend Dingen oder Dienstleistungen, ja, man mag es heute kaum glauben.

Da fragte man eher „Sagen Sie, haben sie vielleicht diesunddas?“. „Nee, ham‘ wa‘ nich‘“, war dann häufig die Antwort. Der Konsument musste sich also kümmern, organisieren oder kreativ werden, um das „Nötige“ zusammenzukriegen. Man verbrachte viel Zeit mit Anstehen, Tauschen, Ausleihen, aber eben doch auch mit Reparieren, Pflegen und Instandhalten von Möbeln, Geräten, Maschinen. Das dauerte halt seine Zeit.

Heute dagegen gibt es Waren im Überfluss, jeweils in tausenden Varianten. Wir fragen im Supermarkt nicht mehr „Sagen Sie, haben sie vielleicht diesunddas?“, nein, stattdessen fragen wir „Entschuldigung, wo steht denn diesunddas?“. Die Antwort: „Öhhm, gehen Sie mal gaaaanz zum Anfang zurück und probieren Sie es mal bei den Konserven. Wenn nicht, kann ich auch nicht helfen, bin neu hier“. Verstanden, danke.

Es mangelt in dem Sinne nicht mehr an Gütern, aber nun verbringen die Menschen eben aber noch mehr Zeit mit Suche, Recherche, Vergleich, Auswahl, Bestellung und Rückversand der Dinge, die ihnen nicht passen, die ihnen dann nicht gefallen und die sie eigentlich schon haben. 

Nun ist ihm Prinzip also alles zu kriegen und wider mangelt es an etwas … an Zeit. 

Und Erika und Max Mustermann kriegen zusätzlich noch eine Herzattacke, wenn es das Klopapier nur in „Eco“ gibt und nicht in „Super-Soft-10-lagig.

Da stimmt was nicht. Das kann nicht gut gehen.

Unser Ende wird nicht der Mangel sein, sondern der Überfluss.

372) Beim Bestellen verhungert

Neulich hatte ich diese Tapete Lieferdienstes im Briefkasten. Die passte da gar nicht rein, guckte weit aus dem Schlitz raus. Auf einem halben Quadratmeter schwarz bedrucktem Papier versprach man mir „Asiatische Momente“. Geliefert aus 5 KM Entfernung … aus Berlin Lichtenberg (?!).

Also ich bestelle ja durchaus mal was, aber dann hole ich das meistens selber ab, weil ich dann das Gefühl habe, Zeitpunkt und Temperatur im Griff zu haben. Auf keinen Fall würde ich Essen aus Lichtenberg bestellen, liefern oder abholen lassen. Nie und nimmer. Das sind hin und zurück locker 30-40 Minuten mit dem Auto.

Aber darum gehts heute nicht, mir gehts mal wieder um die schiere Menge an Optionen auf diesem Zettel.

Die kleinste Bestellnummer war natürlich die 1, die größte die 718. Es waren aber nicht alle Nummern vergeben, also habe ich die gezählt.

Ich kam auf ca. 413 bestellbare Dinge:

  • 55 Vegane Momente
  • 12 Suppen
  • 24 Finger Food und Salate
  • 120 Hauptspeisen
  • 150 Sushi-Kreationen
  • 35 Extras
  • 17 Getränke

Die Karte schloss ab mit dem Satz:

„Für dich war noch nichts dabei“
„Wir helfen dir die passende Alternative zu finden“

Tut mir Leid, aber das ist doch im höchsten Maße bescheuert. Wenn ich das alles gelesen und hier diskutiert habe, bin ich verhungert!

Und wieder einmal schließe ich einen Beitrag mit einem Zitat aus „Essentialism: The Disciplined Pursuit of Less“ von Greg McKeown

As Peter Drucker said, “In a few hundred years, when the history of our time will be written from a long-term perspective, it is likely that the most important event historians will see is not technology, not the Internet, not e-commerce. It is an unprecedented change in the human condition. For the first time – literally – substantial and rapidly growing numbers of people have choices. For the first time, they will have to manage themselves. And society is totally unprepared for it.

Andere Beiträge zum Thema:

293) Brauch‘ ick nich‘ – Vol 2

Bei der aktuellen Nachrichtenlage suchte ich nach Ablenkung und blätterte durch den Prämienkatalog der Sternenallianz. Und da seit dem ersten Beitrag von >Brauch‘ ick nich‘ schon wieder 2 Jahre vergangen sind, kann ich das Thema durchaus mal wieder ansprechen. Es ist ja aktueller denn je. Also los gehts.

Taucht ein mit mir in eine Welt voller Dinge, die eigentlich kein Mensch braucht:

Seite 3: Fitnessgeräte für die Wohnung. Ein „Technogym Elliptical Cross Trainer“. Digga, von dem Budget kann ich mir 23 Paar neue Laufschuhe kaufen, wäre also die nächsten 10 Jahre bestens ausgestattet.
966.000 Meilen/3.450 EUR

Seite 13: Noch mehr Fitnessgeräte für die Wohnung. Ein Rudergerät aus Holz mit „Wasserwiderstand“, Also wenn man schon gegen Wasser anrudert … könnte man natürlich auch … erwägen … auf einem See … na ja egal. Keine Zeit.
406.000 Meilen/1.449 EUR

Seite 20: Ein „Massage Gun Compact Triggerpunkt-Massagegerät“, das sieht aus wie ein kleiner Fön, den hält man sich an den Bizeps und dann …  Bäng … sieht man aus wie Arni.
28.000 Meilen/99 EUR

Seite 29: Ein Kugelschreiber der „Elvis Presley Special Edition“. Jetzt mal angenommen, man hätte den 2 Jahre, weil man ihn dann eh irgendwann verliert, dann hätte man jeden Tag exakt 1 EUR ausgeben, nur um etwas aufzuschreiben. Hast ‘de mal nen Euro?
198.000 Meilen/730 EUR

Seite 56: Ein Koffer im Retro-Riffelblech-Design. Der sieht nach 2-3 Flügen eh aus wie eine zerbeulte Bierbüchse.
305.000 M/1.140 EUR

Seite 67: Ein Gasgrill mit „Snap-Jet-Zünder, Sear Zone, Seitenkocher, Infrarotbrenner und elektrischem Drehspieß“. Also bei „Sear Zone“ musste ich erst einmal den Übersetzungsdienst bemühen. Wie konnte ich die letzten 25 Jahre Steaks und Würstchen (… und natürlich Gemüse … ja ja…) nur mit „Glut“ grillen. Hat es denn nie geschmeckt? Nicht mal ein bisschen?
770.000 Meilen/2.799 EUR

Seite 68: Ein „Multi-Brennstoff-Pizzaofen“, den man sich in den Garten stellen kann. Es lassen sich „authentische Pizzen in nur 60 Sekunden“ backen und es sei ein „einzigartiges Kocherlebnis“. What? Jede Minute eine Pizza backen? Das ist kein Erlebnis, das ist purer Stress!
219.000 Meilen/799 EUR

Seite 77: Eine Sitzbank in Tropfenform, nennt sich „San Francisco Twin“. Jep, na dann tropft mal schön vor euch hin.
550.000 Meilen/1.999 EUR

Seite 110: Ein Plattenspieler mit „kernlosem Direktantriebsmotor für stabile Rotation“. Für umgerechnet ca. 1.700 DM. Also da hätte man durchaus einige Amiga-Platten für bekommen
266.000 Meilen/899 EUR

Seite 127: Eine „GPS Multisport Smartwatch mit Solar-Ladelinse“ aus Titan und mit 65 Apps. Damit sieht man dann aus wie ein Navy SEAL-Elite-Kämpfer … zumindest am Handgelenk.
295.000 Meilen/999 EUR

Fazit: Ich war ja vor Corona auch oft in den Wolken unterwegs, aber rückblickend bin ich echt froh, nie so viele Meilen angesammelt zu haben … denn dann wäre ich nie zu Hause gewesen, und letztlich doch ´ne ziemlich arme Sau.

<— 74) Brauch‘ ick nich‘

—> 306) Brauch‘ ick‘ nich‘ – Vol 3

<— Mehr aus unserer verrückten Welt

74) Brauch‘ ick nich‘

Der Einzelhandel hat ordentlich zu kämpfen, wenn er gegen den Online-Handel bestehen will. Also denken sich die Shopping-Center immer mehr Kleinst-Attraktionen aus, um die Menschen in die Konsum-Tempel zu locken. Krippen-Spiel zu Weihnachten, echte Hasen zu Ostern und diverses Mode-Schauen zwischendurch.

Aber auch auf den Gängen zwischen den Shops findet man zunehmend kleine Stände die „Zum Verweilen einladen“ oder „Vom zielstrebigen Einkauf abhalten“. Je nachdem wie man so dazu steht.

  • An einem Stand kann man sich die Finger-Nägel aufwändig bemalen lassen. Wüsste gar nicht, was ich da draufmalen lassen sollte.
  • Ein paar Meter weiter werden Super-Curls in die Haare gedreht. Habe zwar noch genug Haare, aber für Curls reicht’s nun wirklich nicht.
  • Am nächsten Beauty-Booth gibt‘s die nötigen Extensions. Da würde ich dann zunächst wie Winnetou aussehen, bevor ich dann wieder zum Locken-Shop zurück gehe und mir Locken machen lasse, bis ich dann aussehe wie Costa Cordalis (R.i.P.)
  • Weiter vorn kann man sich die Iris scannen lassen und dann auf ein Poster drucken. Niemals lasse ich ohne Androhung von Gewalt meine Iris durchleuchten! Danach habe ich dann keine Iris mehr oder jemand anders hat sie dann.
  • Auf einer anderen Etage kann man sein Ebenbild in Klein erschaffen. Mit einem 3D-Drucker. Damit man nicht so klein wird wie ein Schlumpf oder so kräftig wie der Obelix wird, kann man mit ein paar Maus-Klicks seinen BMI optimieren, bevor es ans Gedruckte geht.
  • Den neuesten Kick, zumindest für mich, gab es wenige Minuten später. Eine junge Dame tauchte dort Snacks in flüssigen Stickstoff. Von dieser „Komposition“ kann man dann eine Schale kaufen und nach jedem Bissen aus dem Maul qualmen wie ein Drache. Oder einen Notarzt rufen, weil die halbe Zunge weggefroren ist oder die Fressluke nun hoch bis zu den Ohren reicht. Toll gemacht.

Also früher, da hieß es im Laden ja häufig „Ham‘ wa‘ nich“. Heute sag ich eher „Brauch‘ ick‘ nich“.

—> 293) Brauch‘ ick nich‘ – Vol 2

<— Mehr aus unserer verrückten Welt

43) Wer braucht das alles?

Als man mir zum ersten Mal die Grundzüge unserer Wirtschaftsordnung verklickerte, sprach man viel von „Angebot und Nachfrage“.

Irgendwie hatte ich das für mich so abgespeichert, dass es eine Nachfrage gibt und daraufhin ein Angebot entsteht. Irgendwie logisch. Menschen würden sich irgendetwas wünschen, ein Bedürfnis haben, irgendeinen Mangel beklagen und irgendwer baut das Ding genau in der Menge wie es verlangt wird. Vielleicht noch etwas mehr. Etwas Reserve, etwas Auswahl an Farben und Design. Alle happy. Heute weiß ich, dass das naiv war. Nicht umsonst steht das Wort „Angebot“ vor dem Wort „Nachfrage“. Und die Effekte daraus, kann man überall sehen.

Es werden täglich Angebote auf den Markt geschmissen, bei denen niemand ahnte, jemals eine Nachfrage danach entwickeln zu können. Selbst beim besten Willen nicht. All das Zeug wird erdacht, finanziert, entwickelt, gebaut, getestet, verpackt, gelagert, transportiert, verschifft, wieder transportiert und in die Regale der Welt gestellt. Klassisches Regal oder Online-Regal. Wurscht. Da liegt das Zeug dann herum. Wenn das keiner haben will, wird es zusätzlich beworben, zwei Teile zum Preis von einem verhökert oder der ganze Krempel über Rabattaktionen in die Haushalte geschleppt. Das ändert aber nichts daran, dass man vieles von dem gar nicht haben wollte. Nicht mal für den halben Preis. Nicht mal als Geschenk. Was soll ich damit?

Und all das, was zum Saisonende nicht unters Volk gebracht wurde, wird verbrannt, zerbröselt oder auf einer Halde verkippt. Am besten im Ausland. Weit weg. Großartig. So viel zu den Fragezeichen aus der Ökonomie. Aber das interessiert kaum jemanden. Da hängt ja Wachstum und Arbeit dran. Was soll man sonst machen?

Vielleicht bringt die Ökologie noch einmal Druck in die Diskussion. Wie viel Energie wird investiert, um so viel Billo-Plastik-Dämlich-Dreck-Schrott-Stehtnurrum-Brauchkeinmensch-Mist-Zeug herzustellen, um all das zu transportieren, was niemals in meine Wohnung kommt und um es dann letztlich wieder zu entsorgen?

Nun, bin ich kein Wirtschaftsphilosoph mit beachtlichem Vollbart. Aber ich wage mir anzumaßen, zu glauben, dass da etwas nicht stimmt.

42) Jeans-Kauf

Unser Ende wird nicht der Mangel sein, sondern Überangebot, Vielfalt und Auswahl!

Eigentlich würde ich mir gern mal wieder eine neue Jeans kaufen.
„Blau, gerader Schnitt, Größe 31/34.“ Eigentlich ganz einfach.

Aber schon bei dem Gedanken daran, wird mir schlecht.

Hier die Schilderung meines Einkaufs, noch bevor ich ihn erlebt habe:

  • Um dem Einzelhandel eine Chance zu geben, werde ich in ein Shopping-Center fahren. Es wird ein großes Center sein, um die Wahrscheinlichkeit auf einen Jeans-Kauf zu erhöhen und  es nicht noch einmal versuchen zu müssen.
  • In der Dreh-Tür zum Center werde ich mit mir hadern, ob ich mich nicht gleich wieder von der Tür „herausdrehen“ lassen sollte. Quasi den Schwung mitnehmen und bloß weg von dort. Aber nein. Ich habe mir das vorgenommen, also werde ich das auch durchziehen wollen.
  • Ich werde die ersten Geschäfte ablaufen und dann den zweiten oder dritten Jeans-Shop betreten. Kaum den Laden betreten, werde ich stehenbleiben, in Ehrfurcht die meterhoch gestapelten Jeans betrachten und fühlen, wie die Schwerkraft an meinen Mund-Winkeln zieht
  • Dann wird ein Typ auf mich zukommen. „Kann ich dir helfen?“ Oh ja, bestimmt. Ich werde so etwas sagen wie: „Ich brauch´ne Jeans, blau, gerade, 31/34.“ Aufgrund der beeindruckenden Jeans-Stapel wird der Verkäufer zuversichtlich sein, ich aber ahne aber bereits schlimmes.
  • Er wird mich durch den Laden ziehen und mir Schnitte vorschlagen: Skinny, Slim-Fit, Tapered, Karotte, Boot-Cut, Comfort. „Nee, gerade bitte“, werde ich wiederholen.
  • Wir werden die Styles besprechen: Zerschossen, Aleppo, verätzt, stone washed, zerschlissen, befleckt, genietet, getackert, kleine Löcher, riesige Löcher, Knie frei, Arsch frei, Hochwasser, Stretch. „Nee, eigentlich nur Blau“, werde ich sagen.
  • Dann wird er mich noch einmal nach meiner Größe fragen und dann ins trudeln kommen. „Tja, eine 32/34 hätten wir da noch und eine 34/34 habe ich doch heute irgendwo noch gesehen“. „Nee, 31/34, bitte“, werde ich noch einmal fordern.

„Mhm. Ja, da kann ich ihnen leider nicht helfen“.

Grmpff.

 

As Peter Drucker said, “In a few hundred years, when the history of our time will be written from a long-term perspective, it is likely that the most important event historians will see is not technology, not the Internet, not e-commerce. It is an unprecedented change in the human condition. For the first time – literally – substantial and rapidly growing numbers of people have choices. For the first time, they will have to manage themselves. And society is totally unprepared for it.

― Greg McKeown, Essentialism: The Disciplined Pursuit of Less

 

Frühere Beiträge rund um den Einzelhandel:

 

4) Medien-Qual

Das Problem der Zukunft wird nicht der Mangel sein, sondern die Auswahl. So ähnlich hat es Greg McKeown erst kürzlich wieder in mein Ohr geflüstert. Recht hat er. Nur glaube ich, dass wir da bereits angekommen sind. Es ist Samstag, kurz vor 21:00 Uhr, prime time also. Unsere Kids überlassen uns überraschenderweise den Fernseher im Wohnzimmer. Was‘n nu‘ los? Heißt das echt, wir können den restlichen Abend über das Programm bestimmen? „Ja, könnt ihr“, sprach es im Chor und schloss die Tür. Der spontane Zugewinn an Freiheit überfordert uns etwas, aber warum nicht? Der Abend ist noch jung, vielleicht können wir noch irgendwo einsteigen. Ich habe aber keine Lust auf planloses Zappen, also öffne ich meine TV-App, die mir die Sendungen meiner  Sender-Favoriten auflistet. Nichts dabei. Gut dann greife ich halt in den nächsten Topf, übernehme die Fernbedienung und schalte auf den Electronic Program Guide des HD-Receivers. Es erscheint eine Liste von angeblich 977 Sendern(!) Ich weiß aber, dass der Großteil gar nicht freigeschaltet ist. Warum wird das dann in der Liste angeboten? Und warum gibt es die dritten Programme jeweils dreimal oder viermal? Und warum kommen die Shopping-Kanäle so weit vorn? Und warum kriege ich fremdsprachige Sender, deren Sprachen ich nicht mal ansatzweise verstehe. Warum kann ich bei diesem dämlichen Receiver nicht einfach 80% der Sender löschen!!! Dann blieben ja immer noch stattliche 200 zur Auswahl. Auf den ersten Seiten der Sender-Liste erscheint nur Grütze. In einer Game-Show spielt Klein gegen Groß, ein Schlagersänger feiert mit Weggefährten seinen 76. Geburtstag und Johnny Depp kämpft mal wieder gegen Zombies. Ach nö! Ja, das Fernsehen hat ausgedient. Ich wechsele in den iTunes Store, mal schauen was es da so gibt. Die 63 Filme in der Kategorie „Neu und beachtenswert“ sagen mir nicht zu. Ein Mega-Hai frisst Menschen in 4K HDR und Mädels singen zum zweiten Mal ABBA-Lieder. Die 51 Filme der Kategorie „Neue Filme zum Leihen“ decken sich zur Hälfte mit „Neu und beachtenswert“. Natürlich kann ich nach den Film-Titeln suchen, aber nach welchen? Woher soll ich denn wissen, was ich jetzt schauen will und wie das dann noch heißt? Wir versuchen uns die Namen der jüngeren Kino-Filme ins Gedächtnis zu rufen. Ohne Erfolg. Dann suche ich nach Namen von Schauspielern, die ich eigentlich ganz gern mag. Ein paar Filme erscheinen zu Auswahl, allerdings laufen alle deutlich über 2 Stunden. Puhhh. Ganz schön gewagt, da es mittlerweile schon 21:15 Uhr ist. Wir wechseln zu Netflix und danach zu Prime. Überall das gleiche Drama. Tonnenweise bunter Bildchen, Filmbeschreibungen und Trailer. Nun ist es gleich 21:30 Uhr. Jetzt lohnt erst recht kein Film mehr. Aber vielleicht ein kurzer Reisebericht? Gute Idee. Malaysia beschäftigt uns gerade so ein bisschen. Wir wechseln zu YouTube und ich tippe „Malaysia Reise Doku“ ein. Als Ergebnis kriege ich unzählige private Video-Schnipsel. Ich will eine Doku, die mir einen Überblick über das Land verschafft (!) und keine verwackelten Handy-Filmchen von Leuten die ich nicht kenne. Ich überschreibe das Wort „Doku“ mit dem Wort „Reportage“ und schreibe noch ARTE und PHOENIX dahinter in das Suchfeld, damit es seriöser wird und was kriege ich? Die gleiche Sauce wie vorher. Dem Video mit den meisten Klicks gebe ich dann doch noch eine Chance. Aber wie schon vermutet, warten nur wackelige Aufnahmen und bunte Schriften, die aus allen Richtungen ins Bild einfliegen. Dann ertönt eine Off-Stimme, die in herzhaftem schwäbisch über Malaysia referiert. Gruselig. Also versuchen wir es bei den Media-Theken der öffentlich rechtlichen Sender. Aber auch dort gibt‘s keinen Überblick über die Reise-Ziele in Malaysia. Mittlerweile gehen wir auf 21:45 Uhr zu. Damit überhaupt noch etwas Grünes über den Bildschirm läuft, weichen wir auf Sri-Lanka aus, das ist aber auch bald ermüdend, weil die nur über eine uralte Eisenbahn sprechen. 

Kann das denn sein? Wir bezahlen Rundfunk-Gebühr, DSL-Anschluss, Kabel, HD-Paket, Netflix-Abo, Prime-Abo und weiß der Geier was und finden am Samstagabend nichts inspirierendes in der Glotze?

Ich warte jetzt auf die Nachrichten und dann gehe ich ins Bett!

Vielleicht sollten wir den ganzen Mist einfach kündigen und uns einer Informations-Diät unterziehen? Wo war noch mal gleich der Zettel mit den Vorsätzen fürs neue Jahr?

Frühere Beiträge zu Medien in verschiedenen Formaten: